„Ich bin überzeugt, dass die EU gestärkt aus dem Brexit hervorgehen wird“, meinte der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel am Donnerstag bei einer Rede in der Philharmonie. Er nahm auf dem Kirchberg den Ehrendoktortitel der Privatuniversität „Sacred Heart“ entgegen und nutzte die Gelegenheit, um über die Europäische Union und ihre Zukunft zu reden. Die Titelüberreichung erklärt auch die skurrile Kleidung bei seiner Rede: Es handelt sich um den Umhang der «Sacred Heart».
Es sei sein erster Titel, erklärte Bettel am Donnerstag bei der Überreichung.
„Wir sind immer noch geeint in Europa“, so Bettel. Das Vertrauen in die Union sei nie größer gewesen. Er wollte das Brexit-Lager natürlich nicht unerwähnt lassen und sprach in einem ironischen Ton über die „Missverständnisse“, die während der Kampagne entstanden.
Weder «weich» noch «hart»
Tatsächlich hatte das „Leave“- Lager vor dem Referendum mit dem Versprechen geworben, die 350 Millionen Pfund, die in die EU fließen, würden künftig in die britische Gesundheitskasse investiert werden. Nur wenige Stunden nach dem Verkünden des Resultats hatte Nigel Farage, der damalige Leader der rechtspopulistischen UKIP und einer der Frontmänner des Brexit, das Versprechen zurückgezogen.
Nächste Woche beginnen die Austrittsverhandlungen mit Großbritannien und Bettel stellte noch einmal klar, dass er weder für einen „weichen“ noch für einen „harten“ Brexit sei. Die Verhandlungspartner müssten sich auf Augenhöhe begegnen, doch den Briten solle klar sein: „Wer ein Teil der Familie ist, hat Anrecht auf das ganze Paket. Wer nur ein Freund ist, muss verhandeln“.
Gemeinsame Verteidigung
Dem luxemburgischen Premierminister ist klar, dass der Brexit nicht der einzige Krisenherd der Union ist. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte vor ein paar Monaten angekündigt, dass er nicht prinzipiell gegen ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten sei. Bettel pflichtete ihm am Donnerstag bei: „Ich habe lieber ein Europa der zwei Geschwindigkeiten als ein Europa ohne Geschwindigkeit.“
Auch der gemeinsame europäische Verteidigung-Fonds, der vor nur einer Woche offiziell angekündigt wurde, kam in Bettels Rede zur Sprache. Wenn auch nicht direkt. Der luxemburgische Premierminister unterstrich, dass „die Europäische Union ihre Bürger verteidigen muss, ohne sich zu viel auf andere zu verlassen“. Weiter sei er überzeugt, dass die EU mehr Kooperation in Verteidigungsfragen brauche.
«Im Interesse der Vereinigten Staaten»
Die EU hatte vor einer Woche einen Verteidigungs-Fonds angekündigt, in den ab 2021 jährlich 5,5 Milliarden Euro fließen sollen. Die Entscheidung der Kommission fiel kurz nach dem NATO-Gipfel in Brüssel, bei dem Donald Trump die Bündnispartner kritisiert hatte, weil sie nicht genug zahlen würden. Tatsächlich sah eine von der NATO festgelegte Richtlinie vor, dass die Länder zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung investieren sollten. Der Vorsatz ist allerdings nicht rechtlich bindend.
Trotz ein paar Seitenhieben in Richtung Trump – Bettel kritisierte unter anderem den Auftritt des amerikanischen Präsidenten auf dem NATO-Gipfel in Brüssel und bedauerte seine Entscheidung, aus dem Pariser Klima-Abkommen auszutreten – nannte der luxemburgische Premier die Vereinigten Staaten „den wichtigsten Verbündeten der EU in der Außenpolitik“.
„Die Union zur erneuern, wird sicherlich schwerer ohne die Unterstützung der Vereinigten Staaten“, meinte Bettel. Es sei aber im Interesse der USA, dass die EU stark sei und mit einer Stimme rede. „Ein Neustart der EU ist auch von großem Interessen für die Vereinigten Staaten“, so der Premier abschließend.
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