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SerbienSchlagerbarde klagt über die TV-Dauerpräsenz von Präsident Vucic

Serbien / Schlagerbarde klagt über die TV-Dauerpräsenz von Präsident Vucic
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic gebraucht die nationalen Fernsehsender als präsidiale Verlautbarungsorgane  Foto: AFP/Andrej Isakovic

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Nicht nur Serbiens Opposition, sondern auch der Volksmusik macht die mediale Dauerpräsenz des allgewaltigen Staatschef Aleksandar Vucic zu schaffen. Auf die Klage eines genervten Schlagerbarden über die präsidialen Endlosmonologe auf den nationalen TV-Schirmen reagiert der dünnhäutige Würdenträger gereizt.

Andere Länder, dieselben Sängersitten: Auch auf dem Balkan sind für in Festzelten und auf Jahrmärkten auftretende Volksmusiker die kargen TV-Gastspiele die Höhepunkte ihrer Karrieren. Was der TV-Dauerbrenner „Wenn die Musik spielt“ in deutschsprachigen Breiten ist die Volksmusik-Show „Sarenica“ in Serbien: Noch mehr als das treue Publikum fiebern die geladenen Goldkehlen ihrem Auftritt bei dem an wechselnden Standorten gedrehten, stets am Wochenende ausgestrahlten Vormittagsprogramm entgegen.

Als Gaststar der jüngsten Sarenica-Sendung im Kurbad der südserbischen Provinzstadt Kursumlija hatte sich der Sänger Milan Topalovic alias „Topalko“ eigens in sein rotes Konzertjacket gezwängt. Hernach konnte der Mann mit der vollen Stimme seine mehrmaligen Auftritte in dem zweistündigen Programm zwar auf YouTube bestaunen. Doch am Samstag wurde dessen Ausstrahlung schon zur Hälfte für eine in Serbien vertraute Sondersendung unterbrochen: Mit einer erneuten „Erklärung an die Nation“ verdrängte der allgewaltige Staatschef Aleksandar Vucic den Barden kurzerhand aus dem Programm.

Die ebenso düsteren wie vertrauten Warnungen von Serbiens russophilen Vormann vor den Erpressungsversuchen des Westens, der das Land zur Übernahme der Russlandsanktionen und zur Anerkennung Kosovos zwingen wolle, vermochten den entrüsteten Sänger kaum zu beeindrucken. Für etwas, was er bereits millionenfach verkündet habe, habe ihm der „24 Stunden an sieben Tagen pro Woche auf allen TV-Kanälen“ präsente Landesvater die Sendung unterbrochen, schäumte Topalko hernach ungehalten auf Instagram. Vucic wäre besser beraten, sich einen eigenen TV-Kanal einzurichten: „Dort könnte ihn dann jeder schauen, der ihn noch sehen mag – und will.“

„Mich widert das an“

Angesäuert reagiert Serbiens dünnhäutiger Dominator auf die Sängerkritik an seiner medialen Dauerpräsenz. Jeder, der „aus den Wäldern“ komme und „etwas Hässliches“ über Vucic sage, werde wie Topalko „zum Wissenschaftler und Genie“ erklärt, mokiert sich der Landesvater über den aufmüpfigen Barden. „Topalko glaubt, dass er wichtiger als der Präsident ist!“, empört sich das regierungsnahe Boulevardblatt Alo!. Der Volksmusiker sei zum „Staatsfeind Nr.1“ geworden, titelt das Webportal des unabhängigen TV-Kanals „N1“.

Auf weitere Auftritte im öffentlich-rechtlichen RTS kann der in die Schlagzeilen katapultierte Volksmusiker kaum mehr hoffen. Doch seinen Mund will sich der streitbare Sänger dennoch nicht verbieten lassen. Obwohl Serbien bereits seit Jahren „im Rückwärtsgang“ fahre, wolle der Präsident jedes Programm zu einer Reality-Show machen, wirft Topalko dem ranghöchsten Selbstvermarkter des Landes vor. Vucic sollte seine Landsleute mit seinen täglichen PR-Auftritten nicht länger malträtieren, so sein Ratschlag: „Mich widert das an.“