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BrüsselNeues EU-Recht auf der Zielgeraden – mehr Medienfreiheit durch EU-Aufsicht?

Brüssel / Neues EU-Recht auf der Zielgeraden – mehr Medienfreiheit durch EU-Aufsicht?
Mit dem Entwurf eines Medienfreiheitsgesetzes will die EU vor allem den Entwicklungen in Polen und Ungarn entgegenwirken – Kritik kommt aber nicht nur von rechten Politikern wie Viktor Orbán Foto: AFP/Peter Kohalmi

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Die Medienfreiheit ist auch innerhalb der EU in einzelnen Ländern massiv unter Druck geraten. Dem will Brüssel nun gegensteuern – obwohl die Zuständigkeit bei den Nationalstaaten liegt. Es gibt massive Bedenken: Den einen geht das zu weit, den anderen nicht weit genug.

Es ist kein Geheimnis, dass die EU mit dem seit Herbst letzten Jahres diskutierten Entwurf eines Medienfreiheitsgesetzes vor allem den Entwicklungen in Polen und Ungarn entgegenwirken will. Ohne freie Medien keine funktionierende Demokratie, lautet der zentrale Ausgangspunkt. Die Positionierung des Europa-Parlaments zu dem neuen Gesetz ist nun auf der Zielgeraden. Die Chefin des federführenden Kulturausschusses, Sabine Verheyen (CDU), sieht in dem an diesem Donnerstag zur Abstimmung stehenden Kompromisspapier einen Text, der „effektiv ist und Biss hat“. Nach Ansicht der EU-Innenexperten jedoch fehlen dem Gesetz noch die Zähne.

Der mitberatende Innenausschuss des Parlaments entschied sich nämlich für einen Änderungsvorschlag. Er will bei permanenten Verstößen gegen die Vorgaben der neuen EU-Gesetzgebung der Kommission die Möglichkeit des direkten Einschreitens geben. Missachtet also ein Land wie Ungarn die Staatsferne der Medien, lässt es zu, dass der Besitz auf wenige Eigentümer konzentriert wird und achtet es auch nicht die innere Pressefreiheit in den Redaktionen, soll die EU-Kommission direkt einschreiten können.

Die EU muss die Möglichkeit bekommen, das Medienmonopol von Viktor Orbán zu zerschlagen

Daniel Freund, grüner Europaabgeordneter

„Viktor Orbán hat die Medienfreiheit in Ungarn systematisch attackiert und die Kontrolle über weite Teile der Medienlandschaft übernommen“, sagt Daniel Freund, Innenexperte der Grünen. Es gebe außerhalb von Budapest de facto keine Zeitung, kein Radio, keinen Fernsehsender, die nicht die Regierungspropaganda sendeten. Der Entwurf, den der Kulturausschuss ausgearbeitet habe, werde daran nichts ändern. Deshalb wolle eine Mehrheit im Innenausschuss eine Verschärfung. „Wenn innerhalb eines EU-Mitgliedstaats Medienvielfalt und Journalisten nicht mehr geschützt sind, dann muss die EU eingreifen“, fordert Freund. Niemand könne erwarten, dass jemand wie Orbán seine Kontrolle freiwillig aufgebe. „Deshalb muss die EU die Möglichkeit bekommen, das Medienmonopol von Viktor Orbán zu zerschlagen“, unterstreicht der Grünen-Europaabgeordnete.

Die Kulturausschussvorsitzende verkennt die brisante Lage in Ungarn nicht. Was sie bei einer Informationsreise in Ungarn erfahren habe, „hat mir wirklich wehgetan“, betont Verheyen. Dennoch habe ihr sowohl der juristische Dienst als auch die Kommission dringend geraten, die Finger davon zu lassen. Die Europäischen Verträge hätten die Zuständigkeit für die Medienregulierung bei den Mitgliedsländern belassen. Folge das Parlament bei seiner Schlussabstimmung Anfang Oktober den Empfehlungen des Innenausschusses, laufe die EU Gefahr, überhaupt kein funktionierendes Gesetz zu bekommen. Dann würden Länder wie Polen und Ungarn erst einmal dagegen klagen und vermutlich sogar recht bekommen, da die Kommission nämlich ihre Kompetenzen überschreite.

Nach Verheyens Verständnis eröffnet das neue Gesetz gleichwohl ein Einschreiten. Erstmals lege es nämlich fest, welche Grundsätze für die Medienfreiheit europaweit gelten müssen. Dass etwa die Verleger zwar eine generelle Linie ihres Mediums festlegen und ihre Mitarbeiter aussuchen können. Dass sie dann aber entweder den einzelnen Redakteuren oder den redaktionellen Verantwortlichen bei der täglichen Arbeit freie Hand lassen müssen. Personen mit herausragenden öffentlichen Ämtern oder Organisationen mit einem Geschäftszweck außerhalb der Verbreitung von Informationen dürften keine Medien besitzen. Auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird die Staatsferne festgeschrieben, indem etwa, wie jetzt schon gegeben, die Auswahl für die Aufsichtsgremien nicht mehrheitlich von der Politik, sondern von der Gesellschaft zu steuern sei.

Massive Bedenken bei Medienvertretern

Installiert wird nach dem neuen Gesetz ein neues Europäisches Gremium für Mediendienste, ein sogenanntes Board, in das die nationalen Medienaufsichtsbehörden Vertreter entsenden, aus Deutschland etwa einen Vertreter für die 16 Landesmedienanstalten. Dieses Board beobachtet die Einhaltung der EU-Medienrichtlinie und kann bei Verstößen eine Position erarbeiten. Auch die Kommission kann die Entwicklung der Medienkonzentration und Medienfreiheit in den einzelnen Ländern beobachten – und hat mit dem Medienfreiheitsgesetz nach Einschätzung von Verheyen dann jederzeit die Möglichkeit, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Land einzuleiten, das die Medienfreiheit nicht sicherstellt. 

Auf der anderen Seite haben mehr als 400 europäische Verlage, Zeitungen, Zeitschriften und Verbände in einem offenen Brief an die EU-Gesetzgeber massive Bedenken angemeldet. Mehrere Bestimmungen missachteten „bewährte nationale Rahmenbedingungen und verfassungsrechtlich geschützte Verfahrensweisen“. Es stelle vielmehr eine Bedrohung der Medienfreiheit dar, wenn die unabhängige Presse einem europäischen Board unterstellt werde.

luxmann5656
7. September 2023 - 22.38

Die EU ,welche sender verbietet die ihrem narrativ widersprechen, soll mehr medienfreiheit bringen.
Soll man darueber lachen oder weinen?