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ÖsterreichRechts, rechter, Kickl … FPÖ driftet immer mehr in den Extremismus ab

Österreich / Rechts, rechter, Kickl … FPÖ driftet immer mehr in den Extremismus ab
Sehnsuchtsvoller Blick auf den Hitler-Balkon: „Wir sind der Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Zukunft“, heißt es in dem FPÖ-Video Foto: Screenshot/FPÖ TV

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Die FPÖ ersetzt ihr früheres Bemühen um zumindest scheinbare Abgrenzung von Rechtsextremisten durch deren offene Umarmung. Herbert Kickls Höhenflug in den Umfragen tut das keinen Abbruch.

2017 hatte Andreas Bors noch auf ein Mandat im Bundesrat verzichten müssen, nachdem ein Foto aufgetaucht war, das ihn bei einer Silvesterfeier im Jahr 2006 mutmaßlich beim Hitlergruß zeigte. Seit einem halben Jahr sitzt der 34-Jährige nicht nur im niederösterreichischen Landtag, sondern ist auch FPÖ-Landesparteisekretär. Die in St. Pölten mit der FPÖ koalierende ÖVP hatte damit offenbar kein Problem, die FPÖ-Spitze sowieso nicht. Denn die Blauen driften immer mehr Richtung Rechtsextremismus ab, auch wenn Parteichef Herbert Kickl beteuert, die FPÖ habe nur „extrem oft recht“.

Erschreckend offen illustriert dies ein gerade auf Youtube veröffentlichtes Video der FPÖ-Jugend. In dem stilistisch an Nazi-Ästhetik erinnernden Filmchen präsentiert sich der blaue Nachwuchs als „junge Österreicher, die der linksliberalen Indoktrination widerstehen“ und gegen einen Zeitgeist ankämpfen, „der unsere Heimat und unsere Traditionen für eine multikulturelle Dystopie opfert“. Es geht um mit Fackelzug-Sequenzen illustrierte Begriffe wie „Kulturverlust“, „Sprachverbote“, „Regenbogenterror“, „Bevölkerungsaustausch“ und „Remigration“ – alles Schlagworte aus dem Repertoire der „Identitären Bewegung“ (IB), die seit dem Verbot ihrer Symbole als „Die Österreicher“ agitiert.

Was man vielleicht vor fünf Jahren noch als identitäre Rhetorik bezeichnet hätte, ist heute freiheitliche Rhetorik

Bernhard Weidinger, Rechtsextremismusspezialist

„Was man vielleicht vor fünf Jahren noch als identitäre Rhetorik bezeichnet hätte, ist heute freiheitliche Rhetorik“, analysiert Bernhard Weidinger, Rechtsextremismusspezialist beim Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstandes (DÖW). Ihre Ansagen verknüpfen die Jung-FPÖler im Video mit verstörender Symbolik: Während es aus dem Off „Wir wollen eine Zukunft“ tönt, blicken Jugendliche sehnsuchtsvoll auf den Altan der Neuen Burg am Wiener Heldenplatz. Dort hatte Adolf Hitler am 15. März 1938 nach dem „Anschluss“ Österreichs vor einer jubelnden Masse „den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich“ verkündet. Welche Botschaft die Einblendung ausgerechnet des „Hitler-Balkons“ vermitteln soll, verrät die FPÖ-Jugend nicht.

Zumindest handelt es sich um eine gezielte Provokation, die einen Sturm der Entrüstung entfacht hat.
Dass SPÖ und Grüne das Video scharf verurteilen, ist wenig überraschend. Aber vor allem die in drei Bundesländern mit der FPÖ koalierende ÖVP kriegt sich gar nicht mehr ein vor lauter Empörung. Ihr Generalsekretär Christian Stocker sieht Kickl derart „radikalisiert, dass er die Identitären gar nicht mehr als die Gefahr ansieht, die sie tatsächlich darstellen“. Der FPÖ-Chef sei „die größte Gefahr für die Sicherheit Österreichs“, schlussfolgert Stocker.

Kickl findet das Video „großartig“

Tatsächlich steht Kickl voll hinter dem Aufregervideo: „Ich sehe dort junge Menschen, die sich miteinander beschäftigen und einen positiven Zugang zur Heimat und zur Natur haben, denen ihre Kultur etwas wert ist. Ich finde das großartig.“ Sein 2019 über den Ibiza-Skandal gestolperter Vorvorgänger Heinz-Christian Strache hatte zumindest noch den Anschein einer Distanz zu den Identitären bewahrt. Obwohl es auch damals inhaltliche und auch personelle Überschneidungen zwischen FPÖ und den vom Verfassungsschutz beobachteten Rechtsextremisten gab, bekräftigte Straches Nachfolger Norbert Hofer einen Vorstandsbeschluss, demzufolge FPÖ-Funktionären eine Mitgliedschaft bei den Identitären untersagt ist.

Der Beschluss gilt zwar nach wie vor, wurde aber in den zwei Jahren seit Kickls Machtübernahme quasi zu totem Recht, erklärte der neue Vorsitzende die IB doch zu einem „interessanten und unterstützenswerten Projekt“. Für Kickl sind diese Rechtsextremisten eine „NGO von rechts“, die er mit Greenpeace vergleicht. Sollten die Identitären ein politisches Projekt haben, das „in Ordnung ist, warum soll ich das nicht unterstützen?“, kontert Kickl Kritik mit einer rhetorischen Frage. Ihn stört, dass der Verfassungsschutz die Identitären im Visier hat, denn dieser habe die Verfassung zu schützen und nicht eine „linke Pseudomoral“.

Alter Extremistenfreund

Überraschend ist dieser Rechtsruck keineswegs. Kickl war lange vor seinem Durchmarsch an die Parteispitze der FPÖ-Verbindungsmann nach ganz rechts. 2016 fungierte der damalige Parteigeneral bei einem von Rechtsextremisten aus dem deutschsprachigen Raum in Linz organisierten Kongress der „Verteidiger Europas“ als Gastredner. Auch als Urheber fragwürdiger Wahlkampfslogans wie „Daham statt Islam“ blinkte er immer wieder rechts.

Der Schulterschluss mit Rechtsextremisten könnte jedoch weitere Ambitionen konterkarieren. Die FPÖ erlebt zwar ungeachtet aller Eskapaden einen Höhenflug und liegt in den Umfragen mit großem Abstand zu SPÖ und ÖVP auf Platz eins, der erwartete Erfolg bei den Nationalratswahlen im kommenden Jahr könnte sich jedoch als Pyrrhussieg erweisen: Kickl hat derzeit keine Aussicht auf einen Koalitionspartner, da selbst die in Ober- und Niederösterreich sowie in Salzburg mit der FPÖ koalierende ÖVP ein Bündnis mit ihm auf Bundesebene ausschließt. Er setzt freilich auf das Adenauer’sche Prinzip, demzufolge in der Politik das Geschwätz von gestern morgen nicht allzu ernst zu nehmen ist.

luxmann5656
2. September 2023 - 12.44

Seltsamerweise gibt es weniger aufregung bei schweren waffenlieferungen an das kiewer regime,welches dem NS freund Bandera huldigt.