Die ukrainische Armee arbeitet sich nach Angaben eines Sprechers nach dem Durchstoßen der russischen Verteidigungslinie bei Robotyne weiter Richtung Süden vor. Die nächsten Ziele seien die Dörfer Nowoprokopiwka, Mala Tokmatschka und Otscheretuwate. Das sagte der Offizier Oleksander Schtupun, Sprecher der Truppen in diesem Frontabschnitt, am Sonntag im ukrainischen Fernsehen. Die russische Luftwaffe verstärke dort zwar ihre Angriffe, Schtupun deutete dies aber als Zeichen, dass die erschöpfte russische Artillerie und Infanterie dem ukrainischen Vorstoß nicht mehr viel entgegenzusetzen habe.
Diese Angaben waren zunächst nicht zu überprüfen. Allerdings sind sich Militärbeobachter einig, dass Robotyne im Gebiet Saporischschja nach wochenlangen Kämpfen tatsächlich in der Hand ukrainischer Truppen ist. Der Vorstoß gehe Richtung Süden weiter. Bei Robotyne durchbrachen die Ukrainer eine verminte und befestigte russische Verteidigungslinie. Der Erfolg ist auch psychologisch wichtig angesichts von Kritik vor allem in den USA, dass die ukrainische Gegenoffensive keine Fortschritte mache.
Richtung Süden geraten für die ukrainischen Truppen die besetzten Städte Tokmak und Melitopol in den Blick. Auch rückt ihre Artillerie dichter an russische Nachschublinien heran. Die Ukraine hofft in dieser Region bis an das Asowsche Meer vorzustoßen und für die Russen die Landverbindung zur Halbinsel Krim abzuschneiden.
Russische Truppen griffen ihrerseits bei den Städten Awdijiwka und Marjinka im Gebiet Donezk an, sagte Armeesprecher Schtupun. Es gelinge aber, diese Angriffe abzuwehren.
Jeder der Partner ist über unsere Bedürfnisse informiert. Wir warten auf Entscheidungen.
Nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft die Ukraine im September auf eine Reihe militärischer Hilfspakete aus dem Ausland. Dazu zählten Artillerie, gepanzerte Fahrzeuge, Luftverteidigung und Raketen sowie Minenräumgerät, schrieb der Präsident am Sonntag auf seinem Telegram-Kanal. „Jeder der Partner ist über unsere Bedürfnisse informiert. Wir warten auf Entscheidungen.“
Außenpolitisch kündigte Selenskyj einen „kraftvollen September“ an. Geplant seien Gesprächsrunden zu internationalen Sicherheitsgarantien für das durch Russland angegriffene Land. Die Regierung bereite sich zudem auf Treffen wie die UN-Generalversammlung in New York vor. Die Ukraine wolle erneut Länder außerhalb Europas ansprechen, gerade zum Thema Lebensmittelversorgung. „Der Globale Süden wird die Ukraine hören“, versprach er.
DNA-Tests sollen Tod Prigoschins belegen
Nach dem Absturz eines Privatflugzeugs in Russland ist der Tod des Chefs der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, nach Angaben der russischen Ermittler durch DNA-Tests bestätigt. Bei den genetischen Untersuchungen seien alle zehn Todesopfer des Absturzes vom Mittwoch identifiziert worden, erklärte das russische Ermittlungskomitee am Sonntag. Es handele sich um die auf der Passagierliste des Fluges genannten Menschen. Auf der Liste stand nach Angaben der russischen Behörden Prigoschin, aber auch sein Stellvertreter Dmitir Utkin.
„Die molekulargenetischen Untersuchungen im Rahmen der Ermittlungen zum Flugzeugabsturz in der Region Twer wurden abgeschlossen“, sagte Swetlana Petrenko, Sprecherin des für schwere Straftaten zuständigen Ermittlungskomitees. Anhand dieser Ergebnisse „wurden die Identitäten aller zehn Opfer festgestellt, sie entsprechen der in der Flugliste angegebenen Liste“. Nähere Angaben machte das Ermittlungskomitee zunächst nicht.
Das Flugzeug vom Typ Embraer Legacy war am Mittwochabend abgestürzt. Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des „Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften im Luftverkehr“ eingeleitet, Einzelheiten zur möglichen Ursache des Absturzes wurden bisher jedoch nicht genannt.
Seit dem Absturz gibt es Spekulationen, es könnte sich um einen Anschlag auf den Wagner-Chef gehandelt haben. Der Kreml wies jegliche Vermutungen über eine Verwicklung in den Fall als „absolute Lüge“ zurück. Genau zwei Monate vor dem Flugzeugabsturz hatte Prigoschin seine Söldner in einem Aufstand Richtung Moskau marschieren lassen. Ziel war laut Prigoschin der Sturz der russischen Armeeführung und von Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Nach einem Tag hatte der Wagner-Chef den Aufstand jedoch wieder abgeblasen, im Gegenzug wurde ihm Straffreiheit zugesichert.
Paramilitärs drohen mit Befehlsverweigerung
Eine Truppe rechtsextremer russischer Paramilitärs droht angeblich mit Befehlsverweigerung im Ukraine-Krieg, weil einer ihrer Anführer in Finnland inhaftiert ist. Die russische Regierung solle eine Ausreise des 36-jährigen nach Russland durchsetzen, fordert die Miliz Rusitsch. Darüber berichtete das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien ISW am Sonntag. „Wenn ein Land seine Bürger nicht schützt, warum sollen die Bürger dann das Land schützen?“, hieß es auf einem Rusitsch-Kanal auf Telegram.
Der inhaftierte Russe wird verdächtigt, 2014 und 2015 bei Kämpfen in der Ostukraine Gräueltaten gegen ukrainische Soldaten begangen zu haben. Die Ukraine verlangt deshalb seine Auslieferung. Das Bezirksgericht von Vantaa bei Helsinki verlängerte am Freitag den Gewahrsam gegen den Mann, wie der finnische Rundfunk Yle berichtete. Der einschlägig bekannte Rechtsextremist sei schon im Juli wegen eines Verstoßes gegen Aufenthaltsbestimmungen festgesetzt worden. Er soll nach Angaben russischer Paramilitärs im finnischen Gefängnis bereits von Beamten des ukrainischen Geheimdienstes SBU vernommen worden sein.
In der Ukraine und im Westen wird gemutmaßt, dass der Kreml den in Ungnade gefallenen Prigoschin beseitigen wollte. Putin selbst, der Prigoschin wegen der bewaffneten Rebellion vor zwei Monaten als Verräter bezeichnet hatte, hatte am Donnerstagabend in der Vergangenheitsform über den Söldnerführer gesprochen. Dieser sei ein „fähiger“ Mann gewesen, der „schwere Fehler“ begangen habe.
Bei einer Kollision von Kampfjets im Nordwesten der Ukraine sind nach Angaben aus Kiew indes drei Piloten der ukrainischen Luftwaffe ums Leben gekommen, unter ihnen der bekannte Kampfflieger „Juice“. Bei dem Unfall waren am Freitag zwei Übungsflugzeuge des Typs L-39 in der Region Schytomyr in der Luft kollidiert, wie die ukrainische Luftwaffe einen Tag danach mitteilte. Es seien Ermittlungen zur Unfallursache eingeleitet worden.
Der Tod der drei Piloten bedeutet einen schweren Verlust für die ukrainische Luftwaffe, die sich derzeit um die Ausbildung an modernen F-16-Kampfjets bemüht, um ihre aus der Sowjetzeit stammende Flotte zu verstärken und die Gegenoffensive gegen die russische Armee voranzutreiben. Dänemark, die Niederlande und zuletzt Norwegen hatten der Ukraine kürzlich die Lieferung von F-16-Jets zugesagt. (AFP, dpa)
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