Frans Timmermans’ Job wird ab sofort vom slowakischen EU-Kommissar Maros Sefcovic ausgeführt, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstagabend mitteilte. Was wie eine simple Personal-Rochade aussieht, ist ein Politikum. Timmermans geht im Streit mit der Europäischen Volkspartei – der politischen Familie von Frau von der Leyen. Die EVP hatte seine Klimapolitik als angeblich industriefeindlich attackiert. Deshalb war auch sein Verhältnis zu von der Leyen angespannt. Die CDU-Politikerin ließ den Sozialdemokraten allein im Regen stehen.
Nun kehrt Timmermans der EU den Rücken. Bei der Parlamentswahl in Den Haag im Herbst will er als Spitzenkandidat der Sozialdemokraten und der Grünen antreten. Sein Amtsnachfolger Sefcovic dürfte sich schwertun, die Lücke zu füllen. Der Slowake gilt als farbloser Ausputzer vom Dienst. Zuletzt war er für „politische Koordinierung“ zuständig und auf der EU-Bühne so gut wie unsichtbar.
Der 57-Jährige muss nun die Gesetzesvorhaben des „European Green Deal“ zu Ende führen. In der Pipeline ist noch ein Gesetz über nachhaltige Lebensmittel und die Reform der Chemikaliengesetzgebung REACH. Außerdem soll er die Klimabilanz der EU im Europawahlkampf verteidigen. Keine leichte Aufgabe, wie sich an Deutschland zeigt: Im größten EU-Land werden wohl die Klimaziele für 2030 verfehlt.
Zwei heikle Fragen
Auch auf von der Leyen kommt Ärger zu. Sie hat den „European Green Deal“ 2019 nach ihrer umstrittenen Wahl persönlich ausgerufen und kann sich nun nicht mehr hinter Timmermans verstecken. Der wortgewaltige Niederländer verstand es, seiner Chefin den Rücken freizuhalten und die europäischen Sozialdemokraten und die Gewerkschaften einzubinden. Das wird der CDU-Politikerin nun fehlen.
Die deutsche EU-Chefin muss zudem zwei weitere heikle Personalfragen klären. Zum einen fehlt nach dem Abgang Timmermans ein niederländischer EU-Kommissar. Wann und wen die scheidende Regierung in Den Haag nominieren wird, ist offen. Der oder die Kandidatin muss nicht nur in das Team von der Leyen passen, sondern auch dem Europaparlament gefallen. Das kann zu Problemen führen.
Zum anderen droht schon der nächste Abgang: Mit Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager will eine weitere Führungskraft gehen. Die prominente Dänin möchte den scheidenden Chef der Europäischen Investitionsbank, den deutschen FDP-Politiker Werner Hoyer, ablösen. Deswegen könnte auch sie schon bald von ihren Aufgaben in Brüssel entbunden werden.
Wenn es so weit kommt, ist von der Leyen fast allein zu Haus. Denn in ihrer Kommission gilt nur noch der Franzose Thierry Breton als Schwergewicht. Der hyperaktive Binnenmarkt-Kommissar hat sich im Kampf gegen die US-Internetriesen und bei der Aufrüstung der einstigen Friedensunion EU profiliert. Er könnte sich 2024 um die Leitung der nächsten Kommission bewerben – genau wie von der Leyen.
Uschi allein zu Haus! Hoffentlich richtet sie nicht zu viel Unheil an.