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Stolpersteine in Esch (5)Der Geschäftsinhaber Ferdinand Cahen

Stolpersteine in Esch (5) / Der Geschäftsinhaber Ferdinand Cahen
Der Stolperstein von Ferdinand Cahen in der avenue de la Gare Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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In der Escher avenue de la Gare 24 liegt ein Stolperstein vor dem ehemaligen Laden und Wohnort der jüdischen Familie Cahen.

Die Stolpersteinserie

Stolpersteine sind kleine Gedenksteine, die im Straßenpflaster eingelassen sind und an die Opfer des Holocaust erinnern. Die Idee stammt von dem deutschen Künstler Gunter Demnig, der 1992 die ersten Steine in Köln verlegte. Seitdem hat sich das Projekt stetig weiterentwickelt und verbreitet. Bis heute wurden in 31 Ländern Europas 100.000 Steine (Stand 26.5.2023) verlegt, hiervon 30 Steine in Esch/Alzette. Die bewusste Platzierung im Alltagsleben erzeugt eine symbolische „Stolperfalle“, die die Passanten zum Innehalten und Nachdenken über das Schicksal dieser Opfer anregt. Das Tageblatt beleuchtet in seiner Sommerserie das Schicksal der Opfer-Familien. Nach den Familien Adler, Freymann und Nathan sowie Julien Cerf geht es heute um Ferdinand Cahen.

Ferdinand Cahen kam am 26. April 1888 in Everlingen bei Useldingen zur Welt. Er war mit Lucie Kahn verheiratet. Das Paar hatte einen Sohn, Jean Meyer, geboren am 7. Juni 1926 in Esch. Am 3. Oktober 1924 zog die Familie von Differdingen, wo Ferdinand Cahen ein Leder- und Sportgeschäft leitete, nach Esch in den ehemaligen Firmensitz des Anstreichers Grün. In diesen Räumlichkeiten eröffneten sie dann auch ihr Geschäft.

Nach der deutschen Invasion im Mai 1940 und der Evakuierung der Escher Bevölkerung nach Frankreich ließ sich die Familie in Saint-Léonard-de-Noblat im französischen Departement Haute-Vienne nieder. Hier konnte Ferdinand Cahen Arbeit auf einem Bauernhof finden.

Gleichzeitig mit der Besetzung Luxemburgs begann die systematische Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Die NS-Rassengesetze galten auch im besetzten und später annektierten Luxemburg. Auf dieser gesetzlichen Grundlage führten die Nazis verschiedene Maßnahmen ein, um die Rechte und Freiheiten der jüdischen Bevölkerung einzuschränken und sie aus dem gesellschaftlichen Leben auszugrenzen. Dazu gehörte das 1933 im NS-Deutschland erlassene „Gesetz über die Einziehung Volks- und staatsfeindlichen Vermögens“, welches es ermöglichte, jüdische Eigentümer zu enteignen und ihre Geschäfte unter kommissarische Verwaltung zu stellen.

Frau und Sohn kehren zurück

Ferdinand Cahen
Ferdinand Cahen Foto: ANLux

So wurde auch das Geschäft von Ferdinand Cahen zwischenzeitlich kommissarisch vom Geschäftsmann H. Mischo aus Luxemburg verwaltet, ehe es dann beschlagnahmt und von Jean Bonsiepen übernommen wurde. Nach seiner Verhaftung 1943 wurde Ferdinand über das berüchtigte Internierungslager Drancy, unweit von Paris, deportiert. Am 17. November 1943 gelangte er mit dem Transport Nr. 64 nach Auschwitz. Dort wurde er zur Zwangsarbeit eingesetzt. Ferdinand starb vier Monate später am 27. April 1944, einen Tag nach seinem 56. Geburtstag, an den unmenschlichen Bedingungen.

Seine Ehefrau Lucie Kahn und sein Sohn Jean kehrten nach Ende des Krieges in ihre Heimatstadt zurück und erweckten das einst beschlagnahmte Geschäft zu neuem Leben.