Nach zehn Minuten bringt Franz Fayot (LSAP) die ganze Misere auf den Punkt: „Die alten Krisen bleiben bestehen, sie verschwinden nicht. Und es kommen immer neue Krisen hinzu.“ 2023 geht der russische Angriffskrieg in der Ukraine weiter, in Jemen ist kein Ende des Bürgerkriegs abzusehen, in Afghanistan hat sich seit der Machtübernahme der Taliban die Situation verschärft. Und dann sind da noch die Klimakrise, Naturkatastrophen wie das Erdbeben in der Türkei und in Syrien und neue geopolitische Unwägbarkeiten wie der Militärputsch in Niger vor wenigen Wochen.
All diese Krisen haben humanitäre Folgen: Flucht, Vertreibung, Hungersnöte. Laut OCHA, dem Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, sind im Juli dieses Jahres 363 Millionen Menschen weltweit auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das ist jede 22. Person auf dem Planten. Ein neuer Rekord. Um diese Hilfe zu leisten, wären 41 Milliarden US-Dollar nötig – ebenfalls ein neuer Rekord.
Diese Zahlen präsentierte Fayot am Freitag auf einer Pressekonferenz der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Angelegenheiten – gemeinsam mit Anja Nitzsche, Leiterin der Abteilung für Partnerschaften und Ressourcenmobilisierung bei OCHA.
„Trotz der Rekordkrisen gibt es eine Gemeinschaft von motivierten, freiwilligen Akteuren, die sich täglich für Betroffene einsetzt“, sagt Fayot. Luxemburg ist einer dieser Akteure. Im Jahr 2022 stellte das Großherzogtum mehr als 87 Millionen Euro für humanitäre Zwecke zur Verfügung. Das sind 17 Prozent des Budgets der öffentlichen Entwicklungshilfe („Aide publique au développement“). Ein Anteil, der weit über dem internationalen Standard von etwa 10 Prozent liege, so Fayot. Luxemburg gehört damit zu den Ländern mit den weltweit höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für humanitäre Hilfe.
Innovationen für die humanitäre Hilfe
Im Jahr 2023 war Luxemburg bislang in 27 Ländern aktiv. Einer der Hauptempfänger ist aktuell die Ukraine. Seit Beginn des russischen Angriffs im Februar 2022 beläuft sich der Beitrag Luxemburgs auf insgesamt 12 Millionen Euro. Gelder, die zum größten Teil über NGOs, das Rote Kreuz und den Roten Halbmond ins Land fließen. Hinzu kommen laut Pressemitteilung Materialspenden im Wert von 9,8 Millionen Euro: medizinische Geräte, Medikamente, Stromgeneratoren. Im September will das Kooperationsministerium der Ukraine 100 weitere Generatoren im Wert von 300.000 Euro zur Verfügung stellen. Man dürfe, so Fayot, das menschliche Leid in der Ukraine nicht aus den Augen verlieren.
Auch nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar leistete Luxemburg humanitäre Hilfe. Neben Sachspenden belief sich der finanzielle Einsatz auf 2,9 Millionen Euro. Außerdem stellte das Großherzogtum die mobile, satellitengestützte Telekommunikationsplattform „emergency.lu“ zur Verfügung.
Wir werden die schwächsten Menschen nicht im Stich lassen
Der dritte Krisenherd, in dem Luxemburg in den vergangenen Monaten besonders aktiv war, ist die Sahel-Zone. Schon seit einigen Jahren sind Burkina Faso, Mali und Niger zentrale Orte der luxemburgischen Entwicklungsarbeit, doch in jüngster Zeit hat sich die Region zusehends destabilisiert. Nach dem Militärputsch im Niger hat Luxemburg wie andere europäische Staaten die Überweisung von Geldern gestoppt. Doch der Bedarf nach humanitärer Hilfe bleibt groß. In Niger und Burkina Faso verschlimmert sich die Hungersnot. 2023 hat Luxemburg deshalb bislang 6 Millionen Euro in Burkina Faso, Niger und Mali ausgegeben, ein Betrag, der bis zum Jahresende auf mindestens 10 Millionen Euro erhöht werden soll. „Wir werden die schwächsten Menschen nicht im Stich lassen“, sagt Fayot.
Anja Nitzsche sieht Luxemburg in dieser Hinsicht als globales Vorbild. Eine Rolle, die Fayot im kommenden Jahr nutzen will, um andere Spender zu ermutigen, ihre Hilfsausgaben zu erhöhen. Von Juli 2023 bis Juni 2024 hat Luxemburg die Präsidentschaft der Spender-Unterstützungsgruppe der OCHA inne. Auf der Pressekonferenz verkündet Fayot auch gleich einen zusätzlichen Spendenbeitrag von 250.000 Euro, was einen Gesamtbetrag von 10,5 Millionen Euro ergibt, die Luxemburg im Jahr 2023 OCHA zur Verfügung stellt.
Fünf Treffen sollen im Rahmen des luxemburgischen Vorsitzes der OCHA-Spendergruppe stattfinden: das erste im Oktober in Genf, das letzte im Juni 2024 in Luxemburg. Fayot kündigt außerdem an, seine Position zu nutzen, um die humanitäre Hilfe menschenzentrierter, weniger bürokratisch und effizienter zu gestalten. Dabei soll auch der verantwortungsvolle Nutzen von Daten helfen. Man wolle Innovationen aus anderen Bereichen in die humanitäre Hilfe übertragen und die luxemburgische Expertise in Digitalisierung und Forschung in den Dienst der humanitären Gemeinschaft stellen. Ende Juni fand in Luxemburg das Pitchevent des Humanitarian Innovation Accelerator (HIA) statt. Mehrere Organisationen aus der ganzen Welt stellten dort Projekte aus den Bereichen Raumfahrttechnologie, Datenwissenschaft, Künstliche Intelligenz, Gesundheitstechnologie und Logistik vor. Im Oktober sollen die Gewinnerprojekte bekannt gegeben werden.
Humanitäre Hilfe sei „eine Frage der Menschlichkeit und der Solidarität“, sagt Fayot am Ende. Dafür werde man sich bis zum Ende dieser Regierung einsetzen. „Und hoffentlich auch zukünftige Regierungen.“
Dei puer Mio. versickeren mei' sei'er am Sand wei' Zeit dei' den Virement dohinner dau'ert !
Verbranntes Steuergeld. Krieg und Korruption sind in diesen Ländern nicht zu verhindern und Armut ist nur das Resultat.
Wir verschulden uns um dieses Elend zu fördern. Waffenkauf etc.
Nichtdestotrotz ist es doch schön ein guter Mensch zu sein :-)
Die EU schmeißt Milliarden Euro für Corona Impfstoffe in den Pharmaschlund und Luxemburg will mit ein paar Millioenchen das Leid in der Welt besiegen! Größenwahn.
Auch wenn diverse Kreise solche Hilfen überflüssig finden, ein immer größerer Teil unserer Erde benötigen sie dringend.
Ernteausfälle durch klimatische sowie kriegerische Veränderungen werden sich häufen und immer mehr Menschen geraten in Hungersnot.
Danke Luxemburg für die humanitären Engagements in den betroffenen Gebieten.