Zur Begründung für die Auflösung führte ein Gericht in Moskau am Freitag nicht genehmigte Konferenzen und Ausstellungen in der Einrichtung an. Das nach Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow benannte Zentrum gehörte zu den wenigen Organisationen, welche die Sichtweise des Kreml in Frage stellten – auch im Hinblick auf Moskaus Militärintervention in der Ukraine.
Bereits im Frühjahr dieses Jahres war das 1996 gegründete Sacharow-Zentrum unter Verweis auf das Gesetz zu „ausländischen Agenten“ gezwungen worden, seine Räumlichkeiten in Moskau zu verlassen. Das russische Justizministerium hatte eine „Überprüfung“ der Einrichtung eingeleitet, die seit 2014 als „ausländischer Agent“ bezeichnet wurde.
Der Direktor des Sacharow-Zentrums, Sergej Lukaschewski, der sich in Deutschland im Exil befindet, sagte damals der Nachrichtenagentur AFP, die Organisation werde sich im Falle einer Auflösung in Russland als „Kollektiv“ neu gründen.
Viele Verbote
„Putin will auch die letzten Stimmen für Demokratie und Menschenrechte in Russland zum Schweigen bringen“, erklärte das deutsche Außenministerium am Freitag im vormals Twitter genannten Onlinedienst X. Die Auflösung des Sacharow-Zentrums sei dafür ein „weiterer trauriger Beleg“.
Ähnlich reagierte das Außenministerium in Paris. Die Auflösung sei ein weiteres Beispiel der „von den russischen Behörden geführten Repressionskampagne gegen die Stimmen, die sich in Russland noch frei äußern“ und vor allem gegen die wichtigsten Menschenrechtsorganisationen des Landes, erklärte das Ministerium.
Frankreich äußerte auch „große Besorgnis“ über die ebenfalls am Freitag angeordnete zweimonatige Untersuchungshaft für den Ko-Vorsitzenden der russischen Wahlbeobachtungsgruppe Golos. Grigori Melkonjanz war am Vortag festgenommen worden. Die Entscheidung des Gerichts fiel nur wenige Wochen vor den russischen Regionalwahlen im September und weniger als ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl im kommenden Frühjahr.
Das Gericht in Moskau, das nun die Auflösung des Sacharow-Zentrums anordnete, hatte im Januar bereits das Verbot der Moskauer Helsinki-Gruppe verfügt, der ältesten Menschenrechtsorganisation in Russland. Im April wurde das Sowa-Zentrum aufgelöst, das sich auf die Untersuchung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit spezialisiert hatte.
Die Menschenrechtsorganisation Memorial, die sich als wichtiger Pfeiler der Zivilgesellschaft etabliert hatte, war bereits Ende 2021 von den russischen Behörden aufgelöst worden – nur wenige Monate bevor Kreml-Chef Wladimir Putin Truppen in das Nachbarland Ukraine schickte. (AFP)
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