Gut drei Wochen nach der Parlamentswahl in Spanien hat der amtierende sozialdemokratische Regierungschef Pedro Sánchez eine erste wichtige Hürde auf dem Weg zu seinem möglichen Verbleib im Amt genommen. Bei der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments am Donnerstag wählte eine Mehrheit von 178 der 350 Abgeordneten Sánchez’ Parteikollegin Francina Armengol in das Amt der Parlamentspräsidentin.
Für Armengol votierten auch die sieben Abgeordneten der katalanischen Separatistenpartei JxCat. Dies wird als wichtiger Schritt hin zu einer möglichen weiteren Amtszeit für Sánchez gewertet. Die JxCat des ehemaligen katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont ist seit der vorgezogenen Parlamentswahl vom 23. Juli zum Zünglein an der Waage geworden.
Weder das linksgerichtete Lager noch der rechte Block hatten bei der Wahl genügend Sitze für eine Parlamentsmehrheit gewonnen. Ohne die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter verfügt das linke Lager nur über 171 Stimmen und damit potenziell über eine Stimme weniger als die rechtsgerichteten Parteien um die konservative PP von Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo.
Die nun mithilfe von JxCat erfolgte Wahl Armengols wird noch bedeutender dadurch, dass die PP-Kandidatin für das Parlamentspräsidentenamt, Cuca Gamarra, bei der Abstimmung nur die 139 Stimmen der PP sowie zweier kleinerer Regionalparteien erhielt.
Die 33 Abgeordneten der rechtsextremen Vox – die als potenzieller Koalitionspartner der PP galt – votierten für ihren eigenen Bewerber. Das Votum ist ein erneuter Beleg für die schwierige Beziehung zwischen PP und der mit den rechtsgerichteten Regierungschefs Italiens und Ungarns, Giorgia Meloni und Viktor Orban, verbündeten Vox.
Für Feijóo scheinen sich die Chancen auf das Amt des Regierungschefs zu verringern. Der PP-Chef hatte sich seit der Wahl stets darauf berufen, als Vorsitzender der Partei mit den meisten Abgeordneten den Posten beanspruchen zu können. Sánchez argumentierte hingegen, in Spanien stehe das Amt des Ministerpräsidenten demjenigen zu, der die größte Unterstützung im Parlament erhalte. Den Auftrag zur Regierungsbildung vergibt in Spanien letztlich König Felipe VI.
Katalanisch als Amtssprache der EU
JxCat hatte eigenen Angaben zufolge vor der Abstimmung am Donnerstag mit Sánchez’ sozialdemokratischer Partei PSOE eine Abmachung getroffen. Wie die Separatisten kurz nach dem Parlamentsvotum auf ihrer Website mitteilten, umfasst diese die Anerkennung des Katalanischen als Amtssprache der EU.
Sánchez selbst hatte bereits am Mittwoch versprochen, die noch bis Jahresende andauernde EU-Ratspräsidentschaft Spaniens zu nutzen, um sich für eine Anerkennung des Katalanischen sowie der zwei weiteren Regionalsprachen Baskisch und Galicisch als EU-Amtssprachen einzusetzen.
Die Vereinbarung zwischen den Sozialdemokraten und JxCat bleibt indes weit hinter den zwei Hauptforderungen der Separatisten zurück: einer Amnestie für alle wegen ihrer Beteiligung am gescheiterten Abspaltungsversuch Kataloniens Verurteilten – und ein Referendum über die Selbstbestimmung der Region. Da diese Maximalforderungen weder politisch noch juristisch realisierbar erscheinen, hat JxCat-Gründer Puigdemont diese zunächst zurückgestellt.
JxCat dämpfte jedoch kurz nach der Abstimmung konkrete Hoffnungen der Sozialdemokraten auf eine erneute Regierungsmehrheit. Die Abmachung zur Wahl der Parlamentspräsidentin sei auf dieses Votum begrenzt gewesen, es bestehe „keinerlei Zusammenhang“ mit der Ernennung des kommenden Ministerpräsidenten. Das Ziel von JxCat sei die Unabhängigkeit Kataloniens. Jegliche von der Partei geschlossene Vereinbarung habe den Zweck, diesem Ziel näherzukommen. (AFP)
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