Der Spielfilm „Mantagheye Bohrani“ („Critical Zone“) des iranischen Regisseurs Ali Ahmadzadeh hat den Goldenen Leoparden des 76. Internationalen Filmfestivals Locarno gewonnen. Der Film um den Alltag eines Drogendealers in Teheran reflektiert in verschlüsselten Bildern das Leben in einem Land, in dem ein freies Leben keine Selbstverständlichkeit ist. Ali Ahmadzadeh wurde vor dem Festival von den iranischen Behörden aufgefordert, seinen Film nicht in Locarno zu zeigen, und durfte nicht zum Festival reisen. Die Auszeichnung ist zugleich künstlerische Anerkennung und ein Zeichen der Solidarität mit den Filmemachern im Iran.
Die Jury des Hauptwettbewerbs unter Vorsitz des französischen Schauspielstars Lambert Wilson („Von Menschen und Göttern“) hat die zweitwichtigste Auszeichnung, den Spezialpreis, an den Film „Nu aștepta prea mult de la sfârșitul lumii“ („Do Not Expect Too Much From the End of the World“) des Rumänen Radu Jude vergeben. Hierbei handelt es sich um einen Streifen, der von Rumänien, Luxemburg, Schweden, Kroatien und Frankreich koproduziert wurde. Luxemburg war für die Bild- (Espera Productions) und die Tonnachbearbeitung (Philophon Studios) verantwortlich. Somit gewinnt Radu Jude bereits zum zweiten Mal einen Preis für einen Film, den der Luxemburger Film Fund unterstützt hat. Somit ist es bereits der vierte Preis, den Luxemburg in Locarno gewinnen konnte.
Der Regisseur, international bekannt geworden mit dem Gewinn des Goldenen Bären der Berlinale 2021 für „Bad Luck Banging or Loony Porn“, setzt sich in dem Spielfilm kritisch mit den sozialen Ungerechtigkeiten in seinem Heimatland auseinander.
Preise am malerischen Lago Maggiore
Für die internationale Gemeinschaftsproduktion „Stepne“ („Steppe“) wurde die in Kiew und Berlin lebende ukrainische Regisseurin Maryna Vroda mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet. Ihr Spielfilm schildert das Landleben in der Ukraine, fernab des Krieges. Mit der Vergabe dieser Preise und mit den meisten anderen Entscheidungen haben die Jurys weithin den Erwartungen entsprochen.
Clara Schwinning erhielt für ihre darstellerische Leistung in „Ein schöner Ort“ einen Preis für die beste schauspielerische Leistung.
Zum ersten Mal wurden die Preise für beste schauspielerische Leistungen in Locarno genderneutral verliehen. Eine der zwei Ehrungen ging an die griechische Schauspielerin Dimitra Vlagopoulou für ihre Interpretation einer von den Wolfsgesetzen des Kapitalismus getriebenen jungen Frau in dem Spielfilm „Animal“. Ausgezeichnet wurde auch die Niederländerin Renée Soutendijk. Sie spielt im Anti-Kolonialismus-Drama „Sweet Dreams“ die Ehefrau eines Plantagenbesitzers, die sich auf bemerkenswerte Weise gegen männliche Gewalt wehrt.
Vergeben wurden die Preise in Locarno am frühen Samstagnachmittag. Alle Gewinnerinnen und Gewinner sollen am Samstagabend in einer Gala unter freiem Himmel auf der Piazza Grande des malerischen Urlaubsortes am Schweizer Ufer des Lago Maggiore dem Publikum vorgestellt werden. Im internationalen Wettbewerb liefen 17 Filme aus aller Welt. Insgesamt wurden auf dem Festival 214 Kurz-, Experimental-, Dokumentar- und Spielfilme in 466 oft ausverkauften Vorstellungen gezeigt.
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