Tageblatt: Frau Geib, um in einem Betrieb wie der Philharmonie, wo viele verschiedene Rädchen ineinandergreifen, möglichst effizient zu arbeiten, ist es wichtig, auch das richtige Personal zu finden. Wie sind Sie eigentlich zum Team der Human Resources Division gestoßen?
Nadia Geib: Ich arbeite jetzt seit zehn Jahren hier. Ich bin sofort von der Universität zur Philharmonie gekommen. Damals waren wir drei Personen in der Human Resources Division, wobei sich eine Kollegin nur um das Finanzielle gekümmert hat. Am Anfang habe ich mich dann um die Ausschreibungen der Posten, die Sichtung und Auswertung gekümmert, Bewerbungsgespräche geführt und die Personen nach ihrer Einstellung eine Zeit lang begleitet. Ich war auch für die Weiterbildung unserer Mitarbeiter zuständig. Sehr wichtig sind beispielsweise die Sprachkurse, wir haben sehr viele Nationalitäten bei uns arbeiten und müssen ja untereindander möglichst effektiv kommunizieren können. Ansonsten bieten wir regelmäßig Weiterbildungen in den jeweiligen Berufen an, auch Kurse für Stressbewältigung, Projektmanagment oder spezifische Fortbildungen, die auf die Einzelperson abgestimmt sind.
Früher war das allerdings anders, da lernte man vieles über „learning by doing“, jetzt sind die Einstellungen aber streng geregelt. Früher war das Team auch viel kleiner, da konnten die neuen Mitarbeiter in der Anfangszeit in viele Bereiche Einblick bekommen. Heute geht das leider nicht mehr.
Und das wird alles im Haus organisiert.
Nein, manches läuft hier, aber viele Weiterbildungen werden von auswärtigen Spezialisten übernommen.
Wie viele interne Mitarbeiter hat die Philharmonie denn?
Wir haben 91 feste Mitarbeiter, die vom „établissement publique“ eingestellt sind. Hinzu kommen noch die Personen, die die Karten kontrollieren, die Hostessen bei Empfängen, der Portier … die allerdings nicht zu unserem Personal gehören, sondern von auswärtigen Firmen gestellt werden. Dann haben wir noch die 97 Musiker des Orchestre Philharmonique du Luxembourg, wo sich die Human Resources Division allerdings nur um den finanziellen Teil, also um die Löhne, kümmert. Die Auswahl und die Verpflichtung der Musiker laufen direkt über das Orchester – auch, wenn jetzt Ersatz- oder Zusatzmusiker verpflichtet werden müssen.
Und wie viele Berufe gibt es in der Philharmonie?
Fast so viele, wie wir Mitarbeiter haben. Es gibt vielleicht vier oder fünf Berufe, die mehrmals vertreten sind. Fast jeder Beruf ist also spezifisch und hat seine besonderen Aufgaben; selbst wir von der Personalabteilung arbeiten alle in verschiedenen Bereichen.
Was sind denn die wichtigsten Kriterien für eine Einstellung?
Das hängt wirklich von den verschiedenen Posten ab. Standardberufe müssen auf jeden Fall die obligatorische Ausbildung vorweisen können. Ein Buchhalter muss ein Buchhalterdiplom haben, ein Schlosser eine anerkannte Schlosserausbildung. Andere Berufe, wie beispielsweise Project Manager, können aus Bereichen wie Kulturwissenschaften, Musikwissenschaften, Projekt- oder Eventmanagement kommen. Ein Grafikdesigner muss eine Ausbildung in diesem Bereich haben, aber auch hier gibt es wieder verschiedene Ausbildungswege und Überschneidungen.
Früher war das allerdings anders, da lernte man vieles über „learning by doing“, jetzt sind die Einstellungen aber streng geregelt. Früher war das Team auch viel kleiner, da konnten die neuen Mitarbeiter in der Anfangszeit in viele Bereiche Einblick bekommen. Heute geht das leider nicht mehr. Dafür ist der Betrieb Philharmonie jetzt zu groß geworden. Es ist aber nun so, dass für eine Veranstaltung verschiedene Bereiche miteinander arbeiten und kommunizieren. Da ist es dann klar, dass der neue Mitarbeiter Bescheid weiß, was seine direkten Kollegen machen und wie diese Interaktionen ablaufen. Deshalb legen wir auch sehr viel Wert auf ein gutes Briefing und eine präzise Einführung der neuen Kollegen.
Wie kann man sich bei der Philharmonie bewerben?
Der Interessent geht auf unsere Webseite www.philharmonie.lu, dort findet er die ausgeschriebenen Stellen und die Berufsbeschreibung. Dann gibt er seine persönlichen Daten an und lädt seine persönliche Bewerbung in das dort vorgegebene Formular und schickt es an uns. Wir machen dann eine erste Auswertung und leiten die Bewerbung weiter an den Verantwortlichen der jeweiligen Abteilung und/oder des entsprechenden Departements. Es gibt beispielsweise die Division Marketing, darunter fallen dann verschiedene Departemente oder Teilbereiche wie Billetterie, Digitalisierung, Grafik usw. Die Technik-Division ist unterteilt in Bühnentechnik, Haustechnik und IT. Also alle Bereiche sind sehr strukturbetont aufgestellt und haben auch immer eine verantwortliche Person.
Gerade heute gibt es ja unwahrscheinlich viele Fälle von psychischen Belastungen und Burnout-Symptomen bei Mitarbeitern. Die meisten großen Firmen bieten da Hilfestellung an. Wie sieht das bei der Philharmonie aus?
Das wird auch bei uns sehr ernst genommen. Wichtig ist, zuerst einmal herauszufinden, welche Art von Stress es ist. Ist der Mitarbeiter mit der Arbeit überfordert, weil er mit dieser oder jener Technik nicht zurechtkommt, oder ist er vielleicht schlecht organisiert, dann suchen wir für ihn die passende Weiterbildung außerhalb der Philharmonie. Überhaupt werden Weiterbildungen bei uns großgeschrieben. Kommt eine Person wegen psychischem Stress oder psychischen Problemen zu uns, versuchen wir, sie an einen externen Spezialisten weiterzuleiten. Für Burnout gibt es ja bestimmte Einrichtungen, die Hilfestellung leisten.
Und für die allgemeinen Notfälle? Gibt es da Spezialisten?
Wirkliche Spezialisten nicht. Da haben wir einen Security Coordinator, der für die Sicherheit des Hauses verantwortlich ist. Meistens ist das jemand aus der technischen Abteilung. Es gibt mehrere präzis ausgearbeitete Notfallpläne, in denen alles Schritt für Schritt festgehalten ist. Wenn es z.B. jemandem im Publikum schlecht wird, bei Bombenalarm, bei Feueralarm usw. Aber wir haben keinen Arzt oder eine Krankenschwester vor Ort. Wir haben zwar einen kleinen Notfallraum, aber in einem solchen Fall wird immer der Krankenwagen gerufen. Glücklicherweise hatten wir bisher keine wirklichen Notfälle. Vielleicht außer einmal bei einem „Ciné-Concert“, wo der Dirigent während der Vorstellung zusammengebrochen war und das Konzert abgebrochen werden musste.
Personalwechsel. Ein Thema?
Eigentlich nicht. Die meisten Angestellten arbeiten gerne in der Philharmonie. Deshalb schauen wir auch bei den Einstellungen auf die Teamfähigkeit, auf die Flexibilität und auf das persönliche Engagement der Leute. Wenn die Dynamik stimmt, dann fällt die Arbeit doppelt leicht. Natürlich kommt es immer wieder zu Wechseln, das ist normal. Diese sind aber oft durch andere Umstände bedingt. Wohnungswechsel, eine andere Stelle, Umzug. Natürlich wird von jedem in der Philharmonie auch eine gewisse Flexibilität verlangt. Viele Berufsgruppen arbeiten abends, was auf die Dauer ein Problem werden kann, besonders wenn man eine Familie hat. Da kommt es dann schon mal vor, dass der Betroffene irgendwann kündigt. Aber im Großen und Ganzen haben wir wenig Wechsel.
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