Hervé Renard schloss seine Matchwinnerinnen Kadidiatou Diani und Eugénie Le Sommer schon vor Abpfiff in die Arme, nach Abschluss der Achtelfinal-Gala klatschte der Trainer auch seine Namensvetterin Wendie Renard ab: Die französischen Fußballerinnen haben ihre Pflichtaufgabe mühelos gelöst – und dabei erstmals auch Glanz versprüht. Ein 4:0 (3:0) gegen Marokko als Kampfansage: Die zu Jahresbeginn noch zerstrittenen „Les Bleues“ jagen bei der WM in Australien und Neuseeland plötzlich als Einheit wild entschlossen nach ihrem ersten großen Titel.
Das Viertelfinale gegen den bislang ebenfalls stark aufspielenden Co-Gastgeber Australien soll am Samstag (9.00 Uhr MESZ) nur ein Zwischenstopp werden. „Das Ziel ist erfüllt. Wir wollen immer noch ein bisschen mehr, aber es ist gut“, sagte Trainer Renard: „Wir wissen, warum wir hierhergekommen sind. Wir haben die Fähigkeiten, es zu schaffen.“ Das Team habe nun „Selbstvertrauen“ und sei „bereit für das Viertelfinale“, ergänzte Le Sommer.
Bislang waren für „Les Bleues“ Halbfinal-Teilnahmen bei der WM 2011 und der EM 2022 bei großen Turnieren das Maximum der Gefühle, eine Trophäe gab es nie. Vor allem Doppelpackerin Le Sommer (24., 70.) und die zweimaligen Vorlagengeberin und Torschützin Diani (15.) harmonierten in Adelaide prächtig, dürften auch bei den „Matildas“ aus Australien Sorgenfalten hervorrufen. Das kongeniale Duo war auch am Treffer von Kenza Dali (20.) beteiligt.
Kolumbien erstmals im Viertelfinale
Dabei war die französische Nationalmannschaft zu Jahresbeginn statt einer verschworenen Einheit noch ein schier unversöhnbarer Trümmerhaufen. Als Höhepunkt einer Revolte waren Kapitänin Renard, Diani und Marie-Antoinette Katoto aus Protest gegen die damalige Trainerin Corinne Diacre zurückgetreten, wollten so eine personelle Veränderung erzwingen – mit Erfolg. Der Verband entließ die wegen ihres Führungsstils kritisierte Diacre Anfang März und damit nur viereinhalb Monate vor der WM.
Die Probleme innerhalb der Mannschaft seien „unumkehrbar“ geworden, betonte der Verband damals in einer Stellungnahme. Für einen Neuanfang wurde Diacre gar eine Abfindung von 900.000 Euro gezahlt.
Und mit Hervé Renard, nicht verwandt mit seiner Anführerin Wendie, wurde namhafter, aber im Frauenfußball auch gänzlich unerfahrener Ersatz gefunden. Der Weltenbummler war bei den Männern zuvor Nationaltrainer von Saudi-Arabien, Marokko, der Elfenbeinküste oder Sambia.
Die Anpassung an den Frauenfußball gelang dem 54-Jährigen im Eiltempo. Schon am 20. August könnte er deshalb mit dem ersten großen Titel mit „Les Bleues“ Geschichte schreiben.
Neben Frankreich erreichte am Dienstag auch Kolumbien das Viertelfinale und steht damit erstmals bei einer Weltmeisterschaft in der Runde der besten acht. Die Südamerikanerinnen bezwangen die „Reggae Girlz“ aus Jamaika in einer teils hart geführten Partie in Melbourne mit 1:0 (0:0). Gegner im Kampf um das Halbfinale ist am Samstag (12.30 Uhr MESZ) in Sydney Europameister England.
Kolumbiens Rekordnationalspielerin Catalina Usme (51.) knackte mit ihrem Treffer das Bollwerk aus Jamaika. Es war das erste Gegentor für den Außenseiter aus der Karibik, der in der Gruppenphase Brasilien aus dem Turnier gekegelt hatte, bei dem Turnier in Australien und Neuseeland. (SID)
Viertelfinale im Überblick
Viertelfinale
Freitag, 11. August 2023:
Spanien – Niederlande
Japan – Schweden
Samstag, 12. August 2023:
Australien – Frankreich
England – Kolumbien
Die weiteren Termine: Halbfinals am 15. und 16. August, Spiel um Platz 3 am 19. August, Finale am 20. August
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