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DeutschlandRingen um die Kanzlerkandidatur von CDU und CSU

Deutschland / Ringen um die Kanzlerkandidatur von CDU und CSU
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hält sich weiter im Spiel in der Kanzlerkandidatenfrage der Unionsparteien Foto: dpa/Carsten Koall

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So oft CSU-Chef Markus Söder auch sagt, sein Platz sei in Bayern. Damit ist beileibe nicht ausgeschlossen, dass er bei der Kanzlerkandidatur noch einmal mitmischen will – und zwar richtig.

Er will es, er will es nicht, er will es schon, er will es doch wieder nicht – oder wenn, dann nur ein bisschen. Was Markus Söder will, weiß vor allem in einer Frage nur er selbst, und selbst das ist nicht sicher: in der K-Frage. Wer also führt die Unionsparteien vor der nächsten Bundestagswahl als Kanzlerkandidat in die Wahlauseinandersetzung mit der politischen Konkurrenz. Wenn der CSU-Chef sagt, sein Platz sei in München und in Bayern, glauben ihm das alle, solange der Wahlkampf für die Landtagswahl im Freistaat für die Wahl am 8. Oktober läuft. Aber Söder hat schon viel gesagt, wenn der Tag im Landtag oder in der bayerischen Staatskanzlei lang ist. Heute hü, morgen hott, typisch Söder. Im Februar klang das noch so: „Für mich ist das Kapitel Berlin in Form einer Kandidatur – so würde ich sagen – definitiv abgeschlossen.“ Aber Vorsicht: Der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident hat selbst in diesem Satz, wo er sich doch „definitiv“ äußert, wieder einen Konjunktiv eingebaut. In Bayern würde man sagen: Wenn auch nix geht, a bisserl was geht immer, Herr Söder!

Der CSU-Vorsitzende arbeitet für die Monate des Landtagswahlkampfes erst einmal nach der Devise: Bierzelt statt Regierungsbank. Söder ist da, wo die Emotionen sind. 110 Volksfeste und Bierzelte will Söder bis zur Landtagswahl am 8. Oktober besucht haben. Die Opposition im Landtag wirft ihm deshalb schon „Missachtung des Parlaments“ vor, weil er so oft bei Landtagssitzungen fehlt. Dabei wird der überzeugte Cola-Trinker an der gut gezapften Maß bestenfalls nippen. „Oans, zwoa, g‘suffa!“, skandiert das Wahlvolk im Zelt. Söder aber rechnet, wie er die Marke von 40 Prozent plus X knacken kann, damit er die vergleichsweise schwachen 37,2 Prozent von 2018, als er gerade frisch das Amt von Horst Seehofer übernommen hatte, vergessen machen – und die rechte AfD so klein wie möglich halten kann. Die Grünen sind für den einstigen Bienenfreund ohnehin Hauptgegner.

Politische Durchtriebenheit

Erst einmal die Macht absichern zu Hause in Bayern, dann angreifen im Bund, wenn potenzielle CDU-Bewerber im Rennen um die Kanzlerkandidatur schwächeln. Zuletzt hatte Söder im Bundestagswahlkampf 2021 gezeigt, wie man einen Konkurrenten so beschädigt, dass dieser am Ende in der Gesamtrechnung mit leeren Händen dasteht. Armin Laschet, dem Söder nach internem Ringen schließlich die Kanzlerkandidatur der Unionsparteien überlassen musste, kündigte nach der Niederlage bei der Bundestagswahl frustriert seinen Rückzug als Parteichef an – und übergab, wie vorher angekündigt, auch das Amt des Ministerpräsidenten an seinen Nachfolger Hendrik Wüst.

Mindestens Laschet hat erfahren: Söder beherrscht das Metier der politischen Durchtriebenheit. In der ARD sagte Söder nun am Sonntag, es wäre womöglich besser, die Union würde über ihren Kanzlerkandidaten erst nach den Landtagswahlen im kommenden Jahr im Osten entscheiden. Wenn er jetzt also dafür plädiert, die Frage der Kanzlerkandidatur erst nach den Landtagswahlen im kommenden Jahr im Osten zu entscheiden, wo im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg neue Landtage gewählt werden, setzt er womöglich auf eine neue Lage – und auf eine neue Dynamik. Verliert die CDU in allen drei Ländern deutlich, was nicht ausgeschlossen ist, kann der CSU-Chef dabei zusehen, wie der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz unter Druck gerät.

CDU-Ministerpräsidenten positionieren sich

Sollten Söder und Merz weiter der Auffassung sein, sie würden den gemeinsamen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU unter sich ausmachen, haben sich einige CDU-Ministerpräsidenten schon positioniert. Wüst hat erst kürzlich den Anspruch erhoben, die Ministerpräsidenten der CDU würden selbstredend bei der Frage der Kanzlerkandidatur mitentscheiden. Auch Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, aber auch Daniel Günther (Schleswig-Holstein) und der gerade ebenfalls wahlkämpfende Boris Rhein (Hessen) wehren sich gegen einen Automatismus zwischen Merz und Söder.

Der CSU-Vorsitzende plädierte am Sonntag erst einmal dafür, „dass wir die Ergebnisse dieser Landtagswahlen sehr, sehr sensibel und sehr genau analysieren müssen und daraus möglicherweise auch gute Argumente für die Personalfrage finden“. Wieder so eine Söder’sche List? Erst mal gucken, wer wie angeschlagen aus den Landtagswahlen im Osten geht – und dann raus aus der Deckung. Das würde Söder jedenfalls ins Kalkül passen. Aber natürlich verweist er auf eine Währung, mit der in der Politik sehr gerne bezahlt wird: mit Geschlossenheit. Wichtig sei, dass man am Ende geschlossen entscheide. „Ein wochenlanger Streit mit schweren Verletzungen und einer Verunsicherung der Bevölkerung“ müsse dieses Mal unbedingt verhindert werden, sagt jener Mann, der beim letzten Kampf um die K-Frage der Unionsparteien mitten drin im Getümmel war: Markus Söder. Er ist jetzt ganz Wahlkämpfer in Bayern. Bavaria first. Aber dann? „Ich helfe sicherlich mit – auch aus Bayern und auch von der CSU –, dass dieses Deutschland wieder in Fahrt kommt, aber nicht als Kanzler“, sagte er nun. Aber was heißt das schon bei Söder? Er will, er will nicht, er will …