Die beiden LSAP-Politiker traten dabei nicht als Wirtschaftsminister beziehungsweise als Mitglied der Parteiführung an die Presse, sondern als Autoren von „Des règles pour un marché immobilier en mutation“ der LSAP-nahen Fondation Robert Krieps, wie Fayot betonte. Dass diese Überlegungen nicht bereits in das Wahlprogramm der Sozialisten einflossen, das im Juli vorgestellt worden war, erkläre sich mit den rasanten Entwicklungen des Sektors und nicht zuletzt anhand der neuen Erkenntnisse, die aus einem jüngsten Bericht der „Autorité de la concurrence“ über den Wohnimmobiliensektor hervorgehen. Fayots und Leners‘ 15-seitiges Reflexionspapier soll zur Diskussion beitragen. Die Vorschläge „lassen sich in den Esprit der LSAP einbetten“, erklärt Fayot.
Vor allem sollen sie zu einem Umdenken beitragen: „Wir brauchen einen Mentalitätswechsel im Wohnungsmarkt“, betont Fayot. Dieser Wandel solle wegführen von einem Denken, das sich rein daran ausrichte, alles dem freien Markt zu überlassen, ganz nach dem Motto „der Markt wird es schon richten“. Er solle zu einem neuen Regelwerk hinführen und ein Abrücken von der Fokussierung auf den Markt bedeuten. Vom Laissez-faire zum verstärkten staatlichen Eingreifen, heißt es wenig verklausuliert. Dabei wird auch Premierminister Xavier Bettel zitiert, der „ne souhaite pas réguler le marché mais est plutôt d’avis qu’il s’agit du principe de l’offre et de la demande“.
Weg vom Laissez-faire
So wie der Wohnimmobilienmarkt zurzeit funktioniert, profitieren nach Ansicht der beiden Autoren vor allem die Bauträger von ihm. Der Bericht der Wettbewerbsbehörde zeigt einen Anstieg des Bruttobetriebsüberschusses ihrer Branche um das Achtfache zwischen 2010 und 2020 bei einem nahezu stabilen Produktionsniveau und mit einem leichten Anstieg der Anzahl der Promotoren in diesem Zeitraum. Für das Jahr 2020 erzielte ihre Branche bei einem Umsatz von 2,5 Milliarden Euro einen Bruttoüberschuss von rund 500 Millionen. Während die Bruttobetriebsmarge der Promotoren von 15 Prozent im Jahr 2005 auf 21 Prozent im Jahr 2020 gestiegen ist, blieb die Bruttomarge des Bausektors gleich. Für kleine Bauträger, Bauunternehmer, Handwerker sowie die große Mehrheit der Privatpersonen und insbesondere Erstkäufer funktioniert der Wohnimmobilienmarkt immer weniger.
Die beiden Autoren weisen darauf hin, dass in der politischen Diskussion die konservativen und liberalen Parteien bevorzugt vorschlagen, das Angebot zu erhöhen, indem mehr gebaut wird – unabhängig von den gebauten Wohneinheiten und nach dem Motto „laisser faire le marché“ und „Hände weg vom Markt!“, dieser löse alle Probleme von selbst. Dieses Prinzip basiere auf einer strikten und absoluten Anwendung des Eigentumsrechts. Von einigen, wie etwa den Abgeordneten der ADR, werde es als das heiligste der Menschenrechte angesehen, das menschliche Recht auf würdiges Wohnen dabei außer Acht lassend. Diese „von einem gewissen Klientelismus geprägte Politik“ habe den Wunsch nach einer ambitionierteren Wohnungsbaupolitik immer gebremst.
Auch wenn die Schaffung von reichlich Angebot notwendig sei, so Fayot und Leners, müsse dies künftig besser an die Merkmale der Nachfrage angepasst werden – insbesondere an die begrenzten Haushaltsressourcen – und müsse die Realität der Klima- und Umweltkrise berücksichtigt werden. Soll heißen: Das Ziel sollte nicht darin bestehen, einfach mehr zu produzieren, sondern darin, unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten besser zu produzieren. Auch würde eine Ausweitung des Baugebiets kaum Auswirkungen auf die Spirale der Immobilienpreise haben, meinen die Autoren und verweisen auf mehrere Untersuchungen des „Observatoire de l’habitat“: Zwischen 2010 und 2020 ist etwa die für den Wohnungsbau vorgesehene Fläche von 2.701 Hektar auf 3.732 Hektar gestiegen. Dies war größtenteils auf die Erneuerung der allgemeinen Bebauungspläne (PAG) zurückzuführen. Trotz dieses Anstiegs von Bauland stiegen die Preise zwischen 2010 und 2021 jährlich um 8,1 Prozent, insgesamt um 136,5 Prozent. Bevor man über eine Erweiterung des Bauperimeters nachdenke, müsse man sich fragen, ob es wirklich an Bauland mangelt oder ob die vorhandenen Baugrundstücke vielleicht einfach nicht bebaut sind. Sicherlich sei die „Bodenfrage“ aktueller denn je, vor allem in Zeiten der Klimakrise sollte sie in den kommenden Jahren offen angegangen werden, „ohne den Faktor des Sozialneids“, im Rahmen einer gesellschaftlichen Debatte. Boden sei ein knappes Gut, das man nicht einfach vervielfachen kann. „Jeder braucht es“, so Fayot und Leners. „Aber der Boden ist zu einem Spekulationsobjekt geworden und wird zunehmend der Gemeinschaft entzogen.“
Land als Gemeingut
Es kann als akademischer Rundumschlag bezeichnet werden, was die beiden LSAP-Politiker zu Wege gebracht haben, weil es vom Thema Bauland bis zur Grundsteuer reicht, vom Land, das nicht rein als individuelle Vermögensreserve betrachtet wird, sondern eben als Gemeingut. Was das Baugewerbe angeht, reden sie einer Unterscheidung zwischen Bauunternehmen und Bauträgern das Wort: „Natürlich sind nicht alle Bauunternehmen Bauträger, und bei der Erstellung dieser Aussagen muss die Struktur jedes einzelnen Unternehmens berücksichtigt werden.“
Im Bereich des Mietmarktes weisen sie den Weg zu einem „umfassenden, flexiblen und fairen Mietrahmen“. Nach der neoklassischen Theorie würde der Anstieg der Mieten – im Jahr 2022 um sage und schreibe elf Prozent – Investoren dazu ermutigen, Wohnungen zu bauen und zu unterhalten: „Es würde einfach ausreichen, abzuwarten und die Gesetze des Marktes ins Spiel zu bringen, bis die Mieten wieder ‚normal‘ sind. Doch ganz so einfach liegen die Dinge natürlich nicht, und dieses Argument lässt jegliche gesellschaftliche Dimension im Zusammenhang mit dem Bedarf an Wohnraum außer Acht.“
Fayot und Leners wissen: „Vermieter und Mieter sind nicht gleichberechtigt. Für den Vermieter ist die Miete oft ein zusätzliches Einkommen, während es sich für den Mieter um eine obligatorische Ausgabe handelt.“ Es bestehe demnach ein ungleiches Vertragsverhältnis. Umso mehr ist es gerechtfertigt, dass der Staat im Namen des Rechts auf Wohnraum und der Verteidigung der Schwächeren der Gesellschaft das Recht des Eigentümers einschränkt. Denn mehr und mehr Mieter geraten in Schwierigkeiten, bis zum Monatsende über die Runden zu kommen.
Es gelte, „eine Mietobergrenze zu finden, die einen Ausgleich zwischen dem wirtschaftlichen Ziel, eine gewisse Attraktivität zur Förderung des Wohnungsneubaus aufrechtzuerhalten, und dem gesellschaftlichen Ziel, eine für die Gesellschaft erträgliche Mietobergrenze festzulegen, schafft“. Unter den Vorschlägen, welche die Autoren zum Schluss ihrer Ausführungen unterbreiten, u.a. neben einer gesellschaftlichen Debatte über die Bodenfrage, befindet sich eben jene neue Mietobergrenze, die durch den „Logementsdësch“, einem Gremium, in dem die verschiedenen Interessengruppen zusammenkommen, festgelegt werden müsse.
Woh, nach 30 Jahre Wohnungskrise und 30 Jahre Regierungs beteiligung hat die LSAP ein Reflexion. Zufällig vor die Wahlen. Und auch nichts Konkretes.
Nur zu information, ein Mietobergrenze relatiert an Grösse, Lage und Komfort (NICHT Investiertes Kapital) gibt es schon lange ins Ausland. Nur Kopieren, und man kann noch vor die Wahlen ein fertiges Plan haben.
Wenn man will.
Oder geht das zu schnell, und muss vorher eine Etude gemacht worden.