Den jüngsten Fall lösten die Chatverläufe des derzeitigen Wirtschaftsministers Wille Rydman aus, welche die Zeitung Helsingin Sanomat veröffentlichte. Im Jahr 2016 bezeichnete er Menschen aus dem Nahen Osten als „Affen“ und sich selbst als Nazi. Das Prekäre: Der damals 30-jährige Politiker war in einem Ausschuss für Verfassungsrecht. Und er war zu dieser Zeit noch Mitglied der liberalkonservativen „Nationalen Sammlung“ (KoK), die seit Mitte Juni mit Petteri Orpo den Regierungschef stellt.
Rydman ist Nachfolger von Vilhelm Junnila, der gerade zehn Tage im Amt seinen Posten räumte, unter anderem, da er in der Vergangenheit mit Hitler-Anspielungen aufgetreten war. „Obwohl es private Mitteilungen waren, können wir eine solche Sprache nicht akzeptieren“, so Orpo am Freitag vor den Medien, der sich zuvor zu einer weiteren Krisensitzung mit den Koalitionspartnern getroffen hatte. Der Konservative brachte auch seine Sorge um Finnlands Ansehen im Ausland zum Ausdruck.
Der Wirtschaftsminister erklärte zwar am Freitag via X (ehemals Twitter), er befürworte das Regierungsprogramm, das sich für die „Gleichheit aller Menschen“ einsetze. Zudem zitierte er eine Äußerung des Präsidenten der jüdischen Gemeinde in Helsinki, Yaron Nadbornik, welcher ihm in dem sozialen Netzwerk bescheinigte, kein Antisemit zu sein.
Zu seinen früheren Sprüchen wollte sich der 37-Jährige nicht äußern. Doch äußern könnte sich bald der kleine Koalitionspartner „Schwedische Volkspartei“ (RKP), der die schwedische Minderheit vertritt und liberal ausgerichtet ist.
Gewaltfantasien gegen Ausländer
Ein „Netzwerk“ der Partei hat sich in der schwedischsprachigen Zeitung HBL zu Wort gemeldet und weitere Rücktritte gefordert, sowie der Parteiführung einen Austritt aus der Koalition nahegelegt. Das Verhältnis dieser Partei zu den Basisfinnen war schon immer angespannt, da jene die Rechte der schwedischen Minderheit beschneiden wollen.
Immer wieder bemüht sich Riikka Purra, die Chefin der „Basisfinnen“, um Schadensbegrenzung. In einem Blogbeitrag hat sie diese Woche jeglichen Extremismus abgelehnt. Sie selbst ist jedoch Teil des Problems: So hatte sich die 44-jährige ehemalige Lehrerin Anfang Juli wegen vergangener Gewaltfantasien gegen Ausländer öffentlich entschuldigt.
Die Koalition von Petteri Orpo, zu der auch die konservativen Christdemokraten (KD) gehören, wurde in elf Wochen mühsam ausgehandelt. Im Fokus der Konservativen steht die Staatsverschuldung von 140 Milliarden Euro, die durch Kürzungen im Wohlfahrtsstaat reguliert werden soll.
Sprachbarriere
Der Wahlerfolg der Basisfinnen bei den Wahlen – sie erzielten nur zwei Sitze weniger als die Konservativen – erklärt sich auch durch eine stark ablehnende Haltung vieler Finnen gegen den Zuzug von Migranten. Besonders im Gesundheitswesen gibt es Probleme, da das ausländische Medizinpersonal oft die schwierige Sprache nicht beherrscht.
In aktuellen Medienberichten berichten jedoch auch Migranten, dass sie trotz Sprachkenntnisse aufgrund ihrer Hautfarbe abgelehnt werden. Ob Rydman mit seinen Sprüchen durchkommt, bleibt noch offen. Er war schon zuvor umstritten, da ihm Frauen sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten, woraufhin er die Partei der Konservativen im vergangenen Jahr verlassen musste. Petteri Orpo wollte gegenüber den finnischen Medien hierzu noch keine Antwort geben. Eine überzeugende Figur macht er dabei nicht.
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