Am Paléo Festival, dem größten Open-Air-Festival der Schweiz, sind es um die 130. Alleine 60 sind rund um die Uhr für die „Grande Scène“, die größte der fünf Paléo-Bühnen, im Einsatz. Sie nennen sich selbstbewusst „Golden Team“ und werden jedes Jahr von Dan Hauri, dem Venue Manager, dem Hauptverantwortlichen der 22 Meter hohen und sage und schreibe 53 Meter breiten Bühne, koordiniert. Damit das klappt, muss jeder Handgriff sitzen, sich jeder auf jeden oder jede verlassen können und vor allem der Ablaufplan minutiös eingehalten werden.
Der sieht am ersten Morgen folgendermaßen aus: 7 Uhr, Ankunft Truck der Black Eyed Peas; 11 Uhr, Ankunft der drei Trucks von Louise Attaque; 15 Uhr, Ankunft Truck von Adekunle Gold. Man arbeitet sich von hinten nach vorne vor. Das Material des Headliners wird ganz hinten im Bühneninnern verstaut, das desjenigen, der am Abend als Zweiter dran ist, davor und das Zeug des Künstlers, der den Festivaltag eröffnet, im vorderen Teil der Bühne. Auch für den anschließenden Soundcheck gilt diese Reihenfolge, damit der erste Act soundtechnisch sofort aus dem Vollen schöpfen kann.
5.500 „Collaborateurs bénévoles“
Allerdings, so Hauri, wird der klassische Soundcheck („one two, one two”) immer seltener praktiziert. Alles sei digitaler geworden, viele Einstellungen an den Mischpulten würden bereits im Vorfeld festgelegt und die Dienste der Paléo-Tontechniker seien bei den Headlinern des Festivals kaum noch gefragt, da diese in der Regel ihre eigene Crew und ihren eigenen Mann am Mischpult dabeihätten. Auf den kleineren Bühnen sei das völlig anders, da lege man alles in die Hände der Paléo-Leute, die häufig mit besseren Mikros aushelfen würden und die Künstler seien dankbar dafür, so professionell betreut zu werden.
Hauri erklärt, er und seine Leute würden ihre Hilfe anbieten, wenn sie benötigt werde. Im Idealfall würden die Roadcrew der Band und seine eigenen Leuten konstruktiv und respektvoll zusammenarbeiten und das sei meistens der Fall. Er fügt augenzwinkernd hinzu, Paléo habe sich mittlerweile einen exzellenten Ruf erarbeitet, was den Empfang und die Betreuung der Künstler angehe. Bei den Topstars halte man sich jedoch eher diskret im Hintergrund. Indochine reise beispielsweise mit einem Tross von rund 100 Leuten an, vom Roadmanager über Techniker, Stagehands und Sicherheitspersonal bis zu den Verantwortlichen der Künstlerlogen; da gebe es für das „Golden Team“ eher wenig zu tun.
Wie überall auf dem Gelände dieses gigantischen sechstägigen Festivals, arbeiten auch unter den Stagehands und Tontechnikern die meisten umsonst und sind stolz darauf, Teil der großen Paléo-Familie zu sein. Insgesamt, so erklärt uns Paléo-Chef Daniel Rossellat, sind mittlerweile 10.500 Menschen an der Organisation der Veranstaltung beteiligt, davon 5.500 freiwillige Mitarbeiter.
Bis zu 12 Sattelschlepper für einen Künstler
Stress kommt für die Stagehands erst nach dem Ende des ersten Festivaltages auf, nämlich dann, wenn – nicht nur sprichwörtlich – rund um die Uhr gearbeitet wird. Wenn das Material gegen drei Uhr morgens endlich im letzten Laster verstaut ist, steht bereits der erste Sattelschlepper der nächsten Künstler vor den Toren. Doch alles sei in diesem Jahr recht überschaubar, findet der völlig entspannte „Monsieur Dan“, wie ihn hinter der Bühne alle nennen. Der auch vom Material her aufwändigste Act sei diesmal Indochine mit sechs Sattelschleppern. Da sei man ganz andere Dimensionen gewohnt: Kiss seien im letzten Jahr mit neun vorgefahren, Lenny Kravitz habe es 2018 gar auf zwölf gebracht.
Wahrlich ein Knochenjob, den die 60 Männer und Frauen des „Golden Teams“ da in Schichten absolvieren müssen. An Ruhepausen zwischendurch ist kaum zu denken. Der einzige Zeitpunkt, an dem die Roadies nicht arbeiten müssen, ist während der Konzerte selbst. Deshalb legen sie sich während der Gigs in ihre unter der Bühne befestigten Hängematten und gönnen sich eine Mütze Schlaf. Doch ob man wirklich schlafen kann, wenn über einem Brian Molko – von Marshall-Türmen und knapp 100 Dezibel verstärkt – in die Saiten drischt, ist natürlich fraglich.
Und dann ist der betreffende Auftritt auch schon wieder zu Ende und es geht von vorne los, genauso wie in Jackson Brownes Song beschrieben:
„Now roll them cases out and lift them amps
Haul them trusses down and get ’em up them ramps
’cause when it comes to moving me
You know you guys are the champs“
Ein Hoch auf alle Roadies dieser Welt!
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