Reaktion der Stadt
Die Stadt Esch verurteilt die „homophobe Polemik“, die durch die Ankündigung der Stadtbibliothek ausgelösten Kommentare und Behauptungen auf der entsprechenden Facebook-Seite. Man wolle daran erinnern, dass die Stadt „aufgrund ihrer Geschichte“ eine offene und tolerante Stadt sei, zu deren Reichtum „auch ihr multikultureller und kosmopolitischer Ansatz gehört“.
Darum sei sie seit vielen Jahren Gastgeberin der Pride Week, Mitglied des Städtenetzwerks „Rainbow Cities Network“ und seit Juni 2021 ganz offiziell „LGBTIQ+ FREEDOM ZONE“.
In etwa zwei Wochen findet in der Escher „Bibliothéik“ eine besondere Lesung statt – die aber, genau genommen, so besonders gar nicht ist, da sie so schon einige Male stattgefunden hat: Der Travestie-Künstler „Tatta Tom“ liest zweimal rund eine Stunde lang vor – jeweils für Kinder im Alter ab sechs und ab zehn Jahren. Obwohl aus der Ankündigung gar nicht ganz klar hervorgeht, was der genaue Inhalt ist, schäumen die Kommentarspalten vor groben Beleidigungen und Unterstellungen.
„Fir ze Katzen und Eckelhaft“, heißt es etwa, sei die Veranstaltung. Oder: „mussen wieklech eis Kanner mat esou eppes konfronteiert gin. Einfach KRANK“, poltern die Kommentatoren und garnieren ihre meist windschief getexteten Posts gerne noch reich mit Kotz-Emojis – und ernten dafür wiederum (zustimmend gemeinte) rot angelaufene Gesichter: die Fackeln und Mistgabeln der Neuzeit.
Zwar gibt es auch durchaus viel Zuspruch für die Veranstaltung, beziehungsweise wird den Pöbeleien direkt entgegengetreten, etwa mit dem Hinweis, dass es sich um eine Lesung handele und keinen Pornodreh – trotzdem überwiegt, gefühlt, die wütende Ablehnung, die in gröbsten Sätzen vorgebracht wird.
„Schon sehr erschrocken“
Das alles lässt Tatta Tom selbst nicht kalt, wie der LGBT-Aktivist gegenüber dem Tageblatt durchblicken lässt: „Ich war schon sehr erschrocken darüber“, sagt der 39-jährige Luxemburger, der die Kunstfigur vor vier Jahren erschaffen hat – erklärtermaßen in Rücksprache mit Pädagogen, um sie kindgerecht zu halten. Tatta Tom oszilliert mit Merkmalen wie blauen, langen Haaren, aber auch einem blauen Bart, zwischen den Geschlechter-Stereotypen – knallbuntes Make-up und auch mal ein fantastisches Geweih runden die Erscheinung ab, die Kinder zum Überlegen bringen soll: Was ist das eigentlich, männlich oder weiblich? Oder was kann alles sein oder auch mal: nichts von beidem? Die (der?) Tatta komme bei Kindern eigentlich immer gut an – für viele Erwachsene ist er aber offenbar umso unerträglicher.
Der Künstler, der seit 21 Jahren Travestie-Aufführungen macht, hat durchaus eine Theorie, warum sich die Ablehnung plötzlich derartig heftig Bahn bricht: „Es ist Wahljahr – und alles, was hier hetzt, kommt von extrem rechts“, glaubt er. Tatsächlich hat etwa der ADR-Politiker Tom Weidig sein Facebook-Publikum aufgerufen, auf der Seite der Escher Bibliothek zu kommentieren. Zwar mahnt Weidig an „OUNI PERSEINLECH ze ginn!“, es ist aber fraglich, wie ernst dieser Aufruf noch genommen werden soll, wenn man sieht, wie Weidig die Hysterie schon anheizt: „Weiviel Bicher hunn se schon eliminéiert? Resp. net kaaft?“, orakelt er etwa über die Escher Bücherei – und kontert den sachlichen Einspruch, dass die Bücherei auf keinen Fall Werke „eliminiere“, wiederum mit der schwammigen Erklärung, er habe ja keine Aussagen getroffen, sondern nur „Fragen gestellt“ – eine beliebte Methode von Populisten, um diffuse Behauptungen in den Raum stellen zu können, ohne Belege liefern zu müssen.
Tatta Tom weist gegenüber dem Tageblatt daraufhin, dass möglicherweise vorhandene Vorstellungen wie die der „Frühsexualisierung“ von Kindern völlig falsch seien. Für die Lesung seien zwei Geschichten geplant, die auch „LGBTIQ-Themen höchstens streifen“ würden. In „Das alles ist Familie“, was für die ab-Sechsjährigen gedacht sei, ginge es etwa nur darum, verschiedene Familienformen abseits früherer Normen zu zeigen. Da gebe es, ja, ein lesbisches Paar, aber auch unverheiratete Eltern oder eine Familie, in der Großeltern auf die Kinder aufpassen. „Keine Angst in Andersrum“, das für die ältere Gruppe gedacht sei, behandele tatsächlich Homosexualität – die intimste Handlung, die vorkommt, sei allerdings ein Händchenhalten. Es gehe jeweils einfach nur darum, für Toleranz zu werben – oder auch Kindern und Jugendlichen die Gewissheit zu geben, dass ein Leben oder Fühlen abseits markierter Linien sie nicht „unnormal“ macht.
Menschen, die so etwas nicht ertragen, denen aber dafür angeblich ganz stark die korrekte „Lëtzebuerger Sprooch“ am Herzen liegt (auch wenn das nur selten ihre Facebook-Einlassungen prägt), hören vielleicht immerhin gerne, dass Tatta Tom die ursprünglich deutschsprachigen Geschichten eigens in die Landessprache übersetzt hat – schließlich wolle er auch diese fördern.
Das sind wohl jene schlichten Gemüter die bei einem kleinen Quiz über Allgemeinbildung mit wehenden Fahnen untergehen würden. Dafür kennen sie sich mit " Kotz-Emojis" usw. bestens aus. Ich glaube nicht dass KI uns da raushauen wird. Smart-Phone und TV-Programme lassen Gehirne absterben.(Prof.Spitzer). Allerhand.
"„Fir ze Katzen und Eckelhaft“,"
E puer Feeler an engem Saz vu 5 Wieder, do hunn déi wierklech gewisen, dass se méi oft sollen an d'Bibliothéik goen an net fir ze kregéilen.