Auf den Außentischen der Restaurants in der Fußgängerzone stehen NATO- und Ukraine-Flaggen, auf Transparenten wird die Ukraine als 33. Mitglied der NATO begrüßt und auf den Bussen mahnen großformatige Aufdrucke: „Während Sie auf diesen Bus warten, wartet die Ukraine auf F-16-Kampfjets.“ Dazu die bildliche Anmutung von „Strandpartys auf der Krim“. Szenen, die in einer westeuropäischen Stadt denkbar wären? Vermutlich nicht einmal im Ansatz. In Vilnius sind sie in diesen Tagen Realität. Sie machen die besondere Stimmung des NATO-Gipfels an der Ostflanke des Bündnisses aus. Und die versucht Gastgeber Litauen auch in die Gipfelberatungen hineinzubringen. Auf dem Weg zum Kongresszentrum kommen die Teilnehmer an Dutzenden von Informationen vorbei, nach denen 89 Prozent der Litauer die Ukraine zum NATO-Mitglied machen wollten.
Bei Außenministerin Annalena Baerbock ist die besondere Stimmung jedenfalls angekommen. Nirgendwo anders in Europa sei der „Herzschlag für die Ukraine“ derart stark wie hier. In dem Gespräch am Rande des Gipfels will Baerbock sich aber noch nicht darauf einlassen, ob das E-Wort im Gipfelbeschluss stehen wird. E wie Einladung. Während die Staats- und Regierungschefs noch beraten und ihre Chefunterhändler miteinander ringen, versucht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Sache in seinem Sinne von außen zu beeinflussen. „Unerhört und absurd“ wäre es aus seiner Sicht, wenn die NATO keinen Zeitplan festlege, weder für eine Einladung noch für eine Mitgliedschaft, kommuniziert er via Twitter.
Das Dokument steht noch nicht, da ist der zunächst erst am Mittwoch erwartete Selenskyj bereits am Dienstag in Vilnius eingetroffen, bereitet sich auf einen öffentlichen Auftritt mitten in der Altstadt am frühen Abend vor. Die Bilder werden auch eine Botschaft senden. Schließlich will er auf einem zentralen Platz der Stadt eigenhändig die ukrainische Flagge hissen. Es wird gleichwohl nur eine von Tausenden sein, die im Stadtbild zu sehen sind.
Weitere militärische Unterstützung
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat eine Dreifach-Strategie vorbereitet, um die ukrainischen Wünsche nach Zeitplan und Einladung aufzufangen. Da ist die Aufwertung der Nato-Ukraine-Beziehungen durch einen NATO-Ukraine-Rat. Mindestens viermal im Jahr soll er tagen, die Premiere starten die Staats- und Regierungschefs auf allerhöchster Ebene gleich an diesem Mittwoch. Da ist die Zusicherung aller NATO-Mitglieder, die Ukraine aufzunehmen – verbunden mit dem diplomatischen Kniff, den sonst vorgeschalteten Prozess einer Heranführung eines Bewerberstaates an die Militärstandards der NATO fallen zu lassen. Damit wird aus zwei Schritten bis zur Mitgliedschaft nur noch einer. Und da ist die Versicherung der NATO-Mitglieder, die Ukraine noch mehr und noch intensiver zu unterstützen – und dabei an NATO-Standards heranzuführen. Denn, so betont Stoltenberg immer wieder, wenn die Ukraine den russischen Angriffskrieg nicht als freie und demokratische Nation in Europa überstehe, wären auch alle Beitritts-Angelegenheiten hinfällig.
Und so legen die eintreffenden Spitzen der NATO-Länder weitere Selbstverpflichtungen auf den Tisch. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz etwa kommt mit einem weiteren 700-Millionen-Paket. Darin stecken Startsysteme für Patriot-Flugabwehrraketen, 40 Marder-Schützenpanzer, 25 Leopard-1-Kampfpanzer, Drohnen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schließt sich an mit der Ankündigung, Scalp-Marschflugkörper zu schicken. Die Ukrainer haben bereits welche von den Briten bekommen. Sie waren zunächst als Waffenhilfe schwer vorstellbar, weil sie eine Reichweite von über 500 Kilometern haben.
Die Einladung kommt später
Und die Teilnehmer kommen mit mehr oder weniger deutlichen Zusicherungen für eine Zukunft der Ukraine in der NATO. Polens Präsident Andrzej Duda will bei seiner Ankunft, dass der Gipfel „einen direkten Weg für die Ukraine in die NATO“ baut. Hinter verschlossenen Türen klingen die Wortbeiträge etwas anders. Die Ukraine werde sicherlich eine Einladung zur Mitgliedschaft erhalten, „aber nicht heute“, lautet eine Formel. Eine andere folgt dem Gedanken, dass die Einladung zu einem Zeitpunkt an die Ukraine geschickt werde, an dem die Mitglieder der Meinung seien, dass die Voraussetzungen dafür gegeben seien. So steht es am späten Nachmittag auch im Gipfel-Beschluss. Die Einladung komme, „wenn sich die Mitglieder einig und die Bedingungen erfüllt sind“. Auf die beißende Kritik von Selenskyj angesprochen, versichert Stoltenberg, die Formulierung sei eine „starke, einige und positive“ Nachricht an die Ukraine.
Parallel dazu basteln NATO-Mitglieder, die zugleich dem G7-Club der größten Industrienationen angehören, an Sicherheitsgarantien für die Ukraine, die „nach dem Frieden“ wirken sollen, wie es Scholz leicht missverständlich formuliert. Er meint als Startpunkt die Zeit nach einem Friedensschluss. Zugleich geht es in Vilnius darum, die NATO als Verteidigungsbündnis neu aufzustellen. Das sind regionale Ausplanungen der konkreten Verteidigung im Fall eines Angriffes. Das sind aber auch neue Vorsätze für die Verteidigungsausgaben. Zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt sollen nicht mehr das Ziel aller Anstrengungen sein, sondern als neue Basis dienen.
Hoffentlich hat der nicht lustige Komiker die Botschaft verstanden und gespeichert!
Der kleine größenwahnsinnige Schauspieler ist erst einmal ausgebremst! Europa kann aufatmen auch wenn das vielen nicht gefällt.