Junnila trat am Freitag zurück, da er in der Vergangenheit Hitler-Witze gerissen und Abtreibungen in Afrika zur Lösung des Klimaproblems empfohlen hatte. Auch hatte er Kontakte zu rechtsextremen Kreisen. Eine Vertrauensabstimmung im Parlament hatte der 41-Jährige noch knapp überstanden. „Es war die korrekte und einzig mögliche Lösung“, so die Reaktion von Regierungschef Petteri Orpo von der liberal-konservativen Partei „Nationale Sammlung“ (KoK).
Die Koalition, zu der auch die „Christdemokraten“ (KD) und die „Schwedische Volkspartei“ (RKP) gehören, wirkt erst seit zwei Wochen, die Beteiligung der Rechten mit sieben Ministerinnen und Ministern bringt nun immer mehr Spannungen mit sich.
Streit um Innenministerin
Die besagte Innenministerin zeigte sich als eine Anhängerin der „Großer Austausch“-Theorie, bei der nach dem Willen einer „globalen Elite“ die weiße Bevölkerung westlicher Länder durch Nichtweiße verdrängt werden soll. Auch der Attentäter von Christchurch in Neuseeland 2019, der 51 Menschen in Moscheen tötete, glaubte an die Existenz dieser Verschwörung. Der 53-jährige Petteri Orpo versprach, sich bald mit den Schriften seiner Innenministerin auseinanderzusetzen. Der Konservative mit typisch finnisch-zurückhaltendem Auftreten machte dabei keine gute Figur.
Nun sind die Konflikte präsent, die Kritiker der Koalition mit den Rechten vorhergesehen haben. Riikka Purra, die Chefin der „Basisfinnen“, sieht die aktuellen Vorwürfe als überzogen an, spricht von einer „offenen Wunde“. Und sie droht: „Die Regierung arbeitet entweder zusammen oder sie arbeitet gar nicht mehr.“ In den elfwöchigen Koalitionsverhandlungen setzte die 44-Jährige durch, dass Migranten, welche nicht aus der EU stammen, leichter abgeschoben werden können. Auch soll die Aufnahmequote von 1.500 Asylsuchenden auf 500 pro Jahr reduziert werden.
Die ehemalige Lehrerin, welche seit 2021 die Partei leitet, konnte mit einem gemäßigteren Auftritt mehr Wähler gewinnen. Gleichzeitig muss sie nun aber eine Abspaltung nach (weiter) rechts fürchten, sollte sie zu „zahm“ wirken. Mari Rantanen wird als finnische Innenministerin jedoch nicht so leicht abzusetzen sein. Denn sie verkörpert das Partei-Versprechen, die Bandenkriminalität von Jugendlichen, zumeist Migranten, einzudämmen. In Finnland gibt es große Befürchtungen, dass es zu einer ähnlichen Auseinandersetzung wie in Schweden kommt, wo im vergangenen Jahr 63 Personen erschossen wurden.
Keine Alternativen in Sicht
Grundsätzlich wird in Finnland eine Tradition der Mehrparteien-Koalitionen und eine politische Konsenskultur gelebt. Doch diesmal gibt es viele Gründe für einen ernsthaften Konflikt. So weigerten sich die Vertreter der „Schwedischen Volkspartei“ bei der Abstimmung am Mittwoch, dem rechten Wirtschaftsminister ihr Vertrauen auszusprechen. Schließlich sind die „Basisfinnen“, welche 1995 von Timo Soini gegründet wurden, eine Partei, die den Einfluss der schwedischen Minderheit zurückdrängen will, Schwedisch ist beispielsweise in Finnland weiterhin zweite Amtssprache.
Der Europa-Abgeordnete der PS, Teuvo Hakkarainen, beschimpfte die Partei der Minderheit, sie sei „vermutlich fortfahrend die Rassisten-Bande, welche die Finnischsprechenden unterdrücken.“ Ein extremer Spruch des ehemaligen Leiters eines Sägewerks, der jedoch unter den Wählern dieser Partei sehr populär ist. Hinzu kommt, dass Riikka Purra mit dem Erbe ihres Vorgängers Jussi Halla-aho zu tun hat. Dieser führte in seiner Amtszeit von 2017 bis 2021 die Partei weiter nach rechts und scheute sich nicht, den Wählern der Grünen die Vergewaltigung durch Migranten zu wünschen. Eine Alternative zu den Basisfinnen, welche nur zwei Sitze weniger als die Konservativen gewinnen konnten, hat Petteri Orpo wohl nicht.
Eine „große Koalition“ mit den Sozialdemokraten, die unter Sanna Marin zuvor regiert hatten, kommt kaum in Frage, da diese das radikale Sparprogramm nicht mittragen wollen. Orpo hat seine politische Glaubwürdigkeit damit verbunden, die Staatsverschuldung von 140 Milliarden Euro zu verringern.
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