Die Fusionsgemeinde Schengen, 2011 entstanden, wählt am Sonntag erstmals nach dem Proporzsystem. Einzig zwei Listen treten an. Bürgerlisten ohne klare Parteizugehörigkeit. Auf der einen Seite „Är Ekipp“ rund um Bürgermeister Michel Gloden sowie auf der anderen Seite „Besser Zesummen“, die ohne Spitzenkandidaten antritt, aber mit Tom Bellion, Direktor des hauptstädtischen Tourismusbüros, eine prominente Figur auf ihrer Seite hat.
Nach Wahlkampf sieht es in der Gemeinde nicht unbedingt aus. „Besser Zesummen“ glaubt manchmal, ob des neuen Wahlmodus eine gewisse Nervosität und Verunsicherung zu spüren. „Anders als sonst gilt ja nun die Tatsache, dass zuerst die Stimmen auf die Listen verteilt werden und innerhalb der Listen ein Ranking entsteht. Es gibt also kein globales Ranking mehr wie im Majorzsystem, aus dem der Schöffenrat ‘natürlich’ hervorgeht.“
Michel Gloden spricht im Namen von „Är Ekipp“ von Wahlkampagne statt von Wahlkampf. „Die Kampagne fühlt sich interessant und spannend an. Ich glaube nicht, dass unsere Mannschaft Wahlkampffieber hat, eher Vorfreude, dass am nächsten Sonntag gewählt wird.“
Die Suche nach einem Zentrum
Es sei die richtige Entscheidung gewesen, bei den ersten Proporzwahlen der Gemeinde als neutrale Bürgerlisten anzutreten. „Die Bürgerinnen und Bürger sind eher an Projekten und Ideen für die Entwicklung der Gemeinde interessiert, die Parteizugehörigkeit spielt hierbei eine untergeordnete Rolle“, so Gloden.
Wahlplakate scheinen ebenfalls keine wichtige Rolle zu spielen. „Wir haben bewusst darauf verzichtet, Plakate zu benutzen, und konsequent andere Kanäle bespielt“, betont „Besser Zesummen“. Für „Är Ekipp“ sei es wichtig gewesen, aus jedem Dorf Kandidaten und Kandidatinnen auf der Liste zu haben. „Natürlich haben diese die Wahlprogramme selbst ausgetragen.“
Schengen ist eine weitläufige Gemeinde. Ein historisch gewachsenes Zentrum gibt es nicht. Wo sollen Bewohner und Besucher zusammenkommen?
„Unsere Gemeinde zeichnet sich dadurch aus, dass wir eine Reihe von attraktiven Ortskernen haben. Uns ist es mindestens ebenso wichtig, Momente zu schaffen und zu unterstützen, wo Bewohner und Besucher zusammenkommen. Solche Gelegenheiten gibt es viele, dank eines aktiven Vereinslebens in den Ortschaften. Jedes Dorf soll seine Seele behalten“, so „Besser Zesummen“.
„Är Ekipp“ meint dazu: „Bereits in den vergangenen Jahren wurden einige Plätze in den Dörfern neugestaltet, um mehr Lebensqualität zu ermöglichen. Weitere Plätze werden hinzukommen, beispielsweise der Ausbau der Sporthalle in Elvingen. Des Weiteren wurden mehrere Spielplätze in der Gemeinde modernisiert und ausgebaut. Sie bieten den Kindern Spielvergnügen und den Eltern die Möglichkeit, ihre Freizeit gemeinsam mit anderen Familien zu verbringen.“
Wäre der Ortsteil Schengen mit Europamuseum und „Marie-Astrid“ und Schloss ein solcher Platz?
Shared Space in Schengen
„Besser Zesummen“: „Durch das Schengen-Abkommen hat sich diese Ortschaft über die Jahre zum Besuchermagneten in unserer Gemeinde entwickelt. Es wäre natürlich von Vorteil, spätestens mit der Ankunft der historischen ‚Marie-Astrid’ den Platz vor dem Museum wesentlich einladender und attraktiver zu gestalten. Dazu gehört unabdinglich eine Verkehrsberuhigung, z.B. ein Shared Space.“
„Är Ekipp“: „Schengen wird bestimmt ein etwas anderes Gesicht bekommen. Das Museum wird modernisiert und neugestaltet, das Passagierschiff ‚MS Marie-Astrid’, auf dem 1985 der schrittweise Abbau von Grenzkontrollen vereinbart wurde, kommt zurück. Die durch den Shared Space geplante Verkehrsberuhigung ermöglicht Einwohnern wie Touristen ein anderes Erlebnis, vor allem mehr Sicherheit.“
Wie stehen Sie zur Initiative von Unternehmer Guy Rollinger, das Schloss zu vermieten, notfalls auch in Teilen?
„Besser Zesummen“: „Das Schloss ist im Privatbesitz und der Besitzer entscheidet, was er damit macht, oder nicht. Leider beginnt es mittlerweile zu verfallen. Gerne wären wir bei Gesprächen mit dem Besitzer und anderen Akteuren dabei, um zu schauen, wie das ehrwürdige Schloss sinnvollerweise in eine gesamte Tourismus- und Kulturstrategie der Gemeinde Schengen eingebunden werden könnte.“
Wäre es nicht besser, dass die Gemeinde das Schloss übernimmt und verwaltet?
„Besser Zesummen“: „Verwalten ist ein großes Wort. Inwieweit die Gemeinde sich einbringen sollte oder könnte, müsste in einem Gesamtkonzept erarbeitet werden. Da hängen ja auch unweigerlich Finanzierungsfragen dran. Aber warum nicht über eine Public-private-Partnership nachdenken?“
„Är Ekipp“: „Da das Schloss in Privatbesitz ist, stellt sich die Frage nicht, ob die Gemeinde das Schloss verwalten möchte. Wir sind aber weiterhin interessiert, dass das Schloss wieder schnellstmöglich als Hotel benutzt werden kann. Hierzu sind hohe Investitionen notwendig. Die Gemeinde ist weiterhin jederzeit gesprächsbereit, um zusammen mit dem Besitzer bzw. einem Investor an einem touristischen Projekt zu arbeiten.“
Welchen Platz soll das Areal des ehemaligen Campings mit Bootshafen in Schwebsingen einnehmen?
Bessere Verkehrsanbindungen
„Besser Zesummen“: „Es ist zu bedauern, dass das Gelände seit mehreren Jahren brachliegt. Wir sind der Meinung, dass der einzige Luxemburger Bootshafen von nationalem Interesse ist und als solcher, zusammen mit staatlichen Instanzen, modernisiert und gegebenenfalls ausgebaut werden soll. Wir denken, dass ein großes Potenzial besteht, um Wohnmobil-Plätze mit Hafenromantik anzubieten. Machen wir doch aus dem ‚Schwéidsbenger Hafen’ die ‚Schengen-Marina’ in Schwebsingen. So schaffen wir Arbeitsplätze und bieten den lokalen Produzenten und Geschäften eine attraktive Verkaufsplattform. Das Gelände darf in unseren Augen nicht zur Party-Meile werden.“
„Är Ekipp“: „Die Gemeinde arbeitet mit einem Planungsbüro an einem Projekt. Das ehemalige Campinggelände soll verschiedenen Ansprüchen genügen. Es werden weitere Stellplätze für Camping-Cars vorgesehen, Glamping-Unterkünfte, Freizeitmöglichkeiten für Jugendliche, die Möglichkeit schaffen, Feste, Märkte etc. zu organisieren. Ein Ausbau des Hafens ist nicht geplant.“
Was die Zukunft der Baggerweiher im Haff Réimech anbelangt, unterscheiden beide Listen sich kaum. Das Naturschutzgebiet in Remerschen müsse respektiert und die Attraktivität des Standorts ausgebaut werden.
Auch was die Verkehrsanbindung der Gemeinde in Richtung Süden und Luxemburg-Stadt anbelangt, liegen beide Listen auf einer Linie. „Wir hören, dass manche Einwohner mit der Reorganisation des RGTR nicht glücklich sind“, so „Besser Zesummen“. „Vor allem an Wochenenden gibt es noch einige Verbesserungsmöglichkeiten nach Luxemburg-Stadt“, so „Är Ekipp“.
Schulcampus Remerschen
Lange vor den Wahlen hat ein Projekt die Einwohner und Politiker der Gemeinde Schengen viel beschäftigt, nämlich das Schulprojekt in Remerschen.
„Besser Zesummen“: „Wir haben der aktuellen Majorität bereits vor Monaten vorgeschlagen, das Projekt auf Eis zu legen und nach den Wahlen gemeinsam zu schauen, welche Lösungen für die Schüler, die Eltern, das Personal und die Bewohner die besten sind. Uns scheint, dass das Projekt auf Biegen und Brechen durchgezogen werden soll. Mit dieser Haltung unserer Mitbewerber ist es kein Fusionsprojekt, sondern ein Spaltungsprojekt. Das ist sehr schade und entgegen unserem Leitmotiv ‚Besser Zesummen’. Und ein Finanzierungsmodell wurde bis heute der Öffentlichkeit nicht vorgestellt.“
„Är Ekipp“: „Die Planungen für das zukunftsweisende Projekt der Gemeinde Schengen, der Bau des geplanten Schulcampus inklusive einer CGDIS-Kaserne, werden forgesetzt werden, wenn die Wähler uns weiterhin ihr Vertrauen schenken.“
Ganz gleich, wie die Wahlen am Sonntag ausgehen, beide Bürgerlisten sehen sich in der Pflicht, die Bürgerbeteiligung zu stärken und noch bessere Gemeindedienstleistungen anzubieten. Gegen den von „Besser Zesummen“ vorgeschlagenen Fusions-Check hat auch „Är Ekipp“ nichts einzuwenden. Was die Fusion selbst anbelangt, gibt es, wie „Besser Zesummen“ es klar formuliert, „kein Zurück“.
Die Valentiny-Affäre
Architekt François Valentiny hat große Projekte entlang der Mosel realisiert. Was den Schulcampus in Remerschen anbelangt, haben die Verantwortlichen der Gemeinde Schengen nun aber Stopp zur Zusammenarbeit gesagt. Anwälte werden sich jetzt mit dieser Scheidung befassen müssen. „Wir liegen einfach nicht mehr auf einer Linie“, bedauert Bürgermeister Gloden. Es gehe allerdings nur um dieses eine Projekt. Bei einigen anderen würde durchaus mit dem Architektenbüro weitergearbeitet.
Alles déi réngste Spillschoull,vun Gemengepolitik null Ahnung.