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Editorial / Bröckelnde Bastionen
Stadt Luxemburg gilt als DP-Hochburg. Doch bleibt das auch so? Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Abfolge, wie sie der britische Historiker Paul Kennedy einst über den „Aufstieg und Fall der großen Mächte“ festgelegt hat, gilt auch für Rathäuser, in denen seit mehreren Jahrzehnten ein und dieselbe Partei herrscht: „Aufstieg, Überdehnung, Erschöpfung, Abstieg“. Nur kann die letzte Phase gegebenenfalls durch den Begriff der „Abwahl“ oder den des „freiwilligen Abgangs“ ersetzt werden.

So wie einst die CSV das Image der Staatspartei hatte und Parteiikonen wie Pierre Werner und Jean-Claude Juncker als Überväter galten, gibt es bis heute Gemeinden, die seit einer gefühlten Ewigkeit von einer bestimmten Partei dominiert werden: etwa die Hauptstadt, nach mehr als einem halben Jahrhundert liberaler Herrschaft, davon 27 Jahre lang mit Lydie Polfer als Bürgermeisterin; das seit 77 Jahren von der LSAP regierte Düdelingen, vom Lëtzebuerger Land als „The Golden City“ bezeichnet; und das von der CSV dominierte Hesperingen – nur drei von vielen möglichen Beispielen.

Einige Langzeit-Gemeindeoberhäupter wollen es bei den Wahlen am nächsten Sonntag noch mal wissen: etwa das „Phänomen“ Polfer, wie das Online-Magazin Reporter die mit allen Wassern gewaschene DP-Politikerin nennt, deren Karriere „von akribischem Verwalten, politischen Stunts und polemischen Zwischentönen“ geprägt sei und deren Ära als Gemeindeoberste nur von Paul Helmingers Interregnum und Xavier Bettels Intermezzo unterbrochen wurde.

Weise Worte schleuderte unlängst „déi gréng“-Kandidatin Lea Vogel Amtsinhaber Gilles Roth (CSV) in Mamer entgegen: „Jede Gemeinde benötigt nach einer gewissen Zeit eine Veränderung.“ Roth hatte sein Amt angetreten, als die 19-Jährige noch nicht geboren war. Lea Vogels Worte erinnern an das berühmte Zitat aus Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman „Il Gattopardo“: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, muss alles sich ändern.“ Schließlich steht solide Lokalpolitik für Kontinuität, ökonomische Weitsicht und Fingerspitzengefühl – nicht für reines Verwalten. Wie aus dem Fußball bekannt, kann schnöde Ergebnisverwaltung à la Catenaccio ins Auge gehen.

Lange Zeit galt die Kommunalpolitik als das Bollwerk der LSAP gegen die Dominanz der CSV auf nationaler Ebene – bis sich die Verhältnisse umkehrten: Nachdem die Sozialisten 2011 von einer Dreierkoalition unter Führung von Laurent Zeimet (CSV) aus dem Bettemburger Rathaus gekegelt worden waren, endete zwei Jahre später mit Blau-Rot-Grün die christsoziale Epoche. Beim letzten kommunalen Urnengang legte die CSV landesweit um 40 Mandate zu und kam auf insgesamt 209 Proporz-Gemeinderäte, während die LSAP von 168 auf 155 zurückfiel, die DP auf 108 kam und die Grünen auf 77 Mandate. Die Verhältnisse haben sich also im Lauf der Zeit umgekehrt.

Die rote Hochburg Esch wurde 2017 von einer Dreierkoalition erobert, nachdem die einstige LSAP-Bastion Differdingen zuerst ihr blaues Wunder erlebt hatte und dann die vermeintliche Meisch-Dynastie 2017 unter einem grünen Erdrutschsieg verschwand. Wahlen sind eben keine Selbstläufer, und Wählerstimmen nicht „Vox populi, Vox Rindvieh“, wie es einmal Bayerns Ministerpräsident Franz Josef Strauß sagte. Ein Skandal, eine Affäre zu viel – die Erosion setzt ein und schon bröckelt die Burg.

Robert Hottua
3. Juni 2023 - 14.53

Guten Tag Herr Kunzmann,
die Herren Pierre WERNER und Jean-Claude JUNCKER waren Überväter einer Partei, die im Odium des Nationalsozialismus steht. Bis heute erzeugt dieses Odium verbarrikadierte kollektive Gedächtnisräume. Das Buch vom luxemburgischen Historiker Emile KRIER "Deutsche Kultur- und Volkstumspolitik von 1933-1940 in Luxemburg" könnte dabei behilflich sein, die Zugangsbarrikaden abzubauen. Dieses 1978 von der philosophischen Fakultät der Universität Bonn veröffentlichte Buch fristet ein Kasemattendasein. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie, Herr KUNZMANN, dabei behilflich wären, diesem wertvollen Buch zu einem Comeback zu verhelfen.
MfG
Robert Hottua