Das neueste Projekt des Jazz-Bassisten, Filmkomponisten und Arrangeurs Kyle Eastwood heißt „Eastwood Symphonic“ und ist eine Hommage an seinen Vater Clint Eastwood. Im Konzert in der Luxemburger Philharmonie interpretieren Kyle Eastwood und sein Quintett Filmmusikern aus berühmten Filmklassikern des amerikanischen Schauspielers, dies an der Seite des „Orchestre philharmonique du Luxembourg“, das unter der Leitung von Gast Waltzing stand. Dieses Pops-Konzert war in manchen Hinsichten interessant, zumal es auf kongeniale Weise verschiedene Musikstile miteinander verband, nämlich Soundtrack, Jazz und klassisches Symphonieorchester. Großes Lob demnach für die hervorragenden Arrangements von Jean-Jacques Maillet, Gast Waltzing und Andrew McCormack. Der große Saal der Philharmonie war voll besetzt und demnach ein Beweis dafür, dass solche erstklassig gemachten Pops-Konzerte auch ihr Publikum in Luxemburg haben. Und eines sicherlich nicht sind, nämlich Konzerte zweiter Klasse.
Cross-Over-Projekte haben unter Kennern nicht den besten Ruf, aber wenn sie intelligent konzipiert und musikalisch hochwertig sind, dann können sie zu einem echten Erlebnis werden. Das Publikum in der Philharmonie jedenfalls war begeistert. Und das zu Recht. Einerseits waren die Filmmusiken klug ausgewählt und wurden von Kyle Eastwood (Bass und künstlerischer Leiter des Projekts), Quentin Collins (Trompete), Brandon Allen (Saxofon), Chris Higgingbottom (Drums), und Andrew McCormack (Klavier), erstklassig umgesetzt. Das „Orchestre philharmonique du Luxembourg“ trumpfte mit sattem Klang auf und Gast Waltzings dynamisches und koordinierendes Dirigat ließ keine Unsicherheiten zu. So konnte sich der Zuhörer entspannt zurücklehnen und mit den Kompositionen von Ennio Morricone, John Williams, Kyle und Clint Eastwood, Lennie Niehaus und Michael Stevens in Clint-Eastwood-Filme wie „Magnum Force“, „Dirty Harry“, „The Eiger Sanction“, „Flags of our Fathers“, „Letters from Iwo Jima“, „Bird“, „The Bridges of Madison County“, „Changeling“, „Gran Torino“, „Unforgiven“, „A Fist full of Dollars“ und „The Good, the Bad and the Ugly“ (welch tolles Arrangement von Gast Waltzing!) versetzt werden. Die „Eastwood’s Ouverture“, ein Medley, das den Abend einleitete, zeigte das Können des luxemburgischen Komponisten Jean-Jacques Maillet. Nachdem das Eastwood Symphonic-Projekt am 5. Mai in Stavanger Premiere hatte und am 20. Mai in Coutances auftrat, wird es noch weitere Konzerte in Prag (21. Juni), Perugia (8. Juli), Cannes (15. Juli), Orange (18. Juli), Paris (11. Oktober), Liechtenstein (11. November), Nizza (17. November), Montpellier (25. November) und Mouilleron-le-Captif (9. Dezember) geben, allerdings mit jeweils lokalen Symphonieorchestern, aber immer unter der Leitung von Gast Waltzing.
Platzverweis für Kind und Mutter
Einige Tage später kam es zu einer weiteren interessanten und ungewöhnlichen musikalischen Begegnung, diesmal im Kammermusiksaal der Philharmonie. Der Countertenor Bejun Mehta war hier in Liedern und Arien von W. A. Mozart, L. v. Beethoven, J. Haydn, H. Purcell und B. Britten zu hören. Am Klavier wurde er von Jonathan Ware begleitet. Ein Konzert, das dadurch außergewöhnlich war, dass der Großteil der hier vorgestellten Stücke ursprünglich für andere Stimmlagen geschrieben wurde. Der Countertenor vermischte somit das Repertoire von Mezzosopran, von Sopran und von Tenor und ließ das Publikum an einem einzigartigen Konzert teilhaben.
Allerdings war das Programm mit nur etwas mehr als einer Stunde Dauer recht kurz geraten, was vielleicht erklärte, warum diesmal viele Plätze leer geblieben sind. Einige Sympathien verspielte Mehta, als er sich nach dem ersten oder zweiten Stück über einen kleinen Jungen, der mit seiner Mutter in der ersten Reihe saß, wohl hinter der Bühne beschwert hatte, sodass Kind und Mutter aufgefordert wurden, den Platz zu räumen und sich ganz nach hinten zu setzen. Dass Bejun Mehta nach einem so kurzen Programm und trotz des herzlichen Beifalls des Publikums sich zu keiner Zugabe hinreißen lassen wollte, machte den Countertenor an diesem Abend auch nicht sympathischer. Musikalisch aber war es ein guter Abend, wenn ich auch Beethovens Liederzyklus „An die ferne Geliebte“ von einem Tenor gesungen vorziehe. Trotzdem: Phrasierung, Textverständlichkeit, Interpretation waren extrem gut herausgearbeitet.
Das Gleiche kann man ebenfalls über die anderen Stücke sagen. Mehta hatte jede Arie und jedes Lied sehr minutiös vorbereitet; seine Stimme und sein Vortrag erwiesen sich demnach perfekt für Brittens „Canticle I“ und Henry Purcells „Man is for women made“ und „Now that the Sun hath veiled his Light“, bei in der Bearbeitung von Benjamin Britten. Schade, dass das Publikum nur zwei von den sechs English Canzonettas zu hören bekam, es wäre genug Zeit gewesen, alle sechs zu singen. So wunderbar Mehta auch sang, bei dem Rezitativ und der Arie „Ombra felice“ von W. A. Mozart und bei der Kantate „Arianna auf Naxos“ ließ er Routine durchscheinen und so vermisste man dann doch die innere Teilnahme und dramatische Gestaltungskraft. Die aber hörte man in jedem Takt beim Pianisten Jonathan Ware. Schade also, dass dieses Konzert für Bejun Mehta wohl nur business as usual zu sein schien.
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