Es war die ungemein kreative Schöpfungsgabe von George Lucas und die überaus geschmeidige, fließende Erzählkunst von Steven Spielberg, die diesem Abenteurer sein Antriebsmoment verlieh und seine Faszination, auch nach einem weniger erfolgreichen vierten Teil, bis heute, so scheint es, ungebrochen lassen.
Der Regisseur James Mangold muss beide Zutaten dieser Erfolgsformel bestens verinnerlicht haben, denn es ist bereits die Exposition von „The Dial of Destiny“, die so stimmungsvoll den Ruf des Abenteuers heraufbeschwört, dem es gilt, Folge zu leisten.
Rahmendes Zeitfenster ist nun das Wettlaufen der Supermächte im Kalten Krieg: Die Eroberung des Weltalls ist mit der Mondlandung gelungen, die Jagd nach verborgenen Schätzen scheint niemanden mehr wirklich zu interessieren. Doch nicht so einige verbliebene Nazis rund um den hartnäckig suchenden Forscher Jürgen Voller – sie streben nach der Kontrolle der Zeit, dafür soll ein verloren geglaubtes Artefakt, das Antikythera, des griechischen Mathematikers Archimedes dienen, dem übernatürliche Kräfte nachgesagt werden. Um dies zu verhindern, muss Indiana Jones nochmals zu Hut und Peitsche greifen.
Übernatürliches vs. faktenbasierte Erforschung
Die Handlung dieses abstrusen, aberwitzigen Films hier weiter auszuführen, würde in die Leere laufen, denn obwohl überwiegend als Abenteuerfilme rezipiert, waren die Science-Fiction und Fantasyelemente immer schon in die Reihe eingeschrieben. Demgemäß steht das Übernatürliche im Widerstreit mit der akademischen, faktenbasierten Erforschung.
Die Schatzsuche interessiert hier nun wirklich nur noch oberflächlich, sie ist Aufhänger für das Abspielen der bekannten actiongeladenen Nummern des Franchises, in der eine Verfolgungsjagd in die nächste mündet. Viel ergiebiger scheint da der tiefengelagerte Resonanzraum rund um die Figur des Indiana Jones: Wenn „The Kingdom of the Cristal Skull“ mit viel Selbstironie seinen alternden Schatzsucher beschaute, so ist der Blick von „The Dial of Destiny“ ein ganz elegischer, einfühlsamer auf den gealterten Helden.
Ganz deutlich setzt der Film das Körperbild im hohen Alter in Szene, zeigt, was aus diesem Mann geworden ist, den die Last der Altersschwäche besonders getroffen hat, beraubt sie ihn doch der Vitalität, ohne die kein Pferderitt so richtig gelingt, keine Felsenwand mühelos erklommen werden kann.
Bemerkenswerterweise ist Ford nun älter als Sean Connery, der 1989 in „The Last Crusade“ noch dessen Vater verkörperte. So wie Connery ein Heldenbild der Sechziger- und Siebzigerjahre ausbildete, das mit dem des jüngeren, draufgängerischen Ford der Achtziger- und Neunzigerjahre in Reibung geriet, so ist es hier die junge Helena Shaw, eine Frau voller Neugierde und Tatendrang – von Phoebe Waller Bridge mit viel Witz und Freude an der Überspitztheit porträtiert –, die die Ikone ablöst.
Das Glück liegt im Verzicht
In allen Fällen steht da aber nach wie vor die erbauende Erkenntnis, die Reise als Selbstfindungsprozess zu verstehen. Für diesen Abenteurer gilt immer noch: Das Glück liegt im Verzicht – das unterscheidet Indiana Jones von seinem schurkischen Nazi-Gegenspieler, den Mads Mikkelsen indes so charismatisch gibt, dass man fast von einer Fehlbesetzung sprechen möchte.
„Dial of Destiny“ ist nicht zuletzt auch eine Reverenz an die ehemaligen Großproduktionen aus Hollywood, die mit den Mitteln der Erzählkunst zu überzeugen wussten, ferner mit einem versierten Schauspieler, der mit ebenso einnehmender Präsenz aus Physis und Schalk zu wirken vermochte.
Eine Abenteuerlust wird da auf der Leinwand gebündelt, die zeitgenössische Genrefilme so nicht zu erreichen wissen, man denke da nur an „Uncharted“ (2022) – eine kohärente, halbwegs intelligente Geschichte zu erzählen, hat man da definitiv zugunsten von Special Effects aufgegeben. Es wird aber anhand dieses Modus der nostalgischen Rückbesinnung auf das klassische Vorbild, das seinerzeit allenfalls als postmoderne Genrereverenz angelegt war, zunehmend ersichtlich, dass die Formensprache des zeitgenössischen Blockbusterkinos in einer Endlosschleife eingeschlossen ist.
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