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Wahlen 2023Männerwelt Kommunalpolitik: In Luxemburg stellen sich mehr Männer als Frauen zur Wahl

Wahlen 2023 / Männerwelt Kommunalpolitik: In Luxemburg stellen sich mehr Männer als Frauen zur Wahl
 Grafik: Tageblatt

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In genau einem Monat finden die Kommunalwahlen in Luxemburg statt. 3.847 Kandidaten gehen ins Rennen, 1.134 Posten in den Gemeinderäten sind im Spiel. Wir haben uns die Wahllisten genauer angeschaut – und werden in den kommenden Wochen verschiedene Aspekte vorstellen. Heute geht es um die Parität zwischen den Geschlechtern. 

Die allgemeine Situation

Luxemburg hat in Sachen Gleichberechtigung noch nachzubessern. Das geht auch aus dem EU Equality Index 2022 hervor, wo das Großherzogtum 73,5 von 100 möglichen Punkten bekommt und somit auf Platz neun im direkten Vergleich landet. Ins Gewicht fällt dabei auch der relativ niedrige Wert im Bereich „Macht“, wo es um die Beteiligung von Frauen u.a. in der Politik geht. Während Frauen im Parlament knapp 35 Prozent ausmachen, sind nur knapp ein Viertel der Posten in der Lokalpolitik von Frauen besetzt. 

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Richtige Richtung und doch ganz weit weg: Mehr Frauen braucht die Politik

Bei den Kommunalwahlen werden weniger Frauen als Männer in den Gemeinden ins Rennen gehen. Von insgesamt 3.847 Kandidaten sind 1.483 Frauen. Das sind 38,5 Prozent. Das ist keine neue Situation: Bereits in den Vorjahren gab es deutlich mehr männliche Kandidaten. Doch im direkten Vergleich mit den Wahlen 2017 geht ein klarer Fortschritt hervor. Damals waren von 3.575 Kandidaten 1.274 Frauen, also 35,6 Prozent. Insgesamt ist zu den vergangenen Wahlen ein Plus von 281 Kandidaten zu verzeichnen – u.a. durch den Wachstum in den Gemeinden bedingt. Doch hier macht sich ein langsamer Wandel bemerkbar: Die überwiegende Mehrheit der zusätzlichen Kandidaturen kommt dabei von Frauen (+211).

Proporz- vs. Majorzgemeinden

Vor allem die größeren Gemeinden rücken immer näher an eine wirkliche Parität heran: In den Proporzgemenden sind 40 Prozent der Kandidaten Frauen. In den kleineren Gemeinden, wo sich Bürgerlisten mobilisieren oder sich die Menschen einzeln für die Wahl aufstellen, liegt der Frauenanteil bei nur 25 Prozent. Die treibende Kraft scheinen also die Parteien zu sein. 

Nur in einer einzigen Proporzgemeinde sind die Frauen in der Mehrheit: In Befort treten 19 Kandidaten insgesamt an, 10 von ihnen sind Frauen. In Walferdingen und Strassen scheint es fast, als hätten die Parteien sich abgesprochen: Hier sind ebenso viele Frauen wie Männer am Start. In Redingen wiederum sind prozentual die wenigsten weiblichen Kandidaten am Start: Von 28 Kandidaten sind nur 25 Prozent Frauen. 

Bei den Majorzgemeinden zeigt sich: Je weniger Kandidaten, desto deutlicher die Extreme. In 14 Gemeinden liegt der Frauenanteil unter den Kandidaten bei weniger als 20 Prozent, dabei liegt der Anteil der Frauen in der Gesamtbevölkerung in all diesen Gemeinden weit über 40, teilweise sogar über 50 Prozent. In der Ernztalgemeinde und in Waldbredimus (das nach den Wahlen mit Bous fusioniert) sind von jeweils zehn Kandidaten gar keine Frauen am Start. In drei Gemeinden sind Frauen in der Mehrheit: Biwer, Dalheim und Manternach. Die genaue Aufschlüsselung des prozentualen Frauenanteils in den jeweiligen Gemeinden finden Sie auf der nachfolgenden interaktiven Karte. 

Geografische Unterschiede

Deutliche Unterschiede fallen ins Auge, wenn man die Wahllisten der einzelnen Gemeinden ihren Bezirken zuordnet. Die wenigsten Frauen stellen sich im Norden des Landes zur Wahl. 679 Kandidaten kandidieren in 35 Nordgemeinden, nicht mal ein Drittel von ihnen sind Frauen (30,5 Prozent): Insgesamt wagen nur 207 Frauen (gegenüber von 472) den Schritt, sich zur Wahl zu stellen. In neun Gemeinden im Bezirk Norden sind weniger als 20 Prozent Frauen am Start. 

Luxemburgs Süden hingegen ist deutlich paritätischer: Hier sind 41 Prozent der 1.583 Kandidaten in den 23 Gemeinden Frauen (652). Frauen sind in keiner Gemeinde in der Überzahl, stellen aber auch nirgends weniger als 20 Prozent der Listen. Der Nord/Süd-Unterschied ist wohl auch durch die Verteilung der Gemeinden bedingt: Im Norden gibt es mehr kleinere Majorzgemeinden (24 von 35), während Proporzgemeinden (19 von 23) die Mehrheit des Südens ausmachen. 

Im Osten (23 Gemeinden) liegt der Frauenanteil der Kandidaten bei 37 Prozent. Hier stellen sich in den elf Proporz- und zwölf Majorzgemeinden insgesamt 589 Kandidaten zur Wahl. Alle vier Gemeinden, in denen Frauen die Mehrheit der Kandidaten ausmachen, gibt es in diesem Bezirk. In drei Gemeinden sind weniger als 20 Prozent Frauen am Start. 

996 Kandidaten treten bei den Gemeindewahlen in den 21 Gemeinden des Bezirks Zentrum an. 15 davon sind Proporz-, sechs Majorzgemeinden. Ins Rennen um die Gemeinderatsposten gehen hier 406 Frauen (40,7 Prozent) und 590 Männer.

So halten’s die Parteien

Nah dran an der Parität sind „déi gréng“: Sie sind in insgesamt 36 Gemeinden mit einer Wahlliste vertreten und stellen so 491 Kandidaten. 237 davon sind Frauen, 254 Männer. Damit liegt die Partei bei einem Frauenanteil von 48,3 Prozent. 14 Listen sind mehrheitlich weiblich. In Clerf stellt die Partei sogar die Liste mit den meisten Frauen im landesweiten und parteiübergreifenden Vergleich: Acht Frauen und drei Männer stellen sich von „déi gréng“ in der Nordgemeinde zur Wahl – das sind 72,7 Prozent. 

Auf Platz zwei folgt „déi Lénk“. Die Partei stellt 135 Kandidaten in sieben Gemeinden. 45,9 Prozent davon sind Frauen (62). Auf zwei der Wahllisten der Partei machen Frauen mehr als 50 Prozent aus. 

Aufs Paritättreppchen schafft es auch die CSV: 254 von insgesamt 601 Kandidaten sind weiblich (42,3 Prozent). Die Partei stellt Wahllisten in 45 Gemeinden. Nur in Lorentzweiler liegt der Anteil der Frauen unter 20 Prozent. In sechs Gemeinden sind mehr als die Hälfte ihrer Kandidaten Frauen. 

Danach folgt die LSAP mit einem Frauenanteil von 42,2 Prozent. Die Sozialisten stellen insgesamt 37 Gemeinden 529 Kandidaten, 223 davon Frauen.  Auf nur einer Liste (Echternach) sind unter 20 Prozent der Liste Frauen, auf zehn stellen sie mehr als die Hälfte. 

Mit ihren drei Listen kommt die KPL auf 49 Kandidaten, 20 von ihnen Frauen, was 40,8 Prozent entspricht.

Die „neue Volkspartei“ DP stellt zwar die meisten Listen im Parteienvergleich, doch unter den großen Parteien bildet sie das Schlussschlicht im Geschlechtervergleich. 623 Kandidaten treten für die DP an, 239 davon Frauen (38,4). In vier Gemeinden (Wintger, Rosport-Mompach, Clerf und Betzdorf) machen Frauen weniger als 20 Prozent der Liste aus. Die DP hat auch die wenigsten Listen mit einer Mehrheit Frauen: Nur in fünf Gemeinden sind mehr als 50 Prozent der Parteikandidaten Frauen. Vergleicht man die Listen der Partei in den einzelnen Bezirken, werden auch deutliche Unterschiede merklich: Während die DP Norden auf nur 31,9 Prozent Frauenanteil kommt, erreicht die Partei in den Südgemeinden 40,5 Prozent. 

Fokus liegt knapp hinter der DP mit 38,1 Prozent Frauen von 63 Kandidaten. Die ADR belegt den vorletzten Platz mit 36,5 Prozent von 167 Kandidaten, während die Piraten das Schlusslicht bilden. Von 202 Kandidaten in 13 Gemeinden sind 72 Frauen, was 35,6 Prozent entspricht. 

Anzumerken bleibt aber auch, dass Listeninteressen vor Anstrengungen für mehr Parität stehen: Für eine Partei, die in einer Gemeinde etabliert ist und sich vor Ort aus eines breiten Kandidatenpools bedienen kann, ist es einfacher, eine in puncto Geschlecht ausgeglichene Liste aufzustellen. Eine noch wachsende Partei, die erst noch in einer Gemeinde Fuß fasst, kann es deutlich schwerer haben. Als Beispiel: In der Gemeinde Hesperingen treten in diesem Jahr die DP, LSAP, CSV, „déi gréng“ und die Piraten an. Die vier größeren Parteien waren schon bei den Gemeindewahlen in den Jahren 2005, 2011 und 2017 dabei. Auf der Liste der LSAP sind 2023 insgesamt 64,7 Prozent Frauen, bei der CSV sind es 52,9 Prozent, bei der DP 41,2 Prozent und bei den Grünen 41,2 Prozent. Frauen in der Gemeinde sind also durchaus für die Posten in der Kommunalverwaltung zu begeistern. Die Piraten sind 2023 zum ersten Mal bei den Gemeindewahlen in Hesperingen dabei. Sie haben eine Liste mit nur drei Frauen und 14 Männern. Da die Partei selbst überrascht war, in wie vielen Gemeinden sie geschafft haben, eine Liste zusammenzukriegen, darf vermutet werden, dass es hier eher darum ging, überhaupt ausreichend Kandidaten zu haben, als darauf zu achten, dass die Liste ausgeglichen ist. 

„Es besteht Handlungsbedarf“

Dass es auf kommunaler Ebene an Frauen fehlt, ist keine neue Erkenntnis. Bereits seit Jahren beobachten der „Conseil national des Femmes“ (CNFL) und andere Frauenaktivistinnen die Situation und werten aus, wie es um die politische Beteiligung steht. Monique Stein, eine der Verantwortlichen des CNFL, hat sich am Telefon mit dem Tageblatt über die Erkenntnisse dieser Analyse ausgetauscht. 

„Das Luxemburger Wahlsystem selbst benachteiligt Frauen“, erklärt sie. Im Großherzogtum wird bei Wahlen traditionell gerne „panaschiert“, heißt die Stimmen werden an einzelne Kandidaten vergeben und nicht an eine komplette Liste. „Da aber viele der sich zur Wahl stellenden Frauen weniger bekannt als ihre männlichen Mitkandidaten sind, bekommen sie weniger Stimmen – und schaffen so den Sprung in den Gemeinderat nicht.“ Auch Doppelmandate seien ein Teil des Problems. Wieso sich die Aktivistinnen auch schon seit Jahren dagegen aussprechen. 

Hoffnung machen die Statistiken der vergangenen Jahre. Sie haben gezeigt: Je mehr Frauen in den Kandidatenlisten zu finden sind, desto mehr schaffen auch den Sprung in die Mandate, so Stein. Der langsame, aber stetige Anstieg an Frauen auf den Kandidatenlisten, der sich auch in diesem Jahr abzeichnet, sei also zu begrüßen. 

Wieso es so wichtig sei, dass in den Gemeinderäten Parität herrscht? „Damit es eine lebendige Demokratie gibt“, sagt Stein. Mehr Frauen bedeute auch eine größere Diversität an Meinungen und Perspektiven. „Schließlich geht es hier um politische Gremien, die auch ihre Leben mitbestimmen.“ Auch die Gemeinden selbst können dazu beitragen, die Frauenbeteiligung zu fördern. Etwa, wenn darauf geachtet wird, dass in den Kommissionen Parität herrscht. So könne der politische Einstieg für manche vereinfacht werden. 

Außerdem brauche es in den Augen des CNFL eine Beobachtungsinstanz, die genau ausarbeitet, wieso Frauen nicht am politischen Leben teilnehmen und wieso sie weniger oft gewählt werden. Eine Arbeit, die die Aktivistengruppen schon seit Jahren selbst stemmen – und immer schwieriger wird. 

Monique Stein vom nationalen Frauenrat
Monique Stein vom nationalen Frauenrat Foto: Editpress/Herve Montaigu

Kandidiert heißt noch lange nicht gewählt

Wie die Wahlen 2023 ausgehen, werden wir am Abend des 11. Juni, in genau einem Monat, wissen. Doch ein Blick zurück zeigt, dass paritätische Kandidatenlisten nicht automatisch auch paritätische Gemeinderäte bedeutet. 2017 waren 35,6 Prozent der Kandidaten Frauen, in den Gemeinderäten sind aber aktuell nur 24,8 Prozent der Mandate von Frauen gehalten. Es gibt nur 224 Gemeinderätinnen, 37 Schöffinnen und 16 Bürgermeisterinnen – aber hunderte männliche Kollegen. 

Es gibt sogar mehr Gemeinderäte, in denen gar keine Frau sitzt, als Räte, in denen die Mehrheit Frauen sind: In neun Gemeinden – der Ernztalgemeinde, Erpeldingen an der Sauer, Fischbach, Lintgen, Saeul, Lenningen, Waldbredimus, Vianden und Winseler – haben scheinbar nur die Männer in den Räten das Sagen. In Befort, Grevenmacher, Manternach, Colmar-Berg und Luxemburg-Stadt stellen Frauen mehr als die Hälfte des Gemeinderates. Ob die Anstrengungen von Parteien, Aktivisten und Kommunen ausreichen, um die Gleichstellung der Geschlechter 2023 zu verbessern, müssen die Wähler bald beweisen. 

Stimmen wir für Parität

Der nationale Frauenrat organisiert zusammen mit anderen Aktivistinnengruppen wie dem „CID – Fraen a Gender“ am 13. Mai 2023 auf der place de Clairefontaine in Luxemburg-Stadt einen Austausch. Bei Café und Croissant können Besucher hier mit 30 verschiedenen Frauen reden, die auf kommunaler Ebene ein politisches Mandat innehaben. Der Austausch soll das Interesse an politischer Beteiligung fördern und den Dialog über Parität anregen. 

Nicht-binäre Repräsentation

Luxemburgs Regierung plant schon seit längerem, ein Gesetzesprojekt für eine dritte Option des Geschlechtseintrages vorzulegen. Da dies bisher noch nicht der Fall ist, basiert diese Analyse auf den binären Geschlechtern Frau und Mann. Ob nicht-binäre Menschen unter den Kandidaten sind, ist aus den uns zur Verfügung stehenden Informationen nicht herauszulesen. 


Geschlechterparität im Parteienfinanzierungsgesetz

Dass bei den Volksvertretern eine ähnliche Geschlechteraufteilung wie im Volk herrschen sollte, ist nicht unbedingt eine rezente Idee. Trotzdem wurde der Gesetzgeber erst 2016 tätig und hat im Parteienfinanzierungsgesetz festgehalten, dass die von den Parteien aufgestellten Listen für Parlaments- und Europawahlen geschlechterparitätisch aufgestellt werden sollten. Damit die Parteien sich auch an die gesetzlichen Bestimmungen halten, wurden Sanktionen eingeführt, die dort ansetzen, wo es wehtut: im Geldbeutel.

24 der 60 Kandidaten fürs Abgeordnetenamt, also 40 Prozent, müssen demnach weiblich (oder männlich) sein. Ist dies nicht der Fall, wird den Parteien die ihr zustehende Finanzspritze vonseiten des Staates gekürzt. So wird der Betrag auf 95 Prozent gekürzt, wenn nur 23 der 60 Kandidaten weiblich (oder männlich) entsprechen. Bei nur 20 Frauen auf der Liste, werden nur 80 Prozent der Zuwendung ausgeschüttet. Bei unter 15 Frauen pro Wahlliste wird sogar nur ein Viertel der ursprünglich vorgesehenen Summe verteilt.

Weitaus strenger wird die Geschlechterparität bei den Europawahlen gehandhabt, wobei die Parteien dafür nur sechs Kandidaten aufstellen müssen. Entsprechen die Listen nicht einer Geschlechteraufteilung von 50 Prozent, wird der finanzielle Beitrag auf 75 Prozent, dann 50 Prozent und schlussendlich 25 Prozent gekürzt.

Und bei den Gemeindewahlen? Dort gibt es derzeit keine Regelung für geschlechterparitätische Listen. Die im Parteienfinanzierungsgesetz verankerte Hürde von 40 Prozent wurde in den Proporzgemeinden aber erreicht.

Nomi
11. Mai 2023 - 12.11

Haalen mer dach endlech ob mat Gesellschaft splecken.

D'Fra'en hun jo d'Recht sech obzesezten, Sie kennen jo frei entscheeden, Wann der also no aerer Norm der net genuch sech dofir entscheeden kann di ganz Gesellschaft jo net dofir! Et huet jo keen Eppes falsch gemeet!

Koherenz an der Gesellschaft ass die richteg Leisung!