Tiefseeforscher haben das bisher verschollene Wrack eines japanischen Schiffes geortet, das im Zweiten Weltkrieg von einem US-U-Boot versenkt wurde. „Gefunden!“, teilte die an der Suche beteiligte australische Organisation Silentworld Foundation am Wochenende mit. Die „Montevideo Maru“ sei in rund 4.000 Metern Tiefe vor der philippinischen Küste entdeckt worden.
Die Geschichte des Transportschiffes ist eine besonders tragische: Mehr als 1.000 Menschen starben, die meisten von ihnen Australier, als die „Montevideo Maru“ am 1. Juli 1942 von Torpedos des U-Boots „USS Sturgeon“ getroffen wurde. Unter den Opfern seien Menschen aus 14 Nationen gewesen. Die Besatzung des U-Boots habe nicht gewusst, dass Kriegsgefangene und Zivilisten auf dem japanischen Schiff waren. Es sei nicht entsprechend markiert gewesen, schrieb die New York Times.
Der Untergang der „Montevideo Maru“ gilt als „schlimmste Katastrophe in der Geschichte der australischen Schifffahrt“, teilte die Silentworld Foundation weiter mit. An Bord seien rund 1.060 Kriegsgefangene und Zivilisten im Alter von 15 bis 60 Jahren gewesen, die einige Monate zuvor beim Fall der Stadt Rabaul in Papua-Neuguinea von Japanern gefangen genommen worden waren.
„Der Moment unseres Lebens“
Schätzungsweise 979 Australier kamen damals ums Leben, darunter mindestens 850 Soldaten. Zum Vergleich: Allein bei diesem Vorfall starben fast doppelt so viele Australier wie während des gesamten Vietnamkrieges, teilte die Organisation weiter mit. Nach Angaben von Silentworld waren zudem Zivilisten aus 13 anderen Ländern an Bord, darunter aus Großbritannien, den Niederlanden, Schweden und den USA.

Die Suche nach dem Wrack habe am 6. April im Südchinesischen Meer begonnen, zwölf Tage später sei es entdeckt worden. Modernste Technologie sei dazu im Einsatz gewesen, darunter ein autonomes Unterwasserfahrzeug mit Sonar, teilte die Organisation mit. Die Mission sei von australischen und niederländischen Spezialisten für Archäologie, Geschichte und Tiefseevermessung geleitet und vom australischen Verteidigungsministerium unterstützt worden.
„Als wir diese Bilder sahen, war das der Moment unseres Lebens – sehr aufregend“, sagte der technische Leiter der Expedition, Kapitän Roger Turner, gegenüber Nachrichtenagenturen. Ihm zufolge war das Schiff in zwei Teile zerborsten, wobei Bug und Heck etwa 500 Meter voneinander entfernt auf dem Meeresgrund lagen. Seiner Einschätzung nach wurde das Schiff von zwei Torpedos getroffen. „Der erste hat den Untergang des Schiffes bewirkt, der zweite hat einen Teil der Mannschaftskabinen weggesprengt.“
„Die Entdeckung der ,Montevideo Maru’ schließt ein schreckliches Kapitel in der australischen Militär- und Schifffahrtsgeschichte ab“, sagte John Mullen, Direktor der Silentworld Foundation in Sydney. Familien hätten jahrelang auf Nachrichten über ihre vermissten Angehörigen gewartet. „Heute hoffen wir, dass wir durch das Auffinden des Schiffes den vielen Familien, die von dieser schrecklichen Katastrophe betroffen sind, helfen können.“

„Sehr emotional“
Aus Respekt vor den Hinterbliebenen soll das Wrack der Stiftung zufolge samt Inventar und möglichen menschlichen Überresten ungestört auf dem Meeresboden verbleiben – in größerer Tiefe als die „Titanic“. „Wir sind uns sehr bewusst, dass es sich um ein Grab handelt“, das mit dem nötigen Respekt behandelt werde, sagte Kapitän Turner. Es werden keine Artefakte oder menschlichen Überreste entnommen. Stattdessen werde der Fundort für Forschungszwecke aufgezeichnet.
Der australische Premierminister Anthony Albanese schrieb auf Twitter, endlich sei die Ruhestätte „der verlorenen Seelen der ,Montevideo Maru’ gefunden worden“. Er hoffe, die Nachricht spende den Angehörigen ein wenig Trost. Die Enkelin und Großnichte zweier in dem Schiff ums Leben Gekommenen, Andrea Williams, beschrieb den Moment der Entdeckung als „sehr emotional“. Es sei aber auch „ein sehr stolzer Moment, dass wir das Wrack gefunden haben“, sagte sie. Die Angehörigen hätten oft gefragt, ob die „Montevideo Maru“ wohl jemals gefunden werde.
Ihre Entdeckung beende nun für die Hinterbliebenen mehr als 80 Jahre der Ungewissheit, sagte der australische Armeechef Simon Stuart. Denn ein Verlust wie dieser ziehe sich „durch die Jahrzehnte und erinnert uns alle an die menschlichen Tragödien“.

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