Sie verhalf dem Minirock zu seinem Siegeszug rund um die Welt und brachte in den Sechzigerjahren London mit zum Swingen – am Donnerstag ist die britische Modedesignerin Mary Quant im Alter von 93 Jahren gestorben. Das Londoner Victoria & Albert-Museum würdigte Quant für ihre „bahnbrechende Weitsicht“. Ihr Beitrag zur Modewelt könne gar nicht genug hervorgehoben werden.
Die Modeschöpferin habe „die fröhliche Freiheit der Mode der 60er-Jahre verkörpert und ein neues Rollenvorbild für junge Frauen geschaffen“, erklärte das Museum. Die frühere Herausgeberin der britischen Vogue, Alexandra Shulman, würdigte Quant als „Visionärin“.
Die am 11. Februar 1930 in London geborene Quant machte ihre Anfänge in der Welt der Mode mit ihrem späteren Ehemann Alexander Plunket Greene. Der exzentrische Kleidungsstil der jungen Studentin war das Erste, das Greene im Kunstcollege Goldsmiths in London auffiel. Im quirligen Stadtteil Chelsea eröffnete das Paar 1955 mit einem Freund die Boutique „Bazaar“.
Legendärer Laden der Swinging Sixties
Der Laden für Mode und Accessoires wurde zusammen mit dem im Untergeschoss eröffneten Restaurant zum Treffpunkt der jungen Künstlerszene, auch Stars wie Brigitte Bardot, Audrey Hepburn, die Beatles und die Rolling Stones verkehrten dort. Die King’s Road mit Quants Boutique wurde wie die Carnaby Street zum Laufsteg für die modebewusste Jugend des Swinging London.
Quant kreierte kurze Kleider und Röcke mit schlichten Schnitten und lebhaften Farben. „Die Herren mit Melone klopften mit ihren Schirmen an unsere Schaufenster und riefen ‹Unmoralisch! Ekelhaft!›, als sie unsere Miniröcke über den Strumpfhosen sahen, aber die Kunden strömten herein und kauften“, erinnerte sie sich in ihrer ersten Autobiografie „Quant by Quant“ aus dem Jahr 1966.
Das bekannteste Model dieser Zeit, Lesley Lawson alias „Twiggy“, machte den Minirock im Ausland populär. Das Geschäft boomte, und schon bald eröffnete Quant ein zweites Geschäft in London und brachte mit The Ginger Group eine günstige, massentaugliche Kollektion auf den Markt. In „Quant by Quant“ schrieb sie: „Es stellte sich heraus, dass meine Stücke genau zur jugendlichen Mode passten, zum Pop, den Espressobars und den Jazzclubs.“
Besonders stolze „Dame“
Für die Ikone der Swinging Sixties ist die Bezeichnung „Erfinderin des Minirocks“ fast schon zu ihrem Zweitnamen geworden. Ob das stimmt, ist unklar und war Gegenstand eines langen und erbitterten Streits mit dem inzwischen ebenfalls verstorbenen französischen Designer André Courrèges und anderen. Sie selbst sagte einmal, dass „es die Mädchen in der King’s Road waren, die den Mini erfunden haben … Ich trug sie sehr kurz und die Kundinnen sagten: ‹Kürzer, kürzer!’“
Doch nicht nur mit ihren kurzen Röcken revolutionierte Quant die Mode für Frauen. Ihr zu verdanken sind auch die Hot-Pants, enge Rippenpullis, Regenmäntel aus Kunststoff, Schminke wie aus dem Tuschkasten sowie wasserfeste Wimperntusche. 2015 adelte Queen Elizabeth II. Quant zur Dame, ein Titel, auf den Mary Quant besonders stolz war.
Die zierliche Designerin mit der stets akkurat geschnittenen Bob-Frisur sei nicht nur durch ihren Stil zur Ikone geworden, sondern auch durch ihre schillernde Persönlichkeit, sagte Jenny Lister vom Victoria and Albert Museum in London 2014 der Nachrichtenagentur AFP. „Sie hatte eine unerschrockene Art und machte Schlagzeilen, weil sie auf provozierende Art über Sexualität und ihr Privatleben sprach, was vielleicht passte zu ihren damals als ziemlich skandalös angesehenen Kleidern.“
Auf die Frage der Zeitung The Guardian, was sie ändern würde, wenn sie ihre Vergangenheit korrigieren könnte, antwortete Quant im Jahr 2016: „Nicht viel, ich hatte eine schöne Zeit.“
Wer soll das auf dem Foto mit dem Dampfer sein? Es ist weder Twiggy noch Mary Quant. Und das Outfit der unbekannten Dame? Auch keins der Modeschöpferin! Twiggy war unverwechselbar - keine Allerwelts-Gestalt - perfekt für den typischen Stil der Zeit