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EditorialTempo-Frust oder Sicherheits-Boost? Warum wir sachlich über Tempo 30 reden sollten

Editorial / Tempo-Frust oder Sicherheits-Boost? Warum wir sachlich über Tempo 30 reden sollten
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Autofahren ist in Luxemburg nicht nur eine simple Fortbewegungsmethode, sondern vielmehr auch ein Lebensstil. Fahrerinnen und Fahrer sind stolz auf ihre Wagen – und noch stolzer auf ihre Fähigkeiten am Steuer. Doch der Verkehr im kleinen Land hat auch seine Schattenseiten: Staus, Lärm und Unfälle. Flächendeckend Tempo 30 innerhalb der Ortschaften könnten eine Möglichkeit sein, zumindest einige dieser Probleme zu reduzieren. Doch wer sich mit dem liebsten Kind des Luxemburgers anlegt, muss mit Ärger rechnen.

Es scheint fast, als ob beim Thema Verkehr alle Vernunft über Bord geworfen wird und rationale Diskussionen unmöglich werden. Diese Erfahrung dürfte wohl auch Paul Hammelmann, Präsident der „Sécurité routière“, gemacht haben, nachdem er am Freitag Tempo 30 in den Ortschaften zu einer Hauptforderung seiner Organisation im Hinblick auf die Wahlen erhoben hatte. Sofort ergoss sich ein Sturm der Entrüstung über ihn und seine Vereinigung – inklusive Beleidigungen weit unter der Gürtellinie in den sozialen Medien und den Kommentarspalten dieser Zeitung.

Unglücklicherweise verhindern der aufgeheizte Ton und die unsachlichen Angriffe oft einen rationalen Diskurs, der durchaus auch Vorteile des Tempolimits aufzeigen würde. Fest steht, dass seit 2020 mindestens 14 Personen bei Verkehrsunfällen in Ortschaften ums Leben kamen. In den letzten Jahren war eine zu hohe Geschwindigkeit stets die Hauptursache für schwere oder tödliche Unfälle. Jeder einzelne dieser Unfälle ist eine Tragödie, die den unbedingten Handlungsbedarf belegt.

Nun gibt es zahlreiche Studien und Statistiken, die zeigen, dass eine Reduzierung der Geschwindigkeit in städtischen Gebieten die Unfall- und Verletzungsgefahr beträchtlich senken kann. Eine bekannte Studie wurde etwa im Rahmen der schwedischen „Vision Zero“-Initiative durchgeführt, die darauf abzielt, die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten auf null zu reduzieren. Die Initiative beruht auf der bereits erwähnten Erkenntnis, dass die Geschwindigkeit ein entscheidender Faktor für die Schwere von Verkehrsunfällen ist. 

Laut der „Vision Zero“-Initiative kann das Risiko von Verletzungen und Todesfällen im Straßenverkehr um bis zu 70 Prozent reduziert werden, wenn die Geschwindigkeit von 50 auf 30 km/h reduziert wird. Tatsächlich hat die Initiative herausgefunden, dass bereits kleine Geschwindigkeitsreduzierungen zu erheblichen Verbesserungen der Verkehrssicherheit führen. So sinkt das Risiko, bei einem Verkehrsunfall getötet zu werden, drastisch, wenn die Geschwindigkeit des Fahrzeugs um nur 5 km/h reduziert wird.

In Deutschland haben verschiedene Städte, wie beispielsweise Berlin, Bonn und Hannover, bereits positive Erfahrungen mit Tempo-30-Zonen gemacht. In Amsterdam wurden durch die Einführung vor vier Jahren elf Prozent weniger Unfälle mit Verletzungen registriert. In Oslo (2017) waren es 38 Prozent, in Stockholm (1997) sogar 50 Prozent. Ähnliches gilt auch in Luxemburg. Laut einer Studie des Verkehrsministeriums von 2012 sind die Unfallzahlen in den Ortschaften nach Einführung von Tempo-30-Zonen um 20 Prozent zurückgegangen. 

Neben dem Plus an Sicherheit hat eine Geschwindigkeitsreduzierung innerhalb der Ortschaften noch weitere Vorteile, wie etwa ein Plus an Lebensqualität durch weniger Verkehrslärm und ein Minus an Luftverschmutzung. Dem gegenüber stehen Befürchtungen, Tempo 30 könne zu Verzögerungen im Verkehrsfluss führen, was wiederum Frustration bei den Autofahrern auslöst. Gleichzeitig könne sich die Effizienz des Verkehrsflusses verringern und bei längeren Strecken die Reisezeit verlängern. 

Der Aufschrei war groß, als in Luxemburg am 1. Januar 1986 die Geschwindigkeitsbegrenzung innerhalb der Ortschaften von 60 km/h auf 50 km/h reduziert wurde. Heute kümmert’s (fast) niemanden mehr …

dmp
16. April 2023 - 12.59

@Jemp

Prinzipiell geet et dorëms : “Ziel sei es laut Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, unter anderem, die Städte lebenswerter, grüner und gesünder zu machen. Einen weiteren wichtigen Punkt stellt die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer dar.“

Also gëtt 30 km/h och vun der WHO (Weltgesondheetsorganisatioun) gefuerdert.

30 km/h ass e wëssenschaftleche Kompromëss, dee sech aus villen ënnersichte Faktoren ergëtt (op Däitsch well ech déi Letzebuergesch Entspreichungen net kennen): Sättigungsverkehrsstärke, Bremsweg, (lichtsignalgeregelte) Knotenpunkte, tageszeitabhängige Verkehrsmengen, Schwerverkehrsanteil, geringe Fahrstreifenbreiten, Abbiegeradien, Steigungen, Zwischenzeitberechnungen, Phasenübergänge, Verlustzeiten, vorfahrtgeregelte Einmündungen und Kreuzungen, Erschließungsvorgänge (Ein- und Ausparken), … a vill aner Aspekter. Dozou kommen dann nach all déi verschidde Faktore wéi zum Beispill d’Ëmwelt an d’Liewensqualitéit betreffend.

Just als Hiweis: An enger Publikatioun vum Däitschen Ëmweltbundesamt fënnt een eng Lëscht vu gutt 30 wëssenschaftlech Studien zu dësem Thema. Et ginn der awer vill honnert oder esouguer dausend Etuden, déi sech mat dësem Themenkomplex beschäftegen. … nee, ech hu se net all gelies ?

30 km/h ass awer just eng Mesure vu villen, déi an engem Mobilitéitskonzept relevant ass. Et ginn nach weider Aspekter, alles zesummegeholl ergëtt da méi grousse Sënn resp. e ganzheitlechen Usaz.

0 km/h: Majo, wann ee vun A no B wëll kommen, ass Stëllstand net onbedéngt clever ?

dmp
16. April 2023 - 12.13

@Een aus der Staat

jo, dat bréngt alt meng joerzéngtelaang berufflech Erfarungen esou mat, datt ech op ville verschiddene Gebidder mat wëssenschaftlech Etuden, white papers, case studies etc. ze dinn hunn.

Wat fir eng Diskussiounsbasis wëllt Dir dann hunn? Bauchgefill? Nee Merci, léiwer net.

An dat huet mat „Besserwësser“ absolut näischt ze dinn, mee mat engem systematesche Prozess, wou Informatiounsbeschafung, Analysen, Experimenter, Erfarungen an och Kritik wichteg Aspekter sinn. Ergo ganz normal wëssenschaftlech Methodik.

Jemp
14. April 2023 - 9.17

@dmp: Ech verstinn net, datt et grad 30 km/h als Vitesselimite muss sinn an dofir (no fragwürdege Studien, déi all verschidden Zuelen uginn) an der Moyenne 20% manner Doudeger a Verletzter a Kaf solle geholl ginn. Et ass och ouni deier an zweifelhaft Etude secher, datt et bei 0km/h guer keng Verkéiersopfer méi gett. Verlangt dach einfach direkt e komplette Verbuet vun Autoen, amplaz dat Ziel mat enger Zort Salamitaktik ( 30, dann 20, dann 10) wellen ze erreechen.

Een aus der Staat
13. April 2023 - 16.31

@ dmp / Typesch vir e Besserwësser. Jidverdreen deen eng âner Meenung huet gët nidergemach. Vun Argumenter, Broschüren, Etuden, matschwëtzen, Quellenangabe, etc gët gefaselt. An esou een wëllt da gehaltvoll weiderkommunizéieren. Nee merci léiwer net!
E schéinen Owend an eng fridlech Nuecht gët gewënscht.

Beobachter
13. April 2023 - 13.49

Auf unseren kaputten Offroadpisten , von Baustellen gebremst ist Tempo 30 richtig schnell, sogar auf der Autobahn im Berufsverkehr! Also alle auf den E Roller, der ist unschlagbar schnell!

dmp
13. April 2023 - 11.37

@Een aus der Staat

Och, Dir kënnt gäre klasséieren wat Dir wëllt. Awer eppes einfach als Blödsinn ze klasséieren ouni vernünfteg Argumenter virzebréngen ass keng Diskussiounsgrondlag.

Ech empfeelen zum Beispill d’Lektür vun der Broschür „Wirkungen von Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen“, déi vum däitschen Bundesumweltamt zesummen mam Ingenieursbüro LK Argus (spezialiséiert op Stadt- und Verkehrsplanung, Straßenentwurf etc.) scho virun e puer Joeren erausginn ass. Dat wier emol en Ufank, fir matschwätzen ze kënnen.

An da kënnt Dir Iech méi detailléiert mam Thema beschäftegen. Op der Websäit vun „tempolimit-jetzt.at/studien“ fannt Dir eng Lëscht vun Etuden iwwer Tempo 30, plus eng Rei vu Linken fir „weiterführende Literatur”.

Eng (vu villen) Konklusioun ginn ech Iech awer gären hei scho mat: „Empirische Studien zeigen, dass Tempo 30 in der Stadt die Zahl der Verkehrsunfälle und der verletzten Personen um 20 bis 30 Prozent senken kann. Es passieren weniger Unfälle und bei Zusammenstößen, die nicht vermieden werden, haben Gehende und Radfahrende bei Tempo 30 deutlich größere Überlebenschancen.“ Quell: VCÖ, eng op Mobilitéit an Transport spezialiséiert Organisatioun.

Duerno kënne mer gäre weiderkommunizéieren, dann awer méi gehaltvoll w.e.g.

Een aus der Staat
13. April 2023 - 10.52

@dmp/ Dir schéint och nach e Witzbold ze sin. Trotzdem klasséieren ech är Äntwert op méi Kommentar an déi selwecht Kategorie wéi ären eischten vum 12.4. 11:25 Néischt vir ongutt!

Phil
13. April 2023 - 9.10

Wann een eng Vitesselimitation onlogesch an onpraktikabel déif usetzt, an den Autofuerer de Sënn an Zweck net erkennt, ass et weider net verwonnerlech, dass hien sech net drun hält. Ech géif awer behaapten, dass de Gros vun den Autofuerer wees wat eng ugepassten Vitesse an denen verschiddenen Situatiounen ass.

dmp
13. April 2023 - 9.06

@Een aus der Staat, @ trotinette josi

Europäische Städte, in denen (überwiegend) 30er Tempolimit gilt (unvollständige Liste): Paris, Lille, Grenoble, Antwerpen, Brüssel, Mainz Hannover, Helsinki, London, Dublin, Bologna, Florenz, Mailand, Pisa, Rom, Amsterdam, Graz, Basel, Zürich, Genf, Winterthur … und in Spanien auf ca. 80% der Straßen.

Es wurden durchweg positive Erfahrungen mit dem Tempolimit gemacht, dies sowohl in puncto Sicherheit, Lärmreduzierung, Umweltschutz, als auch die Lebensqualität innerorts betreffend.

Selbstverständlich war mein Vorschlag für verschiedene Geschwindigkeiten für Verbrenner und E-Autos ironisch gemeint. Ich dachte, dies müsste offensichtlich sein, da es ja kaum vorstellbar ist, innerhalb von Ortschaften verschiedene Geschwindigkeiten gelten zu lassen. Es wäre schlicht nicht praktikabel, es würde Chaos geben. Würde weniger emotional bei diesem Thema reagiert werden, sondern mehr „nachgedacht“ werden während der Lektüre, würde die Ironie verstanden werden, statt empört zu reagieren.

Aber: Es ist schon eine spannende Sicht der Dinge, wenn 10 km/h langsamer fahren (also fiktiv 30 statt 40) als Bestrafung betrachtet wird. Das ist denn auch das große Problem, weshalb jegliche Maßnahmen im Verkehr zum Schutz von Bürgern und der Umwelt bloß auf Ablehnung stoßen. Grundeinstellung auch vieler luxemburgischen Autofahrer: Sich mit Hintergründen nicht beschäftigen (also Studien und Testläufe betrachten), aber erst einmal dagegen sein. Denn jede Änderung ist ja per se unerfreulich. Oder kurz: Nichts wissen (wollen), aber aus Prinzip anti.

Zum Aspekt, E-Autos sind zu „leise“: Ja was denn nun? Besser Lärm als Ruhe in den Ortschaften? Wer sich im Straßenverkehr - ob als Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger – hauptsächlich auditiv fortbewegt, sollte eventuell das Haus nicht mehr verlassen. Wenn Verkehrsteilnehmer nicht in der Lage sind, die nötige Aufmerksamkeit an den Tag zu legen, also den Verkehr aufmerksam zu beobachten – dazu benötigt man mehr die Augen denn die Ohren), sollen also Autos nicht leise sein dürfen? Das eigene Unvermögen mit technisch erzeugtem Lärm übertünchen zu wollen, kann kaum die Lösung sein.

Wenn schon solch eine Lappalie wie 30er Zonen innerorts in Luxemburg dermaßen unbedacht in der Öffentlichkeit „diskutiert“ wird, kann man sich ausmalen, wie schwierig es werden wird, das Überthema „Mobilitätswende“ anzugehen.

trotinette josi
12. April 2023 - 22.48

E-Autos sind in dem Masse gefährlicher, weil sie kaum hörbar sind und dann dürfen sie ( weshalb auch immerr) bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung um 10 km schneller fahren dürfen? Die umweltfreundlichen Bürger, die sich kein E-Auto leisten können, werden somit bestraft! Nicht schlecht diese Logik.

Een aus der Staat
12. April 2023 - 16.34

@claudbin/Absolut richteg! Ech wunnen an engem sougenannten "Quartier Résidentiel", an der Staat. Zënter méi wéi 15 Joer heescht et nëmmen vir "Résidents" an d'Vitesse ass op 30 Km/h limitéiert. Mee 99% hale sech net drun.
Kontrollen, quasi nie, kéng mat ganz wéinegen Ausnahmen.
Also, wât soll dât a virwât soll et gutt sin?

@dmp/Pure Blödsinn!

dmp
12. April 2023 - 11.25

In einem Land, in dem das Auto noch mehr als Statussymbol gilt als in anderen Ländern, schlägt eine Diskussion um ein Tempolimit innerhalb von Ortschaften hohe Wellen. Schließlich wollen viele gesehen und gehört werden, und das klappt besser, wenn man schneller fährt.

A propos hören: E-Autos sind leiser. Da wäre doch ein Kompromiss denkbar. Zum Beispiel: Verbrenner dürfen bloß 30 km/h fahren, E-Autos jedoch 40. Und damit hätte man trotzdem ein Tempolimit erreicht für alle erreicht, aber mit Belohnung für umweltfreundliche Bürger. Wer jedoch als Politiker oder Organisation einen solchen Vorschlag machen würde, dürfte sich auf einen ausgewachsenen Shitstorm gefasst machen ... Luxemburg halt.

claudbin
12. April 2023 - 9.45

Här Hamus, wann mol giffen Kontrollen gemeet ginn fir déi 50km/h anzehâlen, dann breichten keng 30km/h generell firgeschriwen ze ginn. Iwregends, mär wunnen an enger 30er Zone, mee déi allerwéinegst hâlen sech drunn.

trotinette josi
12. April 2023 - 9.35

Man stelle sich in der Praxis eine 30km Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Strecke Mersch-Luxemburg durch die Ortschaften Rollingen, Lintgen, Lorentzweiler, Helmdingen, Bofferdingen, Heisdorf, Walferdingen, Bereldingen, Beggen, Dommeldingen und Eich vor. Hinzukommen die unzähligen, grösstenteils halb leeren Busse, die trotz der Zuglinie, mit ihren zahllosen Haltestellen für ein permanentes stop and go sorgen. Dann werden halt die Scheichwege auf der gegenüberliegenden Seite der Alzette benutzt und entwickeln sich zu einer lebensgefährlichen Rennstrecke. Ausserdem, wenn der Erste einer Autoschlange strikt mit 3okm/h fährt, kriecht der Letzte mit 10km/h hinterher und braucht eine ganze Stund um von Mersch nach Luxemburg oder umgekehrt zu gelangen. Also alles aufs Fahrrad oder e-bike umsteigen und strampeln was das Zeug hält. So wird unser Schildbürgerstaat noch zu einem Fahrradland. Und so dürften dann bald so Manche auf ihren SUV oder Elektroauto verzichten. Ausserdem gibt es mittlerweile auch die berühmt-berüchtigten e-Roller.

Hans
12. April 2023 - 7.25

Ech wunnen op enger Staatsstroos wou nach ëmmer 50 wor. Hei fiert genau keen 50. Dir kënnt elo e Schëld mat 20km/h opstellen dann wert nawell keen sëch drun haalen esou laang et keng Kontrollen vun der Police gin.
Eng Regel get nemmen agehaal wann se och kontrolêiert get!
Zur gesteigerter Liewensqualitéit: Esoulaang opgemotzten Autoen fir Leit mat ganz klengen Geschlechtsdeeler déi drop ausgeluecht sin fir Komméidi ze maachen net aus dem Verkéier gezun gin get et keng Liewensqualitéit! Daat as Sylvester op der Strooss an och an deem Fall inzeresséiert daat keen.