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Finnlands NATO-BeitrittStarker Partner an strategisch wichtiger Stelle

Finnlands NATO-Beitritt / Starker Partner an strategisch wichtiger Stelle
Finnische Reservisten eines Jäger-Regiments bereiten sich auf Schießübungen vor Foto: AFP/Alessandro Rampazzo

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Mit Finnlands NATO-Mitgliedschaft gewinnt das Militärbündnis nach Ansicht von Experten einen starken Partner an einer strategisch wichtigen Stelle, mit dem die Ostflanke besser gegen einen möglichen Angriff Russlands verteidigt werden könnte.

Die Länge der NATO-Grenze mit Russland wird doppelt so lang und die militärische Lage vom Baltikum bis in die Arktis verändert sich. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte seinen Angriff auf die Ukraine vor mehr als einem Jahr auch damit gerechtfertigt, dass er eine weitere Ausbreitung der NATO in Richtung Osten verhindern müsse.

„Finnland ist eines der wenigen europäischen Länder, die nie aufgehört haben, sich auf einen möglichen Krieg vorzubereiten“, sagt Minna Alander vom finnischen Institute of International Affairs. Während manche europäischen Armeen nach dem Kalten Krieg Truppen abbauten, hat Finnland an der Wehrpflicht festgehalten. „Dadurch hat Finnland jetzt im Kriegsfall eine Truppenstärke von bis zu 280.000 Soldaten und 870.000 Reservisten“, erklärt Alander. Finnlands Artillerie zähle zudem zu den größten in Europa und das Land investiere ständig in seine Luftwaffe.

Finnland ist eines der wenigen europäischen Länder, die nie aufgehört haben, sich auf einen möglichen Krieg vorzubereiten

Minna Alander, Institute of International Affairs in Finnland

„Finnland braucht jetzt die NATO, aber die NATO braucht Finnland genauso angesichts eines aggressiven Russlands“, sagt der frühere NATO-Funktionär Jamie Shea, der heute an der Universität von Exeter lehrt. „Die NATO wird sich leichter gegen Russland verteidigen können, da sie jetzt Zugang zum Gebiet Finnlands hat und Finnland seine Fähigkeiten einbringt.“ Die Verlängerung der Landgrenze mit Russland um 1.300 Kilometer wird die NATO aber auch angreifbarer machen und das Militärbündnis muss nun überlegen, wie diese Grenze zu verteidigen ist.

NATO-Strategen machen sich seit Jahren Sorgen, wie die drei baltischen Mitglieder Estland, Lettland und Litauen gegen einen möglichen Angriff von Russland geschützt werden können. Ihre Aufmerksamkeit konzentriert sich auf die Suwalki-Lücke, einen 65 Kilometer langen Streifen Land zwischen der Enklave Kaliningrad und Belarus. Ein Angriff auf den Korridor könnte die baltischen Alliierten von der NATO trennen.

Finnlands Mitgliedschaft könnte der NATO helfen, die Ostsee zu dominieren. Und da Helsinki nur 70 Kilometer übers Meer von Estlands Hauptstadt Tallinn entfernt ist, gäbe es eine neue Route für Nachschub. „Finnlands Beitritt wird die Vorwärts-Verteidigung der NATO stärken und zur Abschreckung beitragen“, sagte Estlands Verteidigungsminister Hanno Pevkur. Aber er mahnte, dass die „Suwalki-Lücke für die NATO weiter wichtig ist, da Belarus de facto ein Militärbezirk Russlands geworden ist“. Die NATO müsse deshalb ihre Pläne umsetzen, die baltischen Staaten zu stärken.

Erfahrung mit Kriegsführung im Winter

Weiter nördlich wird Finnlands Mitgliedschaft die NATO nach Einschätzung von Jan Kallberg vom Center for European Policy Analysis dabei unterstützen, einen schmalen Streifen norwegisches Gebiet zu verteidigen, das an Russland grenzt. „Bislang waren die NATO-Luftstreitkräfte von ein paar norwegischen Flugplätzen abhängig, die im Konfliktfall frühzeitig angegriffen werden könnten. Durch Finnlands Beitritt kommen mehr dazu“, ergänzte der Politikwissenschaftler.

In NATO-Kreisen wird auch auf Finnlands Erfahrung mit Kriegsführung im Winter hingewiesen. „Sie können unter den schwierigsten Bedingungen operieren und haben die Unterstützung einer starken Artillerie“, sagte ein hoher westlicher Funktionär. Zur Stärkung seiner Luftwaffe plane Finnland außerdem den Kauf moderner US-Kampfjets.

Der Kreml hat zurückhaltender als erwartet auf die Nachricht von Finnlands NATO-Beitritt reagiert, aber angekündigt, seine Militärpräsenz nahe der Grenze in den kommenden Jahren zu verstärken. Da Russlands Militär gegenwärtig in den Ukraine-Krieg verstrickt ist, wird es nach Ansicht von Experten aber Jahre dauern, bis es seine militärische Stärke wieder aufgebaut hat.

Die bevorstehende Mitgliedschaft Finnlands lenkt die Aufmerksamkeit auf eine Lücke, die der NATO noch bleibt: Schweden, dessen Beitritt von der Türkei und Ungarn blockiert wird. Finnlands NATO-Mitgliedschaft werde Schweden aber stärken, „denn jetzt liegt es genau zwischen zwei NATO-Staaten“, sagt Shea. „Aber die Hoffnung ist schon noch, dass sie so bald wie möglich (in die NATO) hereingelassen werden.“ (AFP)