In den 60er-Jahren schlug in Großbritannien die Geburtsstunde einer neuen Musikrichtung, die dann von vielen Bands in die Welt getragen wurde. Neben den Beatles, The Who und den Rolling Stones trat auch eine Rock-Band auf die Bühne, deren Hits bis heute als unsterblich gelten – The Kinks. Gegründet von den Brüdern Ray und Dave Davies, unterstützt von Bassist Peter Quaife und Drummer Mick Avory schufen sie einen Sound, der bis heute unverkennbar ist.
An ihre ersten Auftritte im Jahr 1963 können sich die noch lebenden Band-Mitglieder nicht mehr erinnern. „Irgendwo im Norden von England“, vermutet Dave Davies (76). „Aber das ist schon so lange her.“ Wohl auch nicht mehr so wichtig.
Wichtigstes Zeitdokument ist aber ihre Musik. „You Really Got Me“ brachte für The Kinks 1964 den internationalen Durchbruch. „Dieser Song hat uns eine Art Identitäts-Stempel verliehen“, erinnert sich Davies. Dass er mit seinem Gitarren-Riff praktisch den Grundstein für den erst später aufkommenden Hard Rock gelegt hatte, war ihm damals nicht bewusst. „Aber es war ein sehr einprägsames Riff“, sagt Davies im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich, aber auf eine gewisse Art zeitlos.“
Ihrer Zeit voraus
Nach weiteren Hits folgte dann ein Song, der für positive, aber auch negative Schlagzeilen sorgte. „Lola“, der Song über die Beziehung eines Transvestiten mit einem heterosexuellen Mann. „Das war ein sehr ernstes Thema“, sagt Davies. Es ging schließlich um etwas, das in der damaligen prüden Gesellschaft eigentlich nur hinter verschlossenen Türen geschehen durfte, über das einfach nicht gesprochen wurde. Die Menschen waren Anfang der 70er-Jahre für eine öffentliche Diskussion nicht bereit. „Aber alle Dinge müssen irgendwo beginnen.“
The Kinks jedenfalls scheuten sich nicht, dieses Thema aufzugreifen und musikalisch zu verarbeiten. „Wir waren immer schon etwas rebellisch“, betont Dave Davies. „Was wir taten, war immer gegen die Norm.“ Doch genau das habe ihnen auf ihrer langen Reise geholfen. Und nach seiner Meinung haben The Kinks auch einen Unterschied gemacht. „Wir haben geholfen, die Einstellung von Menschen zu verändern, wir haben die Mode und manches mehr beeinflusst.“ Es sei eine „einzigartige Zeit“ gewesen.
Wie sind die in einer Hassliebe verbundenen Davies-Brüder mit dem Ruhm umgegangen? „Daran haben wir nie gedacht, wir waren doch noch so jung“, gibt sich Dave Davies bescheiden. „Wir hatten einfach Spaß an der Musik und haben immer weitergemacht.“ Als Konkurrenten der anderen großen Bands der Zeit sahen sich The Kinks nie. Ob Beatles oder Rolling Stones oder Kinks, „jede Band hatte ihre Stars und auch ihr Publikum“.
Unter dem Strich stehen für The Kinks – zu übersetzen als die Schrulligen, die Perversen oder die Verrückten – 50 Millionen verkaufte Tonträger, Top-Platzierungen in den Charts der USA und Großbritanniens, ebenso wie ein Platz in der „Rock ’n’ Roll Hall of Fame“. Frontman Ray Davies, 2017 zum Sir Ray geadelt, gilt als einer der größten britischen Songwriter überhaupt. Bruder Dave wiederum ist unter den Top 100 der besten Gitarristen aller Zeiten des Musikmagazins Rolling Stone.
Offiziell ist die Band bis heute nicht aufgelöst, tritt aber seit Mitte der 90er-Jahre nicht mehr auf. Die Davies-Brüder gingen eigene, weniger erfolgreiche musikalische Wege. Doch für das 60-Jährige der Band kamen Ray und David Davies noch einmal zusammen, um gemeinsam am Werk „The Journey“ zu arbeiten. Im ersten Teil erscheinen 36 Songs aus ihrer langen gemeinsamen Reise, natürlich in einer im Studio entstandenen Remaster-Version. Teil zwei soll später in diesem Jahr erscheinen. (dpa)
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