Dr. Benoît Ochs scheint einige Unterstützer zu haben. Mit grauem Haar und wachem Blick steht er mitten unter ihnen. Einige halten ihn für den besten Arzt der Welt. Die Frauen und Männer wirken nicht unseriöse.
Es ist Mittwoch, kurz vor halb drei: Gleich muss sich Dr. Ochs vor Gericht verantworten. Wieder einmal vor dem obersten Disziplinarrat des „Collège médical“. Die Disziplinarkommission wird vom Präsidenten des Luxemburger Bezirksgerichts geleitet.
Der Saal, in den sich Richter, Verteidiger, Kläger und Journalisten hineinzwängen müssen, ist klein. Für Neugierige und Unterstützer von Dr. Ochs bleibt in diesem öffentlichen Prozess wenig Platz. Das sieht Me Fabrice Di Vizio, bekannter Anwalt aus Paris, genauso. Er war es auch, der den umstrittenen französischen Arzt Didier Raoult verteidigt hat, als dieser wegen seiner Corona-Behandlungsweisen vor Gericht stand.
Er legt gleich los. Die Polizei würde am Eingang filtern, nicht jeden hineinlassen, der hinein möchte, um dem Prozess beizuwohnen. Das sei keine „séance publique“. Dann stellt Me Di Vizio die Legitimität der Juristin des „Collège médical“ infrage. Dem Gericht wirft er Voreingenommenheit vor und sieht die Rechte der Verteidigung nicht gewährt.
Irgendwann beruhigen sich die Gemüter und es geht zur Sache. Dr. Benoît Ochs werden erneut Verstöße gegen den Deontologie-Kodex der Ärzteschaft vorgeworfen. Er habe Gefälligkeitsatteste ausgestellt und er habe Falschinformationen und Verschwörungstheorien verbreitet. Die Juristin des Ärztekollegiums fordert deshalb zwei weitere Jahre Berufsverbot für den Allgemeinmediziner aus Gonderingen. Bereits letztes Jahr wurde er wegen solcher Verstöße zu einem Jahr Berufsverbot verurteilt. Das Verbot läuft demnächst aus.
Die Vorwürfe, die Dr. Ochs nun gemacht werden, unterscheiden sich nicht wesentlich von denen aus dem vorherigen Prozess. Zusammengefasst kann man sagen, dass er nicht auf gleicher Linie mit den während der Pandemie geltenden sanitären Bestimmungen lag. Er hatte eine andere Meinung über Corona, die Impfung, die Maßnahmen und vor allem darüber, wie er seine Patienten zu betreuen habe.
Er wisse nicht, was ihm vorgeworfen werde, er verstehe es nicht, sagte Dr. Ochs am Mittwoch vor dem Disziplinarrat. Er habe seine Arbeit als Arzt stets verantwortungsvoll und gewissenhaft gemacht, seinen Patienten und der Wissenschaft gegenüber. Seine Aussagen vor dem „Collège médical“ würden nicht wirklich wahrgenommen.
„Worüber urteilen?“
„Arbiträr“, nennt das Me Di Vizio. Im ganzen Fall sei immer nur gegen seinen Mandanten ermittelt worden. Das sei „ridicule, et votre décision est déjà prise“. Es gebe keine Gleichheit der Waffen. Dr. Benoît Ochs habe in einem schlechten Moment in einem schlechten Lager gestanden. Er habe andere Ansichten gehabt und sei deshalb als Krimineller dahingestellt worden. Dabei habe er stets das Wohl seiner Patienten vor Augen gehabt.
Worüber werde eigentlich geurteilt, wollte Me Di Vizio wissen. Über das Recht der freien Meinungsäußerung? Über die Einschätzung der Corona-Maßnahmen? Die Impfung? Und was sei mit den Einschränkungen, die man als Bürger habe erleiden müssen? Hätte man das damals alles so glauben und hinnehmen müssen?
Dr. Ochs zu verurteilen, um ein Exempel zu statuieren, sei nicht der richtige Weg. Das denken wohl auch die Unterstützer vom Arzt, die bis Sitzungsschluss vor der Tür des Gerichtsgebäudes auf ihn gewartet haben.
Am 19. April wird das Urteil gesprochen.
@JJ Genau, immer diese Ablenkung vom Wesentlichem, arch....
@Hottua,
das Thema der Dissertation heißt: " Arzt verbreitet Unsinn auf Kosten der Menschen in Pandemie Zeiten." So recht sie auch haben was die Nazizeit angeht,das steht heuer nicht zur Debatte. Es geht darum ob Ochs als "bester Arzt der Welt" durchgeht oder als gefährlicher Scharlatan.
Das "Collège médical" steht vor der bisher nicht in Angriff genommenen Verantwortung, ihre eigene Geschichte tabulos aufzuklären.
▪ "Eugenik gab es vor Hitler und es gibt sie bis heute"
Von Franziska BADENSCHIER, zeit.de, 06.02.2010
Erbkrankheiten seien ein Gift, das nicht weitergegeben werden dürfe: dieser Idee folgten die Nationalsozialisten. Doch die Eugenik ist älter, sagt der Historiker A. BAUER. Axel W. BAUER, Jahrgang 1955, ist Professor für die Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg sowie Mitglied im Deutschen Ethikrat. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem die Entwicklung der Medizin im 19. und 20. Jahrhundert und die Präimplantationsdiagnostik.
• ZEIT: In dem 1910 erschienenen Buch "Die Welt in 100 Jahren" findet sich ein Kapitel mit Visionen zur Medizin. Dort heißt es unter anderem: "Wir kennen das Gift ganz genau; wir kennen seine schädigende Wirkung auf uns und unser Geschlecht, aber wir denken nicht daran, uns darum zu kümmern. (…). Der Staat will gesunde Kinder. Er braucht sie. Aber er sorgt nicht dafür, daß die Eltern gesund sind und gesund sein können. Bei den Eheschließungen werden Braut und Bräutigam nach allem Möglichen gefragt, nur nach dem Nötigsten nicht: ob sie gesund sind. Ob nicht der Keim einer sich vererbenden Krankheit in ihnen steckt."
• BAUER : Die Grundgedanken der sozialdarwinistischen Lehre, wie sie gerade in Deutschland von Ernst HAECKEL, Alfred PLOETZ und Wilhelm SCHALLMAYER propagiert wurde, waren bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts etabliert. Eugenische Ideen waren in der Weimarer Republik verbreitet, sogar bis in die konservativen Kreise der Sozialdemokratie. Dieses Denken war also gar kein spezifisch nationalsozialistisches Gedankengut. Eine rassistische Zutat war allerdings die ebenfalls seit dem Ende des 19. Jahrhunderts aufkommende "Rassenhygiene", also die Ansicht, dass gerade die nordische Rasse höherwertig sei." (…)
MfG
Robert Hottua
Ech hun mei' Vertrauen an een vum mir ausgewiehlten Dokter wei' an den Collège médical !
Wenn man einen Anwalt zur Verfügung hat der es versteht mit "Rundumschlägen und Kalamitäten" vom eigentlichen Thema abzulenken bekommt man noch zusätzliche Anhänger. Wäre der Blick während Corona gerade so "wach" gewesen stünde Ochs jetzt nicht hier. Wer in Pandemiezeiten das Gegenteil von dem behauptet was die Wissenschaft zu bieten hat,ist unseriös. Ob Arzt oder Anhänger.Nur der"beste Arzt der Welt" müsste es besser wissen. Letztlich hat er durch seine Aussagen Menschen in Gefahr gebracht ,vielleicht sogar einige auf dem Gewissen.Was natürlich zu beweisen wäre. Unseriös auf jeden Fall.Da kann auch ein Staranwalt nichts ändern.