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KunsteckePicasso – Mythos und Selbstdarstellung

Kunstecke / Picasso – Mythos und Selbstdarstellung
Installationsansicht „Picasso: Künstler und Modell – Letzte Bilder“ in der Fondation Beyeler (© Succession Picasso/2023, ProLitteris, Zurich) Foto: Mark Niedermann

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Seit Mitte Februar läuft in Amsterdam die Mega-Vermeer-Ausstellung. Bereits vor Beginn waren 200.000 Tickets verkauft. Vor einer Woche eröffnete die Fondation Beyeler in Riehen/Basel die „Picasso Célébration 1973-2023“-Feiern mit der Ausstellung „Picasso: Künstler und Modell – Letzte Bilder“.

Geht es bei der Vermeer-Ausstellung um eine möglichst komplette Präsentation des Werkes des großen Meisters (28 von 37 Bildern werden gruppiert gezeigt), so macht die Expo Picasso in der Beyeler-Stiftung den Auftakt zu den in der ganzen Welt geplanten Veranstaltungen anlässlich des 50.Todestages von Pablo Picasso am 8. April 2023. Zwar gibt es immer wieder Ausstellungen mit Werken des bedeutenden Künstlers, doch haben das Musée national Picasso-Paris und Bernard Picasso, Enkel des Künstlers, sowie das Picasso Museum in Malaga diese Feierlichkeiten mit rund 50 Veranstaltungen initiiert, notiert die Fondation Beyeler, eine Einrichtung, die über einen bedeutenden Picasso-Fundus verfügt und diesen auch der Öffentlichkeit zugänglich macht. Es sei hier nur an die vor nicht allzu langer Zeit organisierte Ausstellung zum Frühwerk von Picasso erinnert.

25 Jahre Beyeler

2022 feierte die Fondation Beyeler ihr 25-jähriges Bestehen. Nach der Pandemie eine willkommene, Gelegenheit wieder Kunstfreunde ins schmucke Museum in Riehen nahe Basel zu locken. 363.877 Gäste haben Ausstellungen und sonstige Veranstaltungen besucht, ergo ein gelungenes Jubiläumsjahr. Es wäre müssig, alle Veranstaltungen aufzulisten, doch sei erwähnt, dass das Kunsthaus aktive Vermittlungsarbeit bei jüngeren Menschen leistet. Rund 35.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene konnten im Jubiläumsjahr in den Räumlichkeiten der Stiftung begrüßt werden, ein Zeugnis davon, wie wirkungsvoll hier „Kunstvermittlung“ mit Blick in die Zukunft gestaltet wird.

In dem umfassenden Band „Fondation Beyeler – die Sammlung“, einem reich illustrierten, rund 300 Seiten umfassenden Buch, herausgegeben von Theodora Vischer für die Stiftung, werden die in der Sammlung vertretenen Künstlerinnen und Künstler mit ihren Werken ausführlich präsentiert. Diese Einzelbeiträge werden zudem durch zwei Essays von Rahl Uhl und Gottfried Boehm ergänzt, wobei Letzterer in Sachen Sammlung dieser „Kontinuität“ und Verankerung in der „Gegenwart“ bescheinigt. Im Jubiläumsjahr wurde besagte Kollektion durch Werke von Lucas Arruda, Pierre Bonnard, Olafur Eliasson, Pierre Huyghe, Ottobong Nkanga und Philippe Parreno ergänzt.

Besagte Dokumentation über die Beyeler-Sammlung widmet Pablo Picasso zehn Seiten mit Abbildungen diverser Werke aus den 30er-, 40er- oder auch 60er-Jahren, wobei die gezeigten Kunstwerke nur einen Teil der „Picassos“ im Besitz der Stiftung repräsentieren. In der Tat verfügt die Stiftung über mehr als 30 seiner Werke, sodass sie damit „eine der hochkarätigsten Picasso-Sammlungen weltweit beherbergt“, hält eine Mitteilung fest.

Fokus auf Künstler, Modell und Mythos

Picasso ist für seine intensive Schaffenskraft und recht eklektische Technik-Auswahl sowie seine „unzähligen Bildideen“ bekannt. Nicht all seine Werke strahlen das gewisse „Etwas“ des Meisters aus, allzu eifrig hat er manchmal mit ein paar Strichen seinen Impulsen Ausdruck verliehen, ohne dabei stets die Perfektion seiner bedeutenden Werke zu erreichen.

Neben dem Griff in das Picasso-Fach der Haussammlung hat Kurator Raphäel Bouvier laut Pressemitteilung den „Versuch“ unternommen, anhand „einzelner repräsentativer Gemälde aus Picassos gewaltigem Spätwerk seinen um den schöpferischen Prozess, die Blickbeziehungen zwischen Maler und Modell, die Darstellung des männlichen Künstlers und ebenso die bildliche Inszenierung des weiblichen Modells kreisenden Erkundungen nachzugehen und diese auf ihre Aktualität hin zu befragen“.

Mit diesen Worten wird diese Schau, in der Bilder aus der kubistischen Zeit des Künstlers um 1907 bis hin zu späten Werken der 1960er-Jahre gezeigt werden, umrissen. Die Stiftung pocht außerdem darauf, dass 15 weitere Werke aus der Sammlung und der Anthax Collection Marx in angrenzenden Räumen zugänglich sind, sodass die Schau „Picasso: Künstler und Modell – Letzte Bilder“ ein „umfängliches Panorama von Picassos Schaffen“ bietet.

Von Picasso ist bekannt, dass er sich in mannigfaltigen Genres geübt hat, dem Begriff „Abstraktion“ ein neuartiges Gesicht, einen eigenen Ausdruck, verliehen hat. Picasso hatte so manch intensives Verhältnis mit seinen Modellen, seinen Musen – der Beyeler-Sammelband greift auf eindrucksvolle Art seine Beziehung zu Marie-Thérèse Walter in den 30er-Jahren in Text und Bild auf -, kein Wunder, dass Experten das Verhältnis von Künstler und Modell näher unter die Lupe genommen haben. Diese Ausstellung soll dies herauskristallisieren, den Fokus auf den „Mythos“ Künstler mit „gestreiftem Hemd“ und sein „Gegenentwurf“, Künstler als „bärtiger Mann“ und Maler vor dem Modell, richten, all dies ergänzt durch seine spezifische Vision des „nackten weiblichen Modells“. In dieser Analyse des Umgangs von Künstler und Modell galt es selbstredend, die seinerzeit gültige „Darstellbarkeit im Kontext der heutigen Zeit“ auszuloten.

Die Beyeler-Ausstellung als Beitrag zur Initiative „Picasso Célébration 1973-2023“ verspricht so manch neue Sicht auf das Oeuvre eines der bedeutenden Künstler des 20. Jahrhunderts. Ein Abstecher in das von Renzo Piano entworfene elegante Museumsgebäude in Riehen lohnt sich wohl auch, weil die Fondation Beyeler parallel zur Picasso-Schau noch andere Ausstellungen zeigt.

Infos

„Picasso. Künstler und Modell – Letzte Bilder“ vom 19. Februar bis zum 1. Mai 2023 in der Fondation Beyeler in Riehen/Basel.
Anschrift: Baselstraße 101, CH-4145 Riehen.