Tageblatt: Sind Sie noch immer etwas verblüfft von diesem verrückten Spielverlauf?
Kai Merk: Absolut. Ich habe am Sonntag gleich nach Abpfiff gesagt, dass es für mich das emotionalste Spiel in den anderthalb Jahren in Luxemburg war. Einen 0:2-Rückstand zu Hause zum 4:2 zu drehen ist schon etwas Besonderes … Die Stimmung ist nach den Siegen immer hervorragend, aber man hat in der Kabine schon gemerkt, dass das noch mal was anderes war. Auch jetzt, nachdem ich das Spiel schon etwas Revue passieren lassen konnte, bin ich nach wie vor begeistert.
Wie hat die UTP dieses Spiel in Überzahl gekippt? Lag es an der Ansprache in der Pause?
Es lag im Endeffekt an dieser Gelb-Roten Karte der Differdinger (in der 38. Minute, d.Red.). Das hat uns den Schwung gegeben, um noch vor der Pause das Anschlusstor zu machen. Wir konnten die Situation gleich ausnutzen. Gegen ein Differdingen mit elf Mann und einer 2:0-Führung wäre es für uns unheimlich schwer geworden. Es wäre nicht unmöglich gewesen, an Punkte zu kommen, aber deutlich schwieriger. Dieser Platzverweis hat uns allen diese paar Prozent gegeben. In der Ansprache ging es eigentlich nur noch um taktische Dinge, da wir nach dem Anschluss ohnehin motiviert waren.
Sowohl gegen die Fola als auch gegen Differdingen lief es nicht unbedingt perfekt. Trotzdem ist Union Titus Petingen mit sechs Punkten in die Rückrunde gestartet. Was macht die Stärke des Vereins in dieser Saison aus?
Wir können jedes Wochenende befreit und ohne Druck aufspielen. Als junge Mannschaft sind wir eigentlich relativ unbekümmert. Wir haben einen jungen, dynamischen Trainer, der Wert darauf legt, dass wir attraktiven Fußball spielen und uns weiterentwickeln. Das ist ebenfalls eine unserer Stärken: In fast allen Spielen hatten wir den Großteil Ballbesitz und die Fäden auch meist selbst in der Hand. Wir erspielen uns viele Torgelegenheiten und dadurch erhöhen wir unsere Chancen dann auch, Punkte mitzunehmen.
Sie haben nun in zwei Spielen dreimal getroffen und einen Elfmeter rausgeholt. Haben Sie in der Winterpause gezielt darauf hingearbeitet, noch gefährlicher zu werden?
Es ist ja die Rolle des Offensivspielers, der Mannschaft mit Toren weiterzuhelfen. Da wir offensiv relativ gefährlich sind, ist mal der eine dran, dann wieder ein anderer. Jetzt gerade hat es mich erwischt. (lacht) Ich bekomme gute Chancen, stehe in den richtigen Räumen. Dann gehen die Dinger mit der Zeit auch rein. Darauf hingearbeitet habe ich nicht, denn man versucht eigentlich ja immer, sich weiterzuentwickeln. Seitdem der neue Trainer da ist, kann ich mich ohne Druck auf dem Spielfeld entfalten. Er gibt mir viele Freiheiten. Das hilft mir unheimlich. Zudem schenkt er mir das Vertrauen, was es mir einfacher macht. Ich muss mir also keine anderen Gedanken machen.
Wer wird das interne Torschützenduell der Petinger gewinnen – Sie (10 Treffer), Artur Abreu (11) oder Kempes Tekiela (8)?
(lacht) Ich hoffe, dass wir drei am Schluss so viele Tore auf dem Konto haben, damit es reicht, um uns für den Europapokal zu qualifizieren. Intern wird natürlich schon mal darüber gelacht, aber ich würde es beiden gönnen, sollten sie am Ende der Saison vor mir stehen. Für mich persönlich geht es um meine eigene Statistik – also eine, über die ich mich nicht beschweren kann. Es ist schwer, eine konkrete Zahl zu nennen. Im Moment kann ich mich nicht beschweren, aber ich hatte auch in den letzten zwei Spielen noch weitere Torchancen. Der Ansporn muss es sein, dass diese auch reingehen.
Im Interview mit Rheinpfalz meinten Sie vor wenigen Wochen, 2023 könnte Ihr Jahr werden. Wie soll dieses Jahr aussehen und welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Es ging darum, dass ich möglicherweise mit Petingen im Sommer an der Europapokal-Qualifikation teilnehmen könnte. Gleichzeitig war damit auch die Nationalmannschaft von Kirgisistan gemeint. Ich werde meinen Pass bekommen, der gerade fertiggestellt wird. Theoretisch könnte ich also für die Nationalauswahl auflaufen. Das wird aber alles noch ein bisschen dauern. Falls ich eingeladen werde, muss ich mich erst mal präsentieren.
Gute Nachrichten für Sie demnach. Wie geht es weiter?
Der Pass ist gemacht und jetzt hängt es davon ab, ob sie mich berufen. Vor dreieinhalb Jahren war ich zum letzten Mal dort. Die sind also nicht unbedingt auf dem neuesten Stand. Ich würde mich freuen, wenn ich im März die Chance bekommen könnte, mich zu zeigen. Es wäre ein Traum, für die Nationalmannschaft zu spielen. Das Gute an der Luxemburger Meisterschaft ist, dass alle Spiele gefilmt werden. Sie hatten also schon ein Auge drauf. Es läuft ja aktuell ganz gut für mich, deshalb bin ich guter Dinge. Trotzdem will ich mich nicht komplett festlegen, wie es weitergeht. Man kann also nur spekulieren, dass es möglicherweise mein Jahr werden wird. (lacht)
Am kommenden Wochenende steht ein unbequemes Auswärtsspiel in Mondorf an. Wie schätzen Sie den nächsten Gegner ein?
Bisher habe ich einmal in Mondorf gespielt – und es war tatsächlich sehr unangenehm. Man fährt dorthin und weiß, dass ein sehr ekliger Gegner wartet, der in jeden Zweikampf alles reinschmeißt. Meistens sind die Platzbedingungen auch so, dass man nicht unbedingt den besten Fußball spielen kann, was uns nicht entgegenkommt. Deshalb stelle ich mich auf ein kampfbetontes Spiel ein, bei dem wir noch mal drei Punkte holen wollen, bevor uns die zwei Topspiele gegen Hesperingen und Düdelingen bevorstehen.
Steckbrief
Name: Kai Merk
Geboren am 28.8.1998
Nationalität: Deutscher
Position: Mittelstürmer
Bisherige Vereine: FK Pirmasens, SV Elversberg, VfR Aalen (alle D), UT Petingen (seit 1.7.2021)
Leistungsbilanz 2022/23: 15 Einsätze, 10 Tore, 5 Vorlagen
Leistungsbilanz (gesamt): 43 BGL-Ligue-Spiele, 20 Tore, 6 Vorlagen
Zukünftiger Nationalspieler?
Der Gedanke, für die kirgisische Nationalmannschaft zu spielen, begleitete den 24-jährigen Kai Merk seit fünf Jahren. Wie viele Deutsche wanderten auch die Vorfahren von Merk im vergangenen Jahrhundert in Richtung Osten aus. Heute noch gibt es dort Dörfer wie „Rot-Front“ – aber auch die Ortschaft „Lyuksemburg“. Der Vater des Petingers wurde noch im zentralasiatischen Land geboren. Merk kam in Rheinland-Pfalz zur Welt. Weil der Vater die Staatsangehörigkeit abgegeben hat, war es für den Angreifer nicht mehr so einfach, sie zu erlangen. Diese Hürde liegt jetzt hinter dem Stürmer.
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