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Im Griff des Nationalsozialismus (2)„Verteidiger der Heimatfront“: Der Reichskriegerbund in Luxemburg

Im Griff des Nationalsozialismus (2) / „Verteidiger der Heimatfront“: Der Reichskriegerbund in Luxemburg
Propagandamarsch in Esch unter Teilnahme des NS-Reichskriegerbundes. Der NSRKB wird angeführt von Peter Anheuser, Datum unbekannt. Foto: Archives nationales

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Nach der Kapitulation der 6. Deutschen Armee bei Stalingrad fanden die organisierten Veteranenverbände im Deutschen Reich ihr Ende. 1943 ordnete Adolf Hitler die Auflösung des Nationalsozialistischen Reichskriegerbundes (NSRKB) an. Sämtliche überregionalen Strukturen dieses Dachverbandes der deutschen Soldaten- und Veteranenverbände waren von der Verordnung betroffen. Lediglich die lokalen Kameradschaften durften weiterbestehen. Ihre Mitglieder wurden der NSDAP unterstellt. Die Auflösung des NSRKB betraf auch die beiden Kreisverbände im besetzten Luxemburg.

Anfang Juni 1941 begann der NSRKB in Luxemburg zu werben. Anfänglich sollten vor allem deutsche Weltkriegsteilnehmer und gediente Soldaten als Mitglieder angeworben werden. Bereits am 7. Juni konnte in Luxemburg-Stadt die erste Kameradschaft gegründet werden. Am darauffolgenden Tag folgte eine weitere in Esch/Alzette. Als Führer der neu geschaffenen Kameradschaften wurden die Reichsdeutschen Josef Kleesattel in Luxemburg-Stadt und Peter Anheuser in Esch/Alzette verpflichtet. Nur während der Anfangsphase lassen sich einige, mit Vorsicht zu genießende Mitgliederzahlen ausmachen. Mindestens 520 Mitglieder sollen dem luxemburgischen Ableger des NSRKB beigetreten sein.

Während der folgenden Monate wurden landesweit Werbeaufrufe und -veranstaltungen organisiert, mit denen nun auch luxemburgische, elsässische, lothringische und belgische Veteranen angesprochen werden sollten. In einigen Ortschaften formierten sich erste Ortsgruppen. Neben Luxemburg-Stadt bildeten sich im Kreis „Esch-Alzig“ neun eigenständige Kriegerkameradschaften: Esch, Schifflingen, Düdelingen, Rümelingen, Tetingen-Kayl, Beles, Bettemburg, Petingen und Differdingen. Bis zur Auflösung des NSRKB sollten jedoch noch weitere (selbstständige) Kameradschaften im Kreis Esch folgen. In den Kreisen Diekirch und Grevenmacher konnten, unter der Führung Kleesattels und Anheusers, acht weitere Kameradschaften gegründet werden: Diekirch, Ettelbrück, Wiltz, Klerf, Grevenmacher, Remich, Wasserbillig und Echternach.

Aufgrund des Werbeerfolges wurden ab November 1941 zwei Kreisverbände Esch-Grevenmacher und Luxemburg-Diekirch aufgebaut und die Aufbaustäbe zur Kreiskriegerführung erhoben. Kleesattel und Anheuser wurden zu Kreiskriegerführern ernannt.

Ziele und Aktivitäten

Während den Werbeveranstaltungen und Monatsappellen des NSRKB wurden die Mitglieder nach nationalsozialistischen Grundsätzen indoktriniert. Zum Schutz der Heimat sollten sie sich dem sogenannten „Unsichtbaren Krieg“ (UKri) widmen. Die Gegner des NS-Regimes, allen voran Juden, Freimaurer und Widerstandskämpfer, sollten aufgespürt und denunziert werden. Ebenso diente der „Ukri-Kampf“ dazu, all jene Mitbürger zu überwachen und zu melden, die „falsche Gerüchte“ streuten und Auslandssender wie beispielsweise die BBC hörten. Dieser Feindpropaganda sollten die NSRKB-Mitglieder mit Durchhalteparolen entgegentreten. Gemäß der „Heim ins Reich“-Politik sollte der NS-Reichskriegerbund zusätzlich das nationalsozialistische Gedankengut fördern und den „Wehrwillen“ der Luxemburger stärken.

Der „Heimatschutz“ manifestierte sich jedoch auch anhand der freiwilligen Meldung der Kameradschaftsmitglieder zum Wachkommando der Kriegsgefangenenlager oder des Werkschutzes. So sollen sich im Dezember 1941 beispielsweise 32 Mitglieder der 97-köpfigen Kameradschaft aus Düdelingen freiwillig zu solchen Diensten gemeldet haben. Zusätzlich häuften sich ab Juli 1942 dann noch landesweite Aufrufe des NSRKB zum Kleinkaliber-, Opfer- oder Übungsschießen. Diese dienten der militärischen Vorbereitung des NSRKB als Wehrmachtsreserve.

Seit Ende 1941 engagierte sich der NSRKB im Rahmen der Kameradschaftspflege unter anderem in der Betreuung der Kriegshinterbliebenen und Kriegsversehrten. So wurden regelmäßig Spenden für verwundete Soldaten in den Lazaretten in Luxemburg-Stadt gesammelt. Ebenso kümmerten sich landesweit die Mitglieder des NSRKB um die kostenfreie Unterbringung „meist elternloser verwundeter oder erholungsbedürftiger Soldaten“ der Ost- und Afrikafront. Anhand solcher Aktionen sollte die Verbundenheit der ehemaligen zu den aktuellen Frontkämpfern demonstriert werden. Mittels Totengedenkfeiern sollten verstorbene Kameradschaftsmitglieder geehrt werden.

Auflösung des NSRKB

Die erste Hälfte des Jahres 1943 wurde vor allem von der Auflösung der Bundesführung sowie aller überregionalen Strukturen des NS-Reichskriegerbundes geprägt. In seiner Eigenschaft als noch amtierender Kreiskriegerführer begann Anheuser, sich vor dem Chef der Zivilverwaltung, Gauleiter Gustav Simon, für die Aufzeichnung seiner Mitarbeiter in der Kreiskriegerführung zu engagieren. Die Führer der lokalen Kameradschaften wurden aufgefordert, freiwillig mit der NS-Kriegsopferversorgung zusammenzuarbeiten. Die „wohlfahrtspflegerischen“ Tätigkeiten des NSRKB wurden fortan von der NS-Volkswohlfahrt übernommen.

Trotz der Auflösung der übergeordneten Strukturen des NS-Reichskriegerbundes ging das „Vereinsleben“ in den lokalen Kriegerkameradschaften weiter. Sie wurden Betreuern bzw. Kreisbeauftragten unterstellt. Diese waren unter anderem dafür verantwortlich, die Kameradschaften „über die Richtlinien der sich infolge der Auflösung der überörtlichen Organisationen des NS-Reichskriegerbundes und der damit verbundenen Angliederungen der Kameradschaft“ an die NSDAP zu informieren. Auch Fahnenübergaben – wie beispielsweise an die selbstständig gewordene Kameradschaft in Steinfort – wurden fortan von diesen übernommen.

Für das Jahr 1944 sind kaum noch Aktivitäten der einzelnen Kameradschaften nachweisbar, abgesehen von vereinzelten Teilnahmen an Straßensammlungen oder am Wehrschießen der Sturmabteilung (SA). Mit der Befreiung des Landes am 9. und 10. September fanden auch die lokalen Kameradschaften in Luxemburg ihr Ende.

Zum Artikel

Dieser Artikel ist eine Kurzfassung eines Beitrages im Sammelband „Im Griff des Nationalsozialismus. Fallstudien zu NS-Organisationen in Luxemburg und der Ortschaft Schifflingen“. Das Buchprojekt ist eine Zusammenarbeit der Schifflinger Gemeinde mit dem „Musée national de la Résistance et des droits humains“, mit Beiträgen der Historiker*innen Yann Duarte, André Marques, Steve Devé, Jérôme Courtoy und Elisabeth Hoffmann. Das Buch ist für 10 Euro im Rathaus der Gemeinde Schifflingen am Empfang erhältlich. Der Erlös geht an die „Schëffleng Hëlleft asbl“.