Als Reaktion auf den Korruptionsskandal um Katar und Marokko will das Europaparlament die Transparenz- und Lobbyregeln deutlich verschärfen. Geplant ist eine sogenannte „Abkühlungsfrist“ von zwei Jahren. In dieser Zeit dürften ehemalige Abgeordnete keine Lobbyarbeit mehr machen. Außerdem sollen die Parlamentarier künftig dienstliche Treffen, Reisen und Geschenke offen legen.
Die Vorschläge sind Teil eines Aktionsplans, den Parlamentspräsidentin Roberta Metsola am Donnerstag in Brüssel den Fraktionschefs vorlegte. Die belgische Justiz beschuldigt den ehemaligen EU-Abgeordneten Antonio Panzeri, nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament eine Lobbyorganisation gegründet zu haben, über die dann Geld geflossen sein soll – unter anderem an die ehemalige Vizepräsidentin Eva Kaili.
Verdächtiger Kontakt
Panzeri, Kaili und ihr Lebensgefährte Francesco Giorgi sitzen seit Mitte Dezember in belgischer Untersuchungshaft. Ihnen wird „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption“ vorgeworfen. Die Polizei hatte bei mehreren Razzien in Brüssel rund 1,5 Millionen Euro sichergestellt. In der Wohnung von Kaili fanden die Ermittler 150.000 Euro in bar.
Die Griechin soll versucht haben, die Politik des Parlaments im Sinne des Emirats Katar zu beeinflussen. Panzeri soll Geld aus Marokko angenommen haben. Neben dem EU-Parlament sollen auch andere Institutionen den Einflussversuchen ausgesetzt worden sein. Die EU-Kommission hat eine interne Prüfung eingeleitet; ein früherer Kommissar hatte offenbar Kontakt zu Panzeri und seiner Lobbygruppe „Fight Impunity“.
Marc Angel ist ein Teamplayer, Menschenrechtskämpfer und ausgewiesener Sozialpolitiker in unserer Fraktion
Bisher konzentriert sich die Aufklärung jedoch auf das Europaparlament. Es hat Kaili aller Ämter enthoben. Bei der Plenarsitzung in der kommenden Woche in Straßburg wollen die Abgeordneten einen Nachfolger für die ehemalige Vizepräsidentin bestimmen. Als aussichtsreichster Kandidat gilt der Luxemburger Marc Angel. Wie Kaili gehört er der sozialdemokratischen S&D-Fraktion an.
Die deutschen Sozialdemokraten haben sich bereits für Angel ausgesprochen. „Marc Angel ist ein Teamplayer, Menschenrechtskämpfer und ausgewiesener Sozialpolitiker in unserer Fraktion“, sagte der Chef der SPD-Gruppe, Jens Geier. Er stehe für Transparenz und aktive Korruptionsbekämpfung. Die anderen Fraktionen hätten der S&D diesen Platz im Präsidium des Parlaments zugesagt.
Ebenfalls in der kommenden Woche will das Parlament über schärfere Transparenz- und Lobbyregeln beraten. Die Vorschläge Metsolas, zu denen auch ein Verbot der so genannten Freundschaftsgruppen gehört, gehen jedoch nicht allen weit genug. „Falls Einmischung aus dem Ausland nachgewiesen wird, müssen wir Sanktionen verhängen – gegen Personen und gegen Staaten“, sagte Geier.
Auch der grüne Europaabgeordnete Daniel Freund fordert mehr Einsatz. Metsolas Vorschlag sei zwar zu begrüßen, das Reformpaket greife aber immer noch zu kurz. „Eine Offenlegung des Vermögens von Abgeordneten zu Beginn und Ende der Legislatur ist der vielleicht stärkste Anreiz gegen die Annahme von Schmiergeld“, so Freund.
Eine Reform der Ethikregeln müsse umfassend und öffentlich sein. „Dafür braucht es einen Sonderausschuss – nicht nur die angekündigten internen Konsultationen von Metsola mit einzelnen Abgeordneten“, so Freund.
Einige Abgeordnete rufen sogar nach einem Untersuchungsausschuss. Nach den geltenden Regeln kann der aber erst nach dem Ende der Ermittlungen eingeleitet werden. Nach den spektakulären Enthüllungen im Dezember kommt die belgische Justiz nun offenbar nicht mehr so recht voran. Ermittlungsrichter Michel Claise soll eingeräumt haben, dass bisher nicht genügend Beweise gegen Kaili vorlägen.
Weitere Rücktritte …
Dennoch zieht der größte Bestechungsskandal der EU-Geschichte immer größere Kreise. Am Donnerstag trat der Vizepräsident der Golfstaaten-Delegation des Parlaments, der Belgier Marc Tarabella, zurück. Er war unter anderem für Katar zuständig, es läuft ein Verfahren zur Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität.
Bereits am Mittwoch hatte die Vorsitzende des Menschenrechts-Ausschusses im Europaparlament, die belgische Sozialistin Marie Arena, ihr Amt niedergelegt. Zuvor war bekannt geworden, dass sie auf Kosten des Emirats eine Reise nach Katar angetreten hatte – ohne diese zu melden. Arena wies alle Vorwürfe zurück.
Sie habe es schlicht vergessen, das Parlament von der Reise zu informieren, erklärte die Politikerin. Schuld sei ihr Sekretariat. Arena nahm in Katar an einer Konferenz zur Lage der Menschenrechte in dem Land teil – und schrieb hinterher einen nuancierten Bericht. Allerdings stand sie Panzeri nahe, der früher ebenfalls den Menschenrechts-Ausschuss leitete.
Dieser Ausschuss steht nun ebenso im Fokus der Untersuchungen wie die sozialdemokratische S&D, der fast alle verdächtigten Politiker angehörten. Die Genossen weisen jedoch jede Kollektivschuld von sich. Die bisherigen Erkenntnisse seien nur „die Spitze des Eisbergs“, heißt es in der S&D-Fraktion, auch andere Parteien seien nicht immun gegen Bestechung.
Tatsächlich wäre es erstaunlich, wenn sich Katar oder Marokko bei Einflussversuchen allein auf S&D und das Parlament konzentriert hätten. Die EU-Kommission wäre ein lohnenderes Ziel, denn sie hat das Initiativrecht. Kommissionschefin Ursula von der Leyen und ihr Vize Margaritis Schinas pflegen enge Kontakte zu Katar. Beide gehören der konservativen Europäischen Volkspartei an.
… und weitere Länder
Manches deutet auch darauf hin, dass neben Katar und Marokko noch weitere Länder in den Skandal verwickelt sind. Die Zeitung Le Soir schreibt, auch Mauretanien habe Kontakt mit dem mutmaßlichen Drahtzieher Panzeri gehabt. Die belgischen Ermittler seien vom Geheimdienst eines befreundeten EU-Lands auf Panzeris Fährte gesetzt worden, heißt es weiter. Darüber hinaus arbeiteten sie mit vier weiteren befreundeten Diensten zusammen.
Wenn sich diese Informationen bestätigen, dann hätten es die Ermittler nicht mit einem regional begrenzten „Katargate“ zu tun – sondern mit einem weit verzweigten, länderübergreifenden Netzwerk der Korruption.
Zu Demaart
@Kermi Dir hutt Är Medikamenter erëm vergiess.
Dieser EU-Bonzen und Lobbyistenclub sollte abgeschafft werden, nur Verschwendung,Veruntreuung von Steuergeldern sondergleichen,eine korrupte dreckige politische Anstalt. Alles zum Kotzen.
Et mëffelt zu Bréissel! Do war dach och mol eng Affaire vun confidentiellen SMS déi un en Dingschthändy adresséiert waren, an herno um privaten Cellphone geland sin. Déi betreffend Persoun soll déi geläscht hun, obschon déi Daten vun politischer Importenz an och als potenziell Beweismëttel ze gebrauchen waren. Siehe VDL-Berateraffäre Verteidigungsministerium.
Bitte, grabt weiter, der Geruch der Verwesung kann manchmal betörend sein.
Weg mit dem Diplomatenstatus. Das ist eine "licence to kill" für schwache Charaktere.