Wer sich in der Rockhal einfand und kurz in das Abendprogramm schaute, der staunte vielleicht nicht schlecht, als er sah, dass ganze zwölf sogenannte Dialogue Sessions, also Diskussionsrunden, auf dem Programm standen. Mit Betreten der Main Hall wurde dann auch schnell klar, dass es doch anfangs schwieriger werden könnte, hatte man sich auf ein überbordendes Kulturabschlussspektakel gefreut.
Es wurde diskutiert, über Nachhaltigkeit, kulturelles und historisches Erbe, über Zusammenhalt und „Culture for freedom – freedom for culture“ – alles sicherlich spannende Themenfelder, die im Rahmen der zahlreichen Projekte von Esch2022 auch zum Tragen gekommen und für künftige Überlegungen und Strategien unabdingbar sind, jedoch für eine Abschlussfeier doch recht einseitig und mitunter etwas trocken waren.
„A little less conversation, a little more action please“
Glücklicherweise gab es zwischen den einzelnen Diskussionspanels immer wieder auch Performances von der „Compagnie Les Passagers“ sowie dem Ensemble „Future Frequencies“. Man darf gespannt sein, was das Projekt der „Future Frequencies“, das eigens für Esch2022 konzipiert und ins Leben gerufen wurde, künftig noch in petto hat, und gerne darf man auch in Luxemburg noch mehr von der „Compagnie Les Passagers“ sehen, die in ihrem akrobatischen Lufttanz in absoluter Synergie zur Malerei, Videoeinspielern und Musik agierten und dem Publikum so ein wahrlich intermediales Spektakel präsentierten. Diese leider zu kurzen Darbietungen hatten ihren positiven Einfluss auf die Stimmung im Saal und so bleibt einzig hier, getreu nach Elvis, das Motto: „A little less conversation, a little more action please.“
Kulturelles Potpourri
Diese Action gab es nach den Diskussionsrunden dann auch in der gesamten Rockhal und auf dem Belval und letztendlich kam so langsam dann doch das Gefühl eines kulturellen Potpourris auf: Wer Lust hatte, konnte mit dem „Time-Travel-Bus“ eine Runde über das Territorium des Belvals drehen und in Virtual-Reality-Manier in der Zeit um über hundert Jahre in die Vergangenheit zurückreisen beziehungsweise nach 1986, als in Belval noch Eisen und Stahl produziert wurden. Diese viel zu kurze Tour kann ein wunderbarer Einstieg für Touristen und Einheimische sein, die die Vergangenheit hautnah miterleben möchten. Allerdings wäre eine Überarbeitung und Modernisierung mit neuesten Forschungserkenntnissen, Bildmaterial und VR-Technologie nötig, um so das volle Potenzial der Möglichkeiten, die die modernen Technologien bieten, auszuschöpfen.
Neben dem „Time-Travel-Bus“ konnte man sich ebenfalls noch zwei Ausstellungen in der Massenoire sowie der imposanten Möllerei ansehen; dass beide Gebäude im Rahmen der Kulturhauptstadt Esch endlich für jeden zugänglich gemacht wurden, kann man nur ausdrücklich begrüßen. Es bleibt zu hoffen, dass auch künftig viele Besucherinnen und Besucher den Weg dahin finden und auch lokale und internationale Künstlerinnen und Künstler sich diese Räume für ihre Arbeit zunutze machen.
Wie oben bereits angedeutet, gab es aber auch in der Rockhal einiges zu sehen und vor allem zu hören: So konnte man zusammen mit dem Belong-Kollektiv zu Flamenco, Capoeira und afrikanischem Tanz die Beine schwingen oder zu den Trans-Noise-Klängen des Duos La Jungle abgehen und das Herumsitzen definitiv hinter sich lassen.
Abschließend gab es im Rockhal-Floor noch eine spannende Sonderedition der „Désœuvrés“-Lesung, in der neue Texte von Christine Lauer und Jeff Schinker präsentiert wurden, dies im jeweiligen Zusammenspiel mit dem belgischen DJ und Produzent Sensu sowie der luxemburgischen Indieband The Cookie Jar Complot. Wer nun noch ein Ticket und Lust hatte, der konnte noch nach Villerupt in die Arche, um dort bis drei Uhr morgens ausgiebig zu feiern.
Esch2022 ist somit Geschichte und es bleibt die Frage nach dem, was noch kommt? Pläne und Strategien gibt es einige und man darf gespannt sein, wie nachhaltig Esch2022 für die Kulturszenen in Luxemburg und Frankreich sein wird.
Bestemmt e Riisen Succès...