Die Saudade-Spezialisten Cristiano Ronaldo und Neymar waren in ihrem Weltschmerz vereint, Harry „Pain“ Kane litt eher britisch-kühl. Während Messi, Mbappé, Modric und Marokko den Titel in Katar unter sich ausmachen werden, hat die WM auf brutale Art drei weitere Topstars verloren – wie zuvor Robert Lewandowski oder Kevin De Bruyne, die zu früh hochgelobten Spanier und die tief gefallene deutsche Mannschaft.
Kaum jemand trug daran so schwer wie Ronaldo. Nach dem Viertelfinal-Drama mit Portugal gegen WM-Sensation Marokko (0:1) schien CR7 in einem Ozean aus Tränen zu ertrinken. Da war es wieder, dieses nostalgische Gefühl, etwas Geliebtes verloren zu haben, verbunden mit dem Wissen, die quälende Sehnsucht niemals stillen zu können – in Portugal als Saudade bekannt wie gefürchtet. Und in die ehemalige Kolonie Brasilien importiert: Auch Neymar spürte es.
Wie der völlig aufgelöste Star des Rekordweltmeisters gab sich Ronaldo ganz seinen über Wochen angestauten Emotionen hin. Auf seiner Flucht in die Katakomben wurde der gefallene Nationalheld von den Tränen übermannt. Zu schmerzvoll war der Gedanke, wohl niemals den goldenen WM-Pokal in Händen halten zu dürfen. Folgt nun gar der Rücktritt?
Ronaldo schwieg dazu. Dafür polterte seine Freundin gegen Nationaltrainer Fernando Santos, der ihren Liebling bis zur 51. Minute auf der Bank hatte schmoren lassen – die „mächtigste Waffe“, wie „Expertin“ Georgina Rodriguez meinte, eine „schlechte Entscheidung“. Santos meinte schulterzuckend, er bereue nichts.
Gedanken über Rücktritte
Dass Ronaldo 2026 mit 41 Jahren auf die größte Bühne zurückkehren wird, ist unwahrscheinlich. Neymar, ebenfalls am 5. Februar, aber sieben Jahre später geboren, ist dann „erst“ 34. „Dein Vermächtnis ist noch lange nicht zu Ende. Inspiriere uns weiter!“, flehte der große Pelé, dessen Torrekord (77) Neymar im Drama gegen Kroatien (2:4 i.E.) einstellte.
Ein Trost war dies nicht. „Ich bin psychologisch am Boden“, schluchzte Neymar auf Instagram: „Es wird leider noch sehr lange wehtun.“ Er wolle „jammern und leiden“, und erst dann über seine Zukunft entscheiden: „Ich schließe die Türen nicht, ich sage nicht zu 100 Prozent, dass ich zurückkomme.“
Bei Englands tragischem Helden Kane steht ein Abschied nicht im Raum – vielleicht konnte der 29-Jährige auch deshalb seine Tränen zurückhalten. Dennoch ging ihm sein ganz persönliches Déjà-vu sichtlich zu Herzen.
Kane hockte auf dem Rasen, beide Hände am Kopf, den Blick starr nach unten gerichtet, untröstlich. „Elfmeterschmerz … schon wieder“, schrieb der Mirror und schien seine Gedanken lesen zu können. Englands alte Fußball-Krankheit!
Dabei war Kane gegen Weltmeister Frankreich (1:2) zunächst vom Punkt erfolgreich und stellte den englischen Torrekord von Wayne Rooney (53) ein. Doch als er die Verlängerung hätte erzwingen können, jagte er den Ball vom Punkt wie einst Uli Hoeneß in den Nachthimmel.
„Es ist grausam für ihn“, sagte Teammanager Gareth Southgate. Und Kane, dem das Boulevardblatt Sun den Beinamen „Pain“ (Schmerz) verpasste, bestätigte blass: „Es schmerzt, und es wird wahrscheinlich noch lange Zeit schmerzen.“
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