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Philharmonie / Frauenpower in der Philharmonie
Der orchestrale Einheitsbrei, der hier geboten wurde, ließ einen nur den Kopf schütteln und auch gelang es Edward Gardner, seit 2021 Chefdirigent des Orchesters, an keiner Stelle, Brahms’ letztes Orchesterwerk an irgendeiner Stelle interessant oder gar spannend erscheinen zu lassen Foto: Sébastien Grébille

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Wenn es einem Konzerthaus schon einmal gelingt, gleich vier weibliche Weltstars innerhalb eines Monats zu verpflichten, dann darf man das natürlich auch dramaturgisch in einen Fokus setzen. Unter dem Titel „Women making waves“ kündigt die Philharmonie nun fünf Konzerte mit den wunderbaren Künstlerinnen Anne Sophie-Mutter, Julia Fischer, Yuja Wang und Cecilia Bartoli an.

Den Auftakt machte Anne-Sophie Mutter am 14. November in einem Konzert zum Andenken an Großherzog Jean und Großherzogin Charlotte. Zusammen mit dem jungen Cellisten Pablo Ferrandez und dem London Philharmonic Orchestra unter Edward Gardner interpretierte sie das Doppelkonzert von Johannes Brahms. Der Grande Dame der Violine folgt die nicht minder talentierte Julia Fischer mit zwei Konzerten. Zusammen mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden spielt sie am 17. November unter Dirigent David Afkham das Violinkonzert von Felix Mendelssohn-Bartholdy sowie am 18. das Violinkonzert von Ludwig van Beethoven, Dirigent ist dann Tugan Sokhiev. Konzerte mit der exzentrischen Pianistin Yuja Wang sind immer ein Erlebnis. Am 28. November tritt sie mit einem ihrer musikalischen Lieblingspartner, nämlich dem Violinisten Leonidas Kavakos, auf. Auf dem Programm stehen die Violinsonate Nr. 1 von Johannes Brahms, die Sonate pour violon et piano JWVII/7 von Leos Janacek und die Sonate für Violine und Klavier Nr. 2 von Robert Schumann.

Ihr Temperament und ihre Kommunikationsfreudigkeit sind ebenso legendär wie ihre Gesangskunst: Die italienische Operndiva Cecilia Bartoli lädt am 30. November zu einer konzertanten Aufführung von Mozarts Oper La clemenza di Tito, in der sie die Hosenrolle des Sesto singt. Begleitet wird das hochkarätige Ensemble mit u.a. John Osborn in der Titelrolle von Les Musiciens du Prince-Monaco unter der Leitung von Gianluca Capitano.

Musikalische Ebbe

Wenig Wogen schlug erst einmal das erste Konzert und von Frauenpower war nichts zu spüren. Bereits die Ouvertüre zum Märchen von der schönen Melusine op. 32 von Felix Mendelssohn-Bartholdy, dessen 175. Todestag wir dieses Jahr begehen, enttäuschte. Langweilig und flach, ohne Dynamik und Farben plätscherte die Ouvertüre dahin. Edward Gardner machte sich nicht die Mühe, das kleine, sympathische Werk mit der notwendigen Liebe und Schönheit auszustatten. Er setzte auf eine geradlinige, vorhersehbare und ziemlich langweilige Interpretation. Erschreckend blass auch das London Philharmonic Orchestra, das bestenfalls Dienst nach Vorschrift machte. Es wurde nicht besser und auch bei Johannes Brahms’ Doppelkonzert war musikalische Ebbe angesagt. Der orchestrale Einheitsbrei, der hier geboten wurde, ließ einen nur den Kopf schütteln und auch gelang es Gardner, seit 2021 Chefdirigent des Orchesters, an keiner Stelle, Brahms’ letztes Orchesterwerk an irgendeiner Stelle interessant oder gar spannend erscheinen zu lassen.

Diese Belanglosigkeit war erschreckend, zumal auch Anne-Sophie Mutter sich davon anstecken ließ. Ich habe diese wunderbare Violinistin schon so oft gehört, und es war jedes Mal überragend. Hier aber blieb sie interpretatorisch wie auch spielerisch hinter allen Erwartungen zurück. Ihr Spiel war oft so leise, dass man es kaum vernahm, und eigentlich nur dort, wo sie solo spielen konnte, war ihre einmalige Bogenführung zumindest ansatzweise vernehmbar. Ansonsten blieb ihr Violinspiel in allen drei Sätzen flach und fahl. Dabei machte es ihr Partner, der Cellist Pablo Ferrandez, ihr sehr leicht. Er lebte jede Note und statte seinen Part mit Spielfreude, Dynamik und Dialogbereitschaft aus. Dazu kamen sein wunderbarer Klang und eine atemberaubende technische Virtuosität. Leider vermochte er weder Mutter noch Gardner oder das zum Einschlafen langweilige Orchester mitzureißen, sodass Ferrandez alleine der einzige Höhepunkt dieses enttäuschenden Konzertabends blieb.

Denn auch mit Bela Bartoks Konzert für Orchester, einem Werk, das jedem Dirigenten und Orchester die Möglichkeit gibt, zu glänzen, wussten das LPO und Gardner nicht viel anzufangen. Die Tempi waren gedehnt, Akzente gab es keine, alles wurde zu einem ungefährlichen, nichtssagenden Einheitsbrei zusammengerührt. Von den vielen Instrumentengruppen, die Bartok hier konzertmäßig in Szene setzt, beeindruckten eigentlich nur die Holzbläser, während die blassen Streicher und das dünne Blech an keiner Stelle Hörfreude aufkommen ließen. Von Mutter und Fernandez hatte sich das Publikum bereits keine Zugabe mehr erklatschen wollen, Gardner und das schwache LPO ließen es sich aber nicht nehmen, ihr Konzert, dem Mitglieder der großherzoglichen Familie beiwohnten, mit einer – allerdings wunderschön gespielten – Nocturne aus der lyrischen Suite von Grieg zu beenden.