Headlines

Alain spannt den Bogen„Ganz im Dienste der Orchestermusiker“

Alain spannt den Bogen / „Ganz im Dienste der Orchestermusiker“
Pierre Thielen, der Präsident, und Barabara Geiser, die Vizepräsidentin der Amis de l’OPL Foto: Eric Engel

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In unserer Philharmonie-Backstage-Reihe stellen wir diese Woche die beiden Gesichter hinter den „Amis de l’OPL“ vor.

Tageblatt: 1987 wurden die „Amis de l’OPL“, damals noch unter der Ägide von RTL, gegründet. Mit welchem Ziel, und was war eigentlich der Auslöser?

Barbara Geiser: Damals hieß die Vereinigung noch „Les Amis de l’Orchestre Symphonique de RTL“. RTL hatte einen Vertrag mit der Regierung, in dem festgehalten war, dass RTL die Aufgabe hatte, ein Symphonieorchester zu unterhalten. Alle 20 Jahre wurde dieser Vertrag erneuert. 1973 wurde das Orchester nach vielen Diskussionen noch mitgenommen, 1993, also 20 Jahre später, brauchte RTL die terrestrischen Frequenzen nicht mehr, da jetzt alles über Satellit ging. Das war der entscheidende Grund, warum RTL das Orchester nicht mehr brauchte und auch nicht mehr wollte.

Aber bereits vorher spürten wir, dass es für uns sehr eng werden würde, zumal in dieser Zeit auch noch die Solistes Européens Luxembourg gegründet wurden. RTL wollte das Orchester nicht mehr bezahlen, da waren wir ohnehin das fünfte Rad am Wagen, und die Regierung wollte es auch nicht übernehmen. Man argumentierte, dass es doch viel billiger wäre, die großen internationalen Orchester einzuladen, als ein eigenes Symphonieorchester zu finanzieren.

Pierre Thielen: Dann entstand eben die Idee, eine Vereinigung zu gründen, die das Orchester und seine Musiker unterstützen und die auch Druck auf die Politiker machen sollte. Die Vereinigung hatte schnell 2.000 Mitglieder zusammen. Die Politik war damals ja nicht sonderlich interessiert, zumal Luxemburg mit den SEL ein Orchester hatte, das ganz anders finanziert wurde und dessen Musiker nicht in Luxemburg angestellt waren.

Kurz, die Umbruchphase, die für alle Musiker sehr hart war, endete 1996, als der Staat das Orchester übernahm und es zum heutigen Orchester Philharmonique du Luxembourg wurde. Für dieses Unterfangen wurde dann eigens die Fondation Henri Pensis gegründet, die die Geschicke des Orchesters bis 2012 leitete, wo das OPL anschließend in die Struktur des „Etablissement public Salle de Concerts Grande-Duchesse Charlotte“, also der Philharmonie, integriert wurde. Die „Amis“ haben damals, als die Fondation gegründet wurde, finanziell einen nicht unerheblichen finanziellen Beitrag zu diesem Projekt geleistet.

Wie sind die „Amis“ denn organisiert?

P.T.: Wir sind ein sogenannter Freundeskreis, der als Gesellschaft ohne Gewinnzweck, also als Asbl, funktioniert. Und rechtlich auch so aufgestellt, mit einer alljährlichen Generalversammlung der Mitglieder und einem Verwaltungsrat, der mindestens 15 Mitglieder umfasst, wobei ebenfalls ein zusätzliches Mitglied des Orchesters in beratender Funktion kooptiert werden kann.

B.G.: Man muss hier auch erwähnen, dass Leopold Hager, der damals Chefdirigent war, uns in diesen schwierigen Jahren bis 1996 sehr intensiv unterstützt hat und sehr viel dafür getan hat, dass das Orchester auch auf internationalem Parkett präsent war.

Ab 1990 kam es dann zu Kammermusikkonzerten mit Orchestermusikern …

B.G.: Ja, diese Konzerte fanden in den ersten Jahren immer abends im hauptstädtischen Konservatorium statt, dann gab es eine mehrjährige Pause und ab 2003 wurden sie wieder aufgenommen und auf sonntags 11.00 Uhr mittags verlegt. Also die sogenannten „Concerts-apéritifs“. Wir haben ein treues Publikum und die Konzerte sind sehr gut besucht und meistens ausverkauft.

Wer stellt denn die Programme zusammen?

P.T.: Wir schreiben die Musiker des Orchesters in jedem Jahr persönlich an und fordern sie auf, uns Vorschläge hinsichtlich Programm und Besetzung zu unterbreiten. Wir versuchen dann, so vielseitig wie möglich zu sein. Das heißt, wir versuchen, jedes Mal andere Musiker bzw. Ensembles zu nehmen und auch sicherzustellen, dass sich die Programme über einen Zeitraum von fünf, sechs Jahren nicht wiederholen. Uns ist es auch sehr wichtig, dass regelmäßig Werke von luxemburgischen Komponisten gespielt werden. In dem Sinne vergeben die „Amis“ auch Kompositionsaufträge, wie beispielsweise an Alexander Müllenbach, Camille Kerger, Claude Lenners oder 2021 an Ivan Boumans. Gerade gestern wurde I Confini von Albena Petrovic uraufgeführt.

Aber Sie bieten Ihren Mitgliedern auch Konzertreisen an.

B.G.: Seit 1988 bieten wir unseren Mitgliedern sogenannte Begleitreisen an. Die erste Reise führte uns nach Namur in eine Sporthalle, wo das damalige RTL-Orchester zusammen mit dem Orchester der RTBF und einem 600 Mann starken Chor Gustav Mahlers 8. Symphonie aufführte. Pierre Cao dirigierte damals dieses Konzert. Ich erinnere mich noch gut. Es stank ziemlich stark in dieser Halle, da einige Tage vorher dort eine Schweine-Ausstellung stattgefunden hatte. (lacht)

P.T.: Diese Reisen haben sehr viel Erfolg. Wir waren schon oft in Wien oder Paris, aber auch in New York, London, Amsterdam, Rom, Neapel. Es kommt jetzt Budapest, wo wir vier Tage bleiben werden. Als wir das Orchester nach Südamerika begleitet hatten, da dauerte die Reise 14 Tage. Hier in Luxemburg können unsere Mitglieder zusätzlich an drei oder vier ausgewählten Proben des OPL teilnehmen.

Was passiert mit den finanziellen Einnahmen?

P.T.: Auf Wunsch der Leitung der Philharmonie übernehmen beispielsweise die „Amis“ die Gagen der Musiker bei besonderen Projekten wie beispielsweise der „Fête de la Musique“. Der größte Teil der Gelder, rund zwei Drittel, aber fließt in pädagogische Projekte der OPL-Musiker wie beispielsweise Workshops mit Kindern. Dies immer in Absprache mit der Philharmonie.

Manchmal werden auch neue Instrumente für die Orchestermusiker gekauft. Früher haben wir auch ein Darlehen zur Verfügung gestellt, wenn ein Musiker sich ein neues Instrument kaufen musste. Der ehemalige Chefdirigent Emmanuel Krivine verlangte, dass die Trompeter alle auf sog. Deutschen Trompeten spielen. So mussten einige sich also ein neues Instrument zulegen. Und da boten die „Amis“ Hilfestellung. Natürlich werden auch die sechs „Concerts-apéritifs“ integral von uns übernommen. Sie sehen also, wir sind in vielen Bereichen tätig und stehen ganz im Dienste der Orchestermusiker.