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Reaktionen auf Asselborns DeklarationAbgeordnete liefern sich schonungslose Debatte in der Chamber

Reaktionen auf Asselborns Deklaration / Abgeordnete liefern sich schonungslose Debatte in der Chamber
Am Mittwoch folgte die Debatte zur außenpolitischen Deklaration Jean Asselborns im Parlament Foto: Editpress/Alain Rischard

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Auf die außenpolitische Erklärung von Jean Asselborn am Dienstag folgte am Mittwoch die Debatte der Parlamentarier über diese Rede. Dabei erhitzten sich an mehreren Stellen die Gemüter.

Jean Asselborn nannte sie die schwierigste außenpolitische Deklaration seiner langen Amtszeit. Am Mittwoch folgte die Debatte in der Chamber darüber. Doch auch diese fünfstündige Debatte der Parlamentarier war alles andere als Routine. Gleich zu Beginn formulierte CSV-Fraktionspräsident Claude Wiseler klare Worte zur Außenpolitik des LSAP-Ministers. „Jeder kennt Asselborn, aber niemand weiß, was seine Außenpolitik ist“, sagte Wiseler. Er bemängelte, dass seit fast 20 Jahren keine Richtlinien in Asselborns Außenpolitik zu erkennen seien.

Jeder kennt Asselborn, aber niemand weiß, was seine Außenpolitik ist

Claude Wiseler, CSV-Fraktionspräsident

Auch zitierte Wiseler Aussagen des Außenministers über Wladimir Putin, den dieser am liebsten eliminieren würde. Ein paar Tage später habe Premier Xavier Bettel mit Putin ein längeres Telefongespräch geführt. „Diese Kontradiktion ist lächerlich und inkompetent“, schlussfolgerte Wiseler. Diese Inkonsequenz in der luxemburgischen Außenpolitik störe ihn. Zudem verstehe er nicht, wie man nach einer demokratisch verlorenen Abstimmung zur Taxonomie im EU-Parlament nach den Mitteln der Justiz greifen könne. Das sei schädlich für Luxemburg. Und ausgerechnet mit Österreich, dessen Politiker Asselborn gerne als Populisten beschimpfe, mache die Regierung nun gemeinsame Front gegen das Taxonomie-Gesetz.

Auch gegen die ADR teilte Wiseler aus, ohne sie konkret beim Namen zu nennen. Diese zähle sich selbst zu den konservativen Parteien, unterstütze aber die Ukraine nicht, wie es andere sogenannte konservative Parteien wie die PIS in Polen oder die „Fratelli d’Italia“ täten. Wiseler setzte die Ukraine-Politik der ADR mit jener der deutschen AfD und des französischen „Rassemblement National“ (ehem. „Front National“) gleich.

ADR und Papst Franziskus

Der ADR-Abgeordnete Fernand Kartheiser wies die CSV auf das C in deren Namen hin. Stehe dies für „centre“ oder für „christlich“? Auf jeden Fall teile die ADR ihre Position zur Ukraine mit Papst Franziskus. Dieser sei für Frieden und Ausgeglichenheit. „Auch wir plädieren weiter für den Frieden“, sagte Kartheiser.

Ihr [ADR] seid dazu bereit, dass die Solidarität mit der Ukraine zerbröckelt, und reibt euch dann die Hände

Gusty Graas, DP-Abgeordneter

Der DP-Abgeordnete Gusty Graas schloss sich der Aussage Claude Wiselers über die Wichtigkeit der Sanktionen gegen Russland an. Auf Putin zugehen, sei nicht der richtige Weg. Er gab zu, dass die Sanktionen auch uns wehtun würden. An die ADR gerichtet sagte Graas: „Ihr seid dazu bereit, dass die Solidarität mit der Ukraine zerbröckelt, und reibt euch dann die Hände.“ Graas nannte es verantwortungslos, die Sanktionen als falsch zu verkaufen. Graas fand lobende Worte für Asselborns Deklaration und hob einige Punkte daraus hervor.

Demnach sollte der Prozess zur EU-Erweiterung unbedingt weitergeführt werden. Verhandlungen mit der Türkei unter Erdogan schloss er aber kurz- und mittelfristig aus. Diese Aussage veranlasste Kartheiser erneut zu einer Zwischenfrage. Der ADR-Abgeordnete verstand nicht, wieso die Regierung dann die Linie vertrete, der Türkei einen Beitritt in Aussicht zu stellen. Graas antwortete darauf, dass er nicht gesagt habe, die Türkei solle der EU niemals beitreten. Graas verteidigte Asselborn gegenüber den Aussagen von Claude Wiseler. Letzterer solle doch seine Vorwürfe mit Beweisen untermauern. Graas unterstütze die Außenpolitik des Ministers. „Ich finde es erstaunlich, dass hier eine Kritik verbreitet wird, die nicht stimmt“, so der DP-Abgeordnete.

Feministische Außenpolitik

LSAP-Fraktionspräsident Yves Cruchten lehnte die Kritik Claude Wiselers, keinen roten Faden in Jean Asselborns Rede erkannt zu haben, vehement ab. Asselborn werde in Luxemburg und in anderen Ländern sehr für seine Politik geschätzt. Cruchten hob mehrere Punkte aus Asselborns Deklaration vom Vortag hervor und beharrte insbesondere auf die Richtigkeit der Sanktionen gegen Russland. Inzwischen sehe man, dass sie wirken würden. Er nannte einige Beispiele wie den großen Rückgang sowohl bei russischen Importen wie auch Exporten. Zudem sei die Teuerung sehr hoch und würde weiter steigen. Auch in Luxemburg würden wir das spüren. Dazu habe die Regierung die Solidaritätspakete geschnürt, um gegenzusteuern. Auch hegte Cruchten Kritik an der Grenzschutz-Organisation Frontex.

Der LSAP-Abgeordnete reichte gleich drei Motionen ein. Die erste zur feministischen Außenpolitik, insbesondere zur Solidarität mit den iranischen Frauen, wurde einstimmig angenommen. Das gleiche Resultat erhielt die Motion über den Genozid an den Jesiden. Die dritte Motion Cruchtens zu Menschenrechten, der feministischen Außenpolitik, dem Krieg in der Ukraine und den Protesten im Iran wurde ebenfalls angenommen, allerdings nicht einstimmig.

Das ist nichts weniger als feministische Weltgeschichte, die hier geschrieben wird

Stéphanie Empain, „déi gréng“-Abgeordnete

Stéphanie Empin („déi gréng“) ging ebenfalls auf den Ukraine-Krieg ein, setzte den Fokus ihrer Intervention allerdings auf die Missstände im Iran. „Das ist nichts weniger als feministische Weltgeschichte, die hier geschrieben wird“, sagte sie. Die Frauen würden heute ihr Leben aufs Spiel setzen, um der nächsten Generation zu helfen. Bislang seien alle Aufstände blutig niedergeschlagen worden. Doch diesmal sei es anders. Auch Männer und ältere Menschen nähmen an den Protesten teil. „Unser Werkzeugkasten könnte mehr hergeben und schnellere und schärfere Sanktionen wären angebracht“, sagte sie. Wieso werde hier nicht mehr gemacht, fragte sie.

Kritik an Frontex

Fernand Kartheiser fand Asselborns Rede enttäuschend. Der Außenminister habe eine einseitige Rede gehalten, ohne auf die Vorgeschichte einzugehen. „Ein Diplomat muss aber nach der objektiven Wahrheit suchen“, sagte er. Der ADR-Abgeordnete gab an, nicht zu verstehen, wieso der Krieg unbedingt weitergeführt werden soll. Seine Partei sei gegen Waffenlieferungen und wolle die Friedensverhandlungen in der Ukraine unterstützen. Dazu reichte er eine Motion ein, die abgelehnt wurde. Kartheiser sprach sich gegen die Sanktionen aus, weil sie nichts bewirken würden. Auch der Immigrations- und der Nahostpolitik des Außenministers erteilte die ADR eine Abfuhr.

Das nennt man Mord

Nathalie Oberweis, „déi Lénk“-Abgeordnete

„déi Lénk“-Abgeordnete Nathalie Oberweis bezeichnete nur den diplomatischen Weg als Lösung. Es sei frustrierend, dass die Weltgemeinschaft sich nicht für einen Waffenstillstand einsetze. Oberweis fand die Aussagen Asselborn problematisch, Europa als Hochburg der Menschenrechte zu bezeichnen. Zudem habe Europa die größte historische Schuld am Klimawandel und unterstütze Autokraten, wenn es in den Kram passe. Die Linken-Abgeordnete setze ihren Fokus auf die unfreiwillige Migration. Dabei übte sie scharfe Kritik am EU-Grenzschutz Frontex, der immer wieder Menschenrechtsverletzungen begangen habe. Auch machte sie die Institution für den Tod zahlreicher Menschenleben verantwortlich. „Das nennt man Mord“, sagte sie. „Wir müssen Brücken in die EU bauen statt Stacheldraht.“

Sven Clement (Piraten) zeigte Verständnis für Asselborns Aussage, dass er am Vortag seine bislang schwierigste Deklaration vortragen musste. Die Piraten würden hinter der Ukraine, den Sanktionen und dem Aufnehmen von Flüchtlingen stehen. Der Pirat reichte zudem ein Gesetzesprojekt ein, das die Einspeisetarife für Projekte, die in negative Emissionen investieren, festlegen soll. Dies habe zum Ziel, der Klimaneutralität näherzukommen, sagte Clement.

Asselborn echauffiert sich

Nach den Interventionen der Abgeordneten ergriff der Außenminister selbst das Wort, um auf einige Punkte einzugehen. Besonders gegenüber Fernand Kartheiser und Claude Wiseler echauffierte sich Asselborn. Er warf dem ADR-Abgeordneten vor, zu behaupten, die Ukraine sei keine Demokratie und deshalb sollte man das Land nicht weiter mit Waffenlieferungen unterstützen. „So etwas habe ich noch von keinem Land gehört, nicht mal von Ungarn“, monierte der LSAP-Minister. Wiselers Kritik zum Thema Taxonomie und der Vorwurf, Asselborn würde eine einseitige Nahostpolitik betreiben, konnte der Minister so nicht stehen lassen. In teils aggressivem Ton warf er Wiseler und seiner Partei Verlogenheit vor. Ein Wort, für das er sich später entschuldigte und es wieder zurückzog.

Gegenüber Nathalie Oberweis und Yves Cruchten gab Asselborn zu, dass Frontex in Bezug auf die Menschenrechte ein Problem hatte und immer noch hat, obwohl bereits große Fortschritte zur Verbesserung erzielt worden seien. Stéphanie Empain habe laut Asselborn zu Recht auf die Missstände im Iran hingewiesen. Dringendes Handeln sei notwendig. In der kommenden Woche stünde laut dem Chef der Luxemburger Diplomatie eine Abstimmung zu Sanktionen auf der Tagesordnung der Europäischen Union.

Jolly
10. November 2022 - 9.01

Kritiker Wiseler könnte ja auch mal Aussenminister spielen,
wenn er irgendwie gewählt würde,hat ja schon Erfahrung gemacht
mit einem kurzfristigen Ministerposten, leider gings voll in die Hose,
alles dreimal nix.

JJ
10. November 2022 - 8.59

Wiseler, die CSV und Richtlinien? Dann halte er den Ball mal sehr flach.