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Klimakonferenz„Den Reden Taten folgen lassen – auch in Luxemburg!“: Das sagen Luxemburger NGOs zur COP27

Klimakonferenz / „Den Reden Taten folgen lassen – auch in Luxemburg!“: Das sagen Luxemburger NGOs zur COP27
Unwetterereignisse, wie hier im indonesischen Aceh Selatan, nehmen immer weiter zu – und werden offenbar auch durch den Klimawandel begünstigt, der ganz woanders angetrieben wird Foto: Junaidi Hanafiah/XinHua/dpa

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Die Klimakonferenz in Ägypten wird auch in Luxemburg sehr genau von Aktivisten beobachtet – und zwar mit einer gehörigen Portion Skepsis: Zwar würden viele Dinge durchaus richtig erkannt, allerdings folgen den vollmundigen Ankündigungen nur zu wenige entsprechende Taten, sagen die Kritiker. Daran könne auch das kleine Luxemburg sehr viel ändern.

Was die Erde konkret plagt, konstatieren auch immer mehr Beobachter bei denjenigen, die den Planeten (und seine Bewohner) eigentlich aus der Not helfen sollten: heiße Luft. Denn vieles, was auf früheren Konferenzen vollmundig beschlossen wurde, wurde bis heute nicht entsprechend umgesetzt – und besonders die Konferenz von Glasgow im vergangenen Jahr gilt als Debakel, das sich auf keinen Fall wiederholen darf.

Dass Al Gore in Ägypten zugibt, alle dort Anwesenden hätten „ein Glaubwürdigkeitsproblem“, stößt auch bei Luxemburger Beobachtern nicht auf Widerspruch: „Die COP26 war etwas enttäuschend, weil dort viele Reden gehalten wurden, das Konkrete aber oft abgeschwächt wurde“, findet etwa Christophe Murroccu, der beim „Mouvement écologique“ (Méco) die Politik zum Klimaschutz im Auge behält. Als Mitglied von „Friends of the Earth“, einem internationalen Zusammenschluss von Umweltschutzorganisationen, ist „Méco“ auch, indirekt, bei der COP27 vertreten. Im Gespräch mit dem Tageblatt nennt Murroccu als Beispiel für das Scheitern der Vergangenheit den erfolgreich torpedierten schrittweisen Kohleausstieg: aus dem „phase out“ aus der Technologie wurde auf Bestreben Indiens nur ein „phase down“. 

„Was wir für diese COP erwarten, ist ganz klar: dass den Reden auch Taten folgen, auch in Luxemburg“, sagt der Luxemburger. Ein wichtiger Punkt seien etwa dienational festgelegten Beiträge“ („nationally determined contributions“, NDC), die so streng und verbindlich festgelegt werden müssten. „Wir müssen genau festlegen, was und wo müssen wir einsparen, damit wir ‚on track‘ sind beim Ziel, die 1,5 Grad einzuhalten!“

Kein Recht, sich rauszuhalten

Trotz seiner relativ kleinen Größe habe Luxemburg jedenfalls kein Recht, sich einfach aus der Verantwortung zu reden. „Ob man auf den Earth Overshoot Day schaut oder auf die Pro-Kopf-Emissionen, da sind wir in Europa und weltweit ganz vorne mit dabei“, gibt Murroccu zu bedenken – und fordert weitere Anstrengungen, auch in Anerkenntnis der Tatsache, dass Luxemburg sich im nationalen Energie- und Klimaplan „relativ hohe“ Ziele bei der Reduktion der Emissionen und in der Nutzung der erneuerbaren Energien gesteckt habe.

Allerdings habe der Klimarat (IPCC) ja festgestellt, dass die Welt immer noch nicht auf dem 1,5-Grad-Pfad ist – darum müsse Luxemburg seine Ambitionen, genau wie alle anderen Staaten, noch höher schrauben – „und diese dann aber auch national umsetzen“. Es sei ja „grundsätzlich klar, an welchen Schrauben zu drehen ist, damit sich strukturell etwas ändert“, doch den entsprechenden politischen Willen vermisse man in Luxemburg. 

„Ich denke da sofort an eine nachhaltige und sozial gerechte Steuerreform!“ Die fordere „Méco“ viele Jahre lang, ärgert sich der Aktivist: „In Sachen Besteuerung der Umweltzerstörung sind wir in Europa Schlusslicht!“ Umweltschädliche Subventionen müssten endlich abgeschafft werden – und über Instrumente wie den Pensionsfonds investiere man immer noch in Firmen, die mit fossilen oder atomaren Energieträgern arbeiten. (Der kürzlich neu definierten EU-Taxonomie, wonach Kernenergie besonders klimafreundlich sei, schließt sich „Méco“, wenig überraschend, nicht an – und hat zusammen mit Greenpeace kürzlich den Premierminister aufgefordert, entsprechenden Investmentfonds keine Steuererleichterungen mehr zu gewähren.)

Schäumende Ironie

Es sei generell Aufgabe der Politik, „die Verhältnisse so zu ändern, dass der Einzelne sein Verhalten nachhaltig ändern kann“, anstatt den Bürgern einfach nur die entsprechende Verantwortung zu überlassen. Eher gedämpfte Begeisterung empfindet Murroccu auch angesichts der konkreten Randbedingungen, zu denen die COP27 stattfinden muss: „Wir wissen natürlich von Menschenrechtsverletzungen und Repressionen in Ägypten und dass sich Klimaaktivisten dort nicht so frei ausdrücken können wie wir hier“, stellt der Luxemburger fest und empfindet es als zusätzliche Ironie, dass ausgerechnet der eher wenig nachhaltige Brausekonzern Coca-Cola einer der Sponsoren in Scharm el-Scheich ist.

Gepaart mit der Erinnerung an die letztjährige Konferenz in Glasgow, wo anwesende Lobbyisten des Motorsports demonstrieren durften, wie nachhaltig doch die Formel 1 sei, ergebe sich doch „ein ziemlich bitterer Beigeschmack“, findet Murroccu – und stimmt damit im Gespräch mit dem Tageblatt dem zu, was Al Gore kurz darauf am Ort der Konferenz sagen sollte: Dass es ein massives Problem mit der Glaubwürdigkeit gibt.

Auch die Luxemburger Greenpeace-Sektion verweist darauf, dass Luxemburg zwar ein sehr kleines Land sei, aber ja auch „der wichtigste Finanzplatz für Investmentfonds in Europa und nach den USA der zweitgrößte weltweit“. Und genau hier würden „Billionen von Euro verwaltet, wobei ein Teil davon nach wie vor in die klimaschädlichsten und nicht nachhaltigsten Unternehmen der Welt investiert“ werde, empört sich Esther Wildanger gegenüber dem Tageblatt.

Änderungen am Finanzplatz

Das kleine Großherzogtum könne seinen „erheblichen Einfluss“ also klimaschützend einbringen – über drei Prinzipien: den progressiven Ausstieg aus Investitionen in „fossile Unternehmen“, die Festlegung von klaren Kriterien für als nachhaltig gekennzeichnete Anlageprodukte sowie über „volle Transparenz von Finanzprodukten hinsichtlich ihrer ökosozialen Auswirkungen“. Es sei klar zu sehen, wie sich „die Klimakrise immer weiter zuspitzt“, vor allem im globalen Süden, in Form von Dürren, Überflutungen oder Ernteausfällen. Zur Hilfe verpflichtet seien „vor allem diejenigen, die die Erderhitzung hauptsächlich verursacht haben“: Die Klimakrise sei „eine offene Rechnung, die sie nun begleichen müssen“.

Die 2021 beschlossenen Maßnahmen müssten jetzt entsprechend umgesetzt werden – und „ein neuer Finanzmechanismus gestartet werden, über den die Gelder gesammelt und verteilt werden“. Auf keinen Fall dürfe jetzt „jahrelang nur diskutiert werden, ohne dass irgendwas passiert“.

Wie beim „Méco“ fordert man auch bei Greenpeace, dass „die Hauptverursacher ihre Ziele zur Verringerung ihrer Emissionen nachschärfen“. Die Industrie- und Schwellenländer müssten schneller als geplant aus fossilen Energien aussteigen und „eine Trendumkehr eingeleitet werden“. Bei Greenpeace ist man jedenfalls überzeugt: „Der Ruf der besonders betroffenen Länder nach mehr Klimagerechtigkeit ist nicht mehr zu überhören!“


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