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TrauerbewältigungEine Frage der Würde: Haben Tiere einen Platz in den Todesanzeigen?

Trauerbewältigung / Eine Frage der Würde: Haben Tiere einen Platz in den Todesanzeigen?
Die Stellung von Tieren hat sich im Laufe der Zeit deutlich verändert Foto: Patrick Pleul/dpa

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Für viele sind sie wie ein Familienmitglied, für andere der einzige Gefährte, der ihnen noch bleibt. Aber macht das Haustiere uns Menschen ebenbürtig? Der „Wert“ von Tieren beziehungsweise ihr Stellenwert in der Gesellschaft ist schon lange Teil ethischer Diskussionen. Erst kürzlich entbrannten diesbezüglich hitzige Diskussionen infolge einer Todesanzeige unter einigen Tageblatt-Lesern.

Es ist eine Frage der Trauer und der Würde – doch wessen Würde? Am 15. Oktober hat das Tageblatt eine Todesanzeige der Hündin Kika publiziert. Unter anderem sah Tageblatt-Redakteur Marco Goetz Anzeigen dieser Art in seinem Editorial als ein Zeichen der Zeit, des Fortschritts, mit dem auch Hunden mit dieser symbolischen Geste eine letzte Ehre erwiesen wird und Hundehalter sich so von ihrem Gefährten verabschieden können. Andere wiederum halten diese Geste für unangebracht und respektlos: Hunde – oder generell Tiere – hätten nichts inmitten der Anzeigen verstorbener Familienmitglieder und Freunde zu suchen.

Ganz von der Hand zu weisen ist die Diskussion jedenfalls nicht, wo doch in einigen Luxemburger Gemeinden bereits Überlegungen laufen, Tierfriedhöfe anzulegen. Im Netz gibt es bereits virtuelle Tierfriedhöfe mit Todesanzeigen und Abschiedsworten. Darüber hinaus publizieren diverse ausländische Zeitungen, so etwa der Tages-Anzeiger und das Tagblatt der Stadt Zürich, regelmäßig Todesanzeigen für Tiere – allerdings in einer separaten Rubrik.

Für die Tageblatt-Redaktion war nach kurzen internen Gesprächen klar, dass sie dem für manche ungewöhnlich erscheinende Anliegen der Frau nachkommen würde. Es war übrigens nicht das erste Mal, dass Tiere in unserer „Memento“-Rubrik aufgenommen wurden: Bereits zuvor gab es Anzeigen für tote Hunde und einmal sogar eine für einen vom Aussterben bedrohten Vogel. Kikas Frauchen berichtete, dass sie bereits zuvor versucht habe, bei anderen Zeitungen eine Todesannonce für ihren Vierbeiner aufzugeben – jedoch ohne Erfolg.

„Ich glaube, wenn das einem Mensch helfen kann, seine Trauer zu bewältigen, dann soll er das auch tun“, meint ein Sprecher der Luxemburger Asbl Animort gegenüber dem Tageblatt. Über die Jahre hinweg baue man eine gewisse Verbindung zu seinen Haustieren auf. Besonders für ältere, alleinstehende Menschen seien sie eine Art Weggefährte. Mit dem Tod des Haustiers „verliert man ein Familienmitglied“, so der Sprecher.

Auch wenn der Tierliebhaber das Konzept für Todesanzeigen für Tiere an sich nicht anzweifelt, hätte er die Publikation jedoch anders gehandhabt, sagt er. Seiner Meinung nach hätte das Tageblatt die Todesanzeige in einer anderen Rubrik unterbringen sollen – etwa bei den „normalen“ Anzeigen oder in einer speziellen Tierrubrik.

Gespaltene Meinungen

Auch dem Leser Eric Bruch ging die Anzeige zu weit, woraufhin er seine Ansichten in einem Leserbrief kundtat: „Das ist pervers und entwürdigend, ein Schlag gegen all jene, die für Humanismus und den Universalismus der Menschenrechte eintreten.“ Durch das Publizieren der Hunde-Anzeige in einer angeblich den Menschen vorbehaltenen Spalte habe das Tageblatt die Menschenwürde praktisch mit Füßen getreten. „Der Mensch sollte auch im säkularisierten Zeitalter mehr sein als eine schiere Ansammlung von Zellen. Ihm kommt eine unikale Würde zu. Vierbeiner müssen auch da leider oder glücklicherweise draußen bleiben“, schreibt er weiter. Bruch erhält Unterstützung von einem weiteren Leser, der sich per E-Mail für den „mutigen Leserbrief“ bedankt.

Bruch traf allerdings nach seinem Beitrag bei einigen Lesern auch auf Gegenwind. So kritisierte eine Frau die Auffassung des Menschen als Krone der Schöpfung und bezeichnete Bruch als herzlos. „Warum soll es einem Menschen, der ein geliebtes Tier gehen lassen musste, nicht erlaubt sein, auf seine Art zu trauern, und was soll daran verwerflich sein, wenn er das mit einer Todesannonce in einer Tageszeitung mitteilen will?“, fragte sie. Andere zeigten sich in den Kommentaren „tief berührt“ und befürworteten die Anzeige – unter anderem auch, weil mit ihr ein Spendenaufruf für die gemeinnützige Organisation Amiavy einherging. Die Asbl setzt sich unter anderem für Tiere in Not ein – so etwa zurückgelassene oder misshandelte Tiere.

Keine Dinge, aber auch keine Menschen

Der Ethikexperte Norbert Campagna sieht die direkte Vermischung der Todesanzeigen von Tieren und Menschen als problematisch. Es wäre „weniger schockierend“ gewesen, die Tieranzeige in eine für Tiere angelegte Rubrik zu setzen, meint Campagna im Gespräch mit dem Tageblatt. „Das muss radikal getrennt werden.“ Durch die Vermischung bestehe die Gefahr, dass man die Würde des Menschen heruntersetzt, was nicht nur der Menschenwürde an sich schaden würde. Indem man Menschen und Tiere als Ebenbürtige ansieht, könnte sich einerseits das Verhältnis und andererseits auch der Umgang mit Tieren verschlechtern.

„Es besteht ein Unterschied zwischen dem moralischen Statut von Menschen und jenem von Tieren. Allerdings haben Tiere ein Recht auf Schutz“, sagt Campagna. Tiere seien am Ende trotz aller biologischer Gemeinsamkeiten andere Wesen. Der Mensch besitzt einen freien Willen, wodurch er sich „radikal“ von den Tieren unterscheidet. Doch gerade diese Freiheit verpflichte den Menschen dazu, Tieren den nötigen Respekt entgegenzubringen und sie zu schützen.

Der Umgang mit den Tieren habe sich im Laufe der Jahrhunderte sichtlich verbessert, was auch gut ist: Tiere sind schließlich keine „Dinge“ – doch Menschen seien sie auch nicht. Tiere nehmen laut Campagna eine Stellung zwischen Gegenständen und Menschen ein, die allerdings näher an Zweiterem ist. Doch man solle sich vor der menschlichen „Pendlerlogik“ hüten und nicht von einem Extrem in das andere rutschen, meint Campagna.

„Der Gedanke, dass man um ein Tier trauert, ist nachvollziehbar: Man hat mit ihm gelebt, man stand ihm nahe“, und so gehe ein Teil von uns verloren, schreibt Campagna. Der Mensch zeige Empathie gegenüber anderen Lebewesen. Deren Tod und Schmerzen würden ihn an seine eigene Vulnerabilität erinnern und mit dem eigenen Tod konfrontieren. Dieser Verlust sei besonders schwierig für Menschen, die sehr isoliert leben. Doch das sei ein grundlegendes gesellschaftliches Problem.

Ob es überhaupt sinnvoll ist, Tier-Todesanzeigen in Auftrag zu geben, sei dahingestellt. Sinn und Zweck dieser Anzeigen sei es in erster Linie, Freunde und Verwandte über den Sterbefall aufzuklären und sie über die bevorstehende Bestattung und Trauerfeier zu informieren. Die Anzeige könnte zudem auch eine Art Hilferuf des Auftraggebers sein, der sich in schwierigen Zeiten etwas Beistand wünscht, oder eine letzte Geste, um seine Liebe auszudrücken. Doch: „Eine Todesanzeige ist keine Trauerbewältigung“, so Campagna.

Animort und die Einäscherung von Tieren

Animort wurde vor rund 17 Jahren ins Leben gerufen: Ziel war es, Tierhaltern einen würdevolleren Abschied von ihren Haus- und Nutztieren zu bieten und die Luxemburger Politik diesbezüglich zu sensibilisieren. Tote Tiere und tierische Nebenprodukte seien in der Regel dem Veterinär übergeben worden, von wo aus sie dann in eine Anlage transportiert wurden, die die Kadaver zerkleinern und anschließend verbrennen. Die daraus resultierenden Überreste würden dann weiterverwertet werden – so etwa im Bausektor.

Die Asbl hingegen setze sich für einen würdevolleren Abschied der Tiere ein. Zudem habe Animort versucht, die Luxemburger Regierung dazu zu bewegen, ein Krematorium für Tiere zu schaffen. Dieses Vorhaben sei bisher allerdings aufgrund der hohen Kosten und „an der nötigen Nachfrage gescheitert“.

Darum würde Animort, Menschen, die an sie herantreten, an ein Krematorium nahe des belgischen Charleroi weiterleiten. Dort könnten die Tierliebhaber dann zwischen zwei Einäscherungsmethoden wählen: der Sammeleinäscherung oder der individuellen Einäscherung mit anschließender Rückführung. Bei der zweiten Methode könne man zwischen diversen Urnen aus unterschiedlichen Materialien wählen, auf Wunsch seien auch Gravuren möglich.

Währendem das verstorbene Tier eingeäschert wird, kann man seine Gedanken und Gefühle in einem Trauerbuch vor Ort festhalten. Wer möchte, kann beim Herausholen der Überreste anwesend sein, andernfalls wartet man, bis man die mit Tieraschen befüllte Urne überreicht bekommt. Zudem bestehe laut dem Animort-Sprecher die Möglichkeit, das Tier vor der Einäscherung noch einmal herrichten zu lassen und sich dann ein letztes Mal vom ihm zu verabschieden.

Die Preise für die Tierkremierung und die damit verbundenen Dienstleistungen variieren je nach Tierbestattungsinstitut und je nach dem Gewicht des Tieres. 

JJ
4. November 2022 - 12.15

@Leila, auch ich war bei meinem Hund als er eingeschläfert wurde. Ein erhabener Moment fürwahr.Ihm war sehr wohl dabei als ich seinen Kopf in meiner Hand hielt und er mich riechen und hören konnte bis er einschlief.Dann wurde er in einem Institut verbrannt und ich habe die Asche unter einem Olivenbaum vergraben. Das war's. Die Erinnerung bleibt und jetzt weiss auch die Öffentlichkeit von der Geschichte.Aber wohler ist mir dabei nicht.Sie verstehen was ich meine. Also es bleibt die Frage: Was nützt eine Annonce in der Zeitung?

Phil
2. November 2022 - 19.48

@lupus-canis Leit déi net frou mat Déieren sin, sin och meeschtens net frou mat Menschen. Mäin ale Mupp huet mech missten virun puer Méint verloossen. Dat war kee schéinen Moment! Sein Käppchen luch op menger Hand, hun him gutt geschwaat an war bei him bis hien d'Guckelcher fir ëmmer zougemat huet. Hätt ech vun der Méiglechkeet gewousst, ech hätt gären eng Notiz vun sengem Gang iwwert d'Bréck an d'Zeitung gesat. Hien war en gudden an treien Hond... e Frënd ass fortgangen :( Dir hutt ären Nickname nett verdëngt! Nennt iech "cold-soul" oder "iced-spirit", dat passt besser béi är zwou Zeilen.

lupus-canis
2. November 2022 - 18.20

also ech froe mech : a wou se mer geland hu mer soss keng Peng

Rose-Marie 68
2. November 2022 - 18.17

Ech hun keen Problem domader et ass jo een Familienmitglied wann Leit sech drun steieren dann kann Zeitung jo engen Rubrik machen eng Doudenanonce fir Deieren dann get et jiderengem gerecht .

Danielle T
2. November 2022 - 15.29

Ech war bis zum Schluss bei mengem Hond. War ganz schlemm vir mech mein Hond anschlofen ze loosen. Ech hun Urne mat sengen Äschen bei mir doheem. Dat war mir ganz wichteg. Awer wei gesoot en as emmer an mengem Herzen an mengen Gedanken. Ech geiw keng Doudesannonce machen awer ech fannen dat gudd dass Tageblatt dat mescht.

j.trweiler
2. November 2022 - 12.44

Méng zaam Raat ass gestuerwen. Ech hunn déi Reschter, déi de Fuus iwreg geloos huet, erëm fonnt an se an engem schicke Karton gesammelt. Wou kann ech se begruewen?

Leila
2. November 2022 - 12.05

Weiß nicht, werte(r) JJ, warum das jetzt ins Lächerliche gezogen werden muss... (Diskriminierung der Katzen usw.) Die großartige Tierschützerin Annie E.- H. war damals gegen Tierfriedhöfe, weil sie Kommerz (z. B. Herrichten des Tieres) anscheinend zu Recht befürchtete. Heute wird das geliebte Tier in den Todesanzeigen Verstorbener als Trauernder mit einbezogen und namentlich aufgeführt, was früher kategorisch abgelehnt wurde. Tiere vermissen ihren Lieblingsmensch genauso wie umgekehrt. Den größten Dienst erweist man seinem Tier, indem man beim Sterben/Einschläfern bei ihm bleibt und das möglichst in seiner gewohnten Umgebung.

Pani
2. November 2022 - 11.48

@andrefeller/ Zou Charleroi gett wa gewollt, keen Déier vu Kanarievull bis Perd anonym ageäschert. E kann een dobéi sin wan d'Äschen an d'Urn geföllt gin déi een da mat allen dozougehéirenden Pabéiere mat heem höllt. Ech schwëtzen aus Erfahrung.

andrefeller
2. November 2022 - 10.01

Et wier och mol schéin, wann ee sein Hausdéier am Familljegraaf kéint beisetzen. D'Hausdéier gehéiert zur Famill, an et gett näischt méi onwürdeges wi mussen säin Hond am Ausland "anonym" anäscheren ze loossen.

JJ
2. November 2022 - 9.09

Ist das keine Diskriminierung der Katzen,Kanarienvögel und Goldfische? Aber im Ernst.Wer sich an einem Tag,Allerheiligen genannt,vor einen kalten Marmorstein stellt um,für alle sichtbar,Trauer zu praktizieren,der kann auch eine Todesanzeige für ein totes Tier veröffentlichen. Ob Halloween oder Allerheiligen-solange es keinem schadet. Aber Trauer findet im Kopf statt,nicht in der Tageszeitung und zwar zu jeder Zeit,nicht an einem "Feiertag".