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Budget 2020Nach Enthüllungen über illegale Praktiken: EU-Parlament lehnt Frontex-Haushalt erneut ab

Budget 2020 / Nach Enthüllungen über illegale Praktiken: EU-Parlament lehnt Frontex-Haushalt erneut ab
Der ehemalige Frontex-Chef Fabrice Leggeri (hier auf einem Bild aus dem Jahr 2017) ist im April zurückgetreten Foto: AFP/Janek Skarzynski

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Nach Enthüllungen über illegale Praktiken bei Frontex hat das Europäische Parlament (EP) der Grenzschutzbehörde zum zweiten Mal binnen sechs Monaten die Entlastung beim Haushalt verweigert.

Die Mehrheit der Abgeordneten lehnte es am Dienstag in Straßburg ab, das Frontex-Budget des Jahres 2020 zu billigen. Ein ähnliches Votum hatte es bereits im Mai gegeben. Zuvor hatte der Haushaltskontrollausschuss des EU-Parlaments knapp gegen die Entlastung gestimmt und dies mit dem „Ausmaß des begangenen schweren Fehlverhaltens“ unter dem ehemaligen Frontex-Chef Fabrice Leggeri begründet. Er war Ende April wegen der Vorwürfe zurückgetreten. „Mit der Missbilligung des Jahresabschlusses macht das Europäische Parlament deutlich, dass die Probleme damit aber noch nicht gelöst sind. Hier muss gründlich hinterfragt und aufgeräumt werden“, erklärte die luxemburgische EU-Parlamentarierin der Grünen, Tilly Metz, in einer Mitteilung.

Das EU-Parlament betonte, dass Frontex laut Medienberichten in Pushbacks verwickelt gewesen sei. Pushbacks sind illegale, teils gewaltsame Zurückweisungen an den EU-Außengrenzen. Das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel und das niederländische Recherche-Netzwerk „Lighthouse Reports“ sowie weitere Medien hatten über Fälle von Pushbacks in der griechischen Ägäis berichtet, an denen Frontex beteiligt gewesen sein soll. Demnach sollen zwischen März 2020 und September 2021 mindestens 957 Flüchtlingen von solchen illegalen Zurückweisungen betroffen gewesen sein, in die die Grenzschutzagentur offenbar verwickelt war. „Die Beweise dafür, dass Frontex den Schutz der Menschenrechte an den Grenzen nicht ausreichend überwacht und teils selbst verletzt, häufen sich seit Jahren“, meinte dazu Tilly Metz.

Zudem habe es bei der Grenzschutzbehörde Fälle sexueller Belästigung gegeben, hieß es in der Entschließung des EU-Parlaments. In diesem Zusammenhang sei es gar zu einem Selbstmord eines Frontex-Bediensteten gekommen. Informationen des EP zufolge sollen im Jahr 2020 17 Fälle von sexueller Belästigung gemeldet worden sein. Allerdings seien von diesen 15 Fälle ohne jegliche Folgemaßnahmen abgeschlossen worden.

Größte EU-Agentur

Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson betonte jedoch, dass es seit den ersten Medienberichten im Sommer 2020 über die Beteiligung von Frontex an Pushbacks und dem Rücktritt von Frontex-Chef Leggeri „grundlegende Reformen“ in den Strukturen der Behörde gegeben habe.

Allerdings bedauern die EP-Abgeordneten, dass ihre in früheren Entlastungsberichten gestellten Forderungen von der Grenzschutzagentur nicht umgesetzt wurden. Sie fordern etwa, dass sich Frontex angesichts der rechtsstaatlichen Situation in Ungarn dort nicht mehr an „rückkehrbezogenen Aktivitäten“, also der Rückführung abgelehnter Asylbewerber, beteiligt. Ungarn wird vorgeworfen, in verschiedenen Bereichen gegen demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien zu verstoßen, insbesondere im Justizwesen, das nicht mehr als unabhängig erachtet wird.

Das Budget von Frontex für 2020 belief sich auf rund 360 Millionen Euro. Seit 2015 wurden die Mittel der Agentur bedeutend aufgestockt. Bis 2027 soll das Personal weiter auf 10.000 Grenzschützer steigen. Den Angaben von Tilly Metz zufolge liegt das Budget der EU-Grenzschützer in diesem Jahr bei immerhin 754 Millionen Euro, womit „Frontex mit Abstand die größte Agentur der Europäischen Union“ sei.

JJ
19. Oktober 2022 - 11.41

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