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KunsteckeEin Hoch auf die Industriekultur: Wie die IK-CNCI Asbl. „Esch2022“ ihren Stempel aufgedrückt hat

Kunstecke / Ein Hoch auf die Industriekultur: Wie die IK-CNCI Asbl. „Esch2022“ ihren Stempel aufgedrückt hat
Industriekultur, so wird deutlich gemacht, beschränkt sich nicht nur auf den Erhalt und die Pflege ehemaliger Industriebauten. Es geht vielmehr darum, diese mit neuem Leben zu füllen. Foto: Romain Girtgen

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Esch2022 läuft unter dem Motto „Remix Culture“, die diesjährigen europäischen Tage des Kulturerbes setzen auf Nachhaltigkeit, das Projekt „Minett Unesco Biosphere“ steht für eine harmonische Verbindung von industrieller Vergangenheit, Neuentdeckung der Natur und den Menschen in einer Region, die einst wirtschaftliche Triebfeder des Landes war und für sich heute auf unterschiedlichen Ebenen eine nachhaltige Zukunft entwirft. Dass unter diesen Umständen das seit 2004 reifende Vorhaben, der Industriekultur ein Zuhause zu geben, nach zahlreichen Hürden 2019 endlich Wirklichkeit werden konnte, ist ein Glücksfall.

Mit dem Projekt „MinettRemix“ hat die Vereinigung „Industriekultur“ Esch2022 ihren Stempel aufgedrückt und sich deutlich offenbart. IK-CNCI („Industriekultur – Centre national de la culture industrielle“) hat eine wesentliche Weichenstellung für eine dauerhafte kulturelle Belebung im Süden des Großherzogtums in die Wege geleitet. Eine Region hat auf diese Weise ihr Selbstvertrauen gewonnen, sie weiß nun, dass es nicht nur um Arbeitsplätze und Wohneinheiten, sondern auch um aktives Zusammenleben und geistige Bereicherung gehen muss.

17 wichtige Partner

In der nun aufgelegten und landesweit verteilten Broschüre werden Ursprung, Sinn und Zweck der Vereinigung Industriekultur (IK) dargelegt und die 17 Partner eines einzigartigen Kooperationsnetzwerks präsentiert. Unter den Mitgliedern finden sich altgediente Organisationen, die sich für die Pflege der Hochöfen einsetzen, die Erinnerung an das Cockerill-Bergwerk hochhalten oder für den „Minett Park Fond-de-Gras“, „Train 1900“ oder die „Minièresbunn Doihl“ zuständig sind, sowie angestammte Stiftungen wie die „Fondation Bassin Minier“, das „Luxembourg Science Center“, den „Fonds Belval“ oder das Dokumentationszentrum für Migration in Düdelingen. „FerroForum“, „D’Kollektiv“, „Industrie.lu – d’Industriegeschicht vu Lëtzebuerg“, „Schungfabrik“ und „Musée Ferrum“, „Musée des mines de fer luxembourgeoises“, „Musée vun der Aarbecht“ und „Musée de la sidérurgie ‚De Schmelzaarbechter’“ ergänzen die Liste, zu der selbstverständlich auch die rezent entstandene Vereinigung „Minett Unesco Biosphere“ gehört. Das IK-CNCI ist ein Vorhaben, das mittlerweile eine Hebelfunktion bei der Aufwertung des industriellen Kulturerbes übernommen hat.

Industriekultur, so wird deutlich gemacht, beschränkt sich nicht nur auf den Erhalt und die Pflege ehemaliger Industriebauten. Es geht vielmehr darum, diese mit neuem Leben zu füllen, den neuen sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten, welche die Industrie hervorgebracht hat, Rechnung zu tragen, diese in Überlegungen für heute und morgen einzubinden. Das reicht von sozialen Errungenschaften über soziologische Mutationen bis hin zu Transformationen der Landschaft und die freie und wilde Begrünung der einstigen Industrieanlagen, die zur Schaffung von Naturreservaten und schließlich zur Erarbeitung des Projektes „Minett Biosphere“ geführt haben.

Neue Perspektiven

Die Menschen der Industrieregion sind ihren Traditionen treu geblieben und gleichzeitig zu neuen Horizonten für eine bessere Lebensqualität aufgebrochen. Mit der Ansiedlung der Universität als Symbol einer Öffnung zu einer neuen Welt wurde die Tür zu einer „post-industriellen“ Ära aufgestoßen. IK-CNCI hat demgemäß nicht nur die Aufgabe, einen Blick in den Rückspiegel zu werfen, vielmehr gilt es, aus den Erfahrungen zu lernen und auf dem Erreichten für die Zukunft aufzubauen. Es dürfte somit nicht nur Aktionsbündnis und Betreiber zahlreicher Projekte oder Betreuer von interessanten Vorhaben der Partner sein, es gilt nun, nach dem Kulturjahr 2022 die in diesem Netzwerk inhärente „Denkfabrik“ zu animieren und zu neuen Entwicklungen zu führen.

Das Projekt „MinettRemix“, an zwei Stätten im Bereich „Neischmelz“ in Düdelingen angesiedelt, wurde bereits im Detail im Tageblatt vorgestellt. Es besteht aus einer Ausstellung, die von Workshops, Konferenzen und Künstler-Interventionen begleitet wird. „MinettRemix“ läuft am 31. Oktober aus. Kann IK-CNCI auf zahlreiche Erfolge zurückblicken, so bleiben einige der angepeilten Zielsetzungen derzeit noch ohne schlüssige Antworten. Die Zukunft der „Gebléishal“ in Belval und das Dossier Esch-Schifflingen bleiben in der Diskussion. Andere Vorhaben auch, etwa neue Perspektiven für den Standort Dommeldingen, die Neugestaltung von „Rout Lëns“, Stichwort „geplanter Abriss der „Keeseminen“, die „Zwilling-Schloten“ in Belval oder auch die kohärente Entwicklung des Standortes „Neischmelz“ mit der „Greisendall“, stehen nach wie vor im Fokus kontroverser Ansichten.

„Engagez-vous!“

Kann IK-CNCI auf zahlreiche Erfolge zurückblicken, so bleiben einige der angepeilten Ziele noch ohne schlüssige Antworten. Dazu gehört die Zukunft der „Gebléishal“ in Belval.
Kann IK-CNCI auf zahlreiche Erfolge zurückblicken, so bleiben einige der angepeilten Ziele noch ohne schlüssige Antworten. Dazu gehört die Zukunft der „Gebléishal“ in Belval.

Schließt die Vereinigung IK ihre Teilnahme an Esch2022 im Lichte ihres Projektes „MinettRemix“ mit einer positiven Eigenbewertung ab, so ist sie jedoch gewillt, „ihre Struktur“ zu verstärken und ihren „Aktionsradius“ zu erweitern. Sieben Tätigkeitsfelder werden betreffend Gestaltung der eigenen Zukunft und darüber hinaus aufgelistet – alles Pisten, die nicht immer allein zu bewältigen sind. Vielmehr ergeht der Aufruf an alle Partner, aktiv dabei zu bleiben, an potenzielle Mitstreiter, sich anzuschließen, an die Politik, IK-CNCI die Mittel zu geben, professionell an die Aufgaben herangehen zu können, dem Zentrum eine feste Bleibe zu sichern, die Möglichkeit zu haben, regelmäßig thematische Expos à la „MinettRemix“ organisieren zu können und über die Landesgrenzen hinaus Nachbarn in die eigene Entwicklung einzubeziehen.

Neben den institutionellen Partnern und Mitgliedern wird für neue Mitstreiter für die gute Sache der Industriekultur mit der Aufforderung „engagez-vous“ geworben. Mehr Informationen sind auf www.cnci.lu nachzulesen. Dieses Hoch auf die Industriekultur, die nun endgültig den Stellenwert bekommen wird, den sie schon lange „verdient“ hat, dürfte wohl eine der wichtigsten Errungenschaften dieses Kulturjahres sein.