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Dem Velodrom um Jahre voraus: Claire Faber hat ihre Liebe für den Bahnradsport entdeckt

Dem Velodrom um Jahre voraus: Claire Faber hat ihre Liebe für den Bahnradsport entdeckt

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Radsportlerin Claire Faber hat vor gut einer Woche ein Bahnradrennen gewonnen. Und das, obwohl es noch mindestens vier Jahre dauert, bis das Velodrom in Mondorf steht.

„Dass es so gut laufen würde, damit hatte ich nicht gerechnet“, sagt Claire Faber rückblickend auf ihren Sieg beim ACT International Omnium in Manchester. Dass eine Luxemburgerin im Radsport Erfolge feiert, ist an und für sich nichts Außergewöhnliches mehr. Da wurden die einheimischen Radsportfans in den vergangenen Jahren von Christine Majerus schon sehr verwöhnt. Dass aber eine Luxemburgerin ein Rennen im Bahnsport gewinnt, hat bisweilen Seltenheitswert. Denn noch ist das Velodrom in Mondorf nicht gebaut, und somit fehlt es an der nötigen Trainingsinfrastruktur.

Da stellt sich die Frage, wie man überhaupt auf die Idee kommt, in einer Disziplin an den Start zu gehen, die man hierzulande nicht trainieren kann? „Mein Trainer, Jimmy Wagner, ist mit der Idee gekommen. Er hat sich meine Leistungswerte angesehen und gemeint, dass ich damit wohl prädestiniert wäre, um Bahnrennen zu fahren“, erzählt die 20-jährige Faber, die Teil des Andy Schleck Cycles Women Project ist. Die Förderstruktur für den Damenradsport wurde von Michel Zangerlé, dem Trainer von Christine Majerus, und Jimmy Wagner ins Leben gerufen.

Sprinterqualitäten

Faber hatte zuvor bereits ihre Sprinterqualitäten auf der Straße unter Beweis gestellt. „Im Vergleich zur Straße sind auf der Bahn kurze, intensive Anstrengungen gefragt, was meinem Profil entspricht. Außerdem habe ich mit dem Verband schon an dem einen oder anderen Lehrgang auf der Bahn teilgenommen, und das hat mir immer Spaß gemacht.“ Während ihre Alterskollegen froh waren, wenn die Trainingseinheiten im Oval vorbei waren, wollte Faber am liebsten noch länger ihre Runden drehen. „Dann wurde ich meistens ungläubig angeschaut.“ Der Bahnradsport ist etwas ganz anderes als der Straßenradsport. Neben der Intensität ist auch eine spezielle Technik gefragt. Die Bahnfahrräder haben weder Bremsen noch einen Freilauf. „Das ist schon gewöhnungsbedürftig. Und dann lernt man auch sehr schnell, dass man auf der Bahn sehr viel mit den Ellenbogen arbeiten muss, um sich durchzusetzen.“

Steckbrief

Name
Claire Faber
Geboren am
21. Juni 1998
Wohnhaft in
Rümelingen
Schule
Lycée de garçons
Esch-sur-Alzette
Studium
Sportmanagement
an der Lunex
Team / Verein
Andy Schleck Cycles Women Project / SaF Zéisseng
Sportliche Karriere
– Sieg beim ACT International Omnium in Manchester
– Nationale Straßenmeisterin der Juniorinnen 2016
– Zwei Teilnahmen bei der Straßen-WM der Juniorinnen, zwei WM-Teilnahmen bei der Elite

Ohne Velodrom ist die Technik allerdings nur schwer zu erlernen. Faber hatte das Glück, im November einen Lehrgang mit einem irischen Jugendkader in Alkmaar (Niederlande) zu absolvieren. Anschließend fuhr sie einmal pro Woche nach Büttgen, wo sie auch ihr erstes Rennen bestritten hat und jedes Mal bei einer Freundin übernachten konnte.

Die erste auf der Bahn nach Kevin Feiereisen

Die 20-Jährige fand sich schnell zurecht, wenngleich sie noch etwas mit den Regeln zu kämpfen hatte. Auf der Bahn gibt es nämlich unterschiedliche Wettkampfformen. So war Faber in Manchester auf die Hilfe eines britischen Trainers angewiesen, der sie betreute. „Vor jedem Rennen habe ich ihn gefragt, nach welchen Regeln gefahren wird und wie ich mich verhalten soll.“ Dennoch konnte sich die Luxemburgerin am Ende klar behaupten und hat alle fünf Rennen des Omniums gewonnen. Und das auch gegen Fahrerinnen, die regelmäßig Weltcup-Rennen bestreiten.

Faber ist die erste FSCL-Athletin, die sich in den letzten Jahren auf der Bahn versucht. Der letzte, der diesen Weg einschlug, war Kevin Feiereisen, der 2009 als Junior an einer Europameisterschaft auf der Bahn teilnahm. „Es war der damalige Nationaltrainer Bernhard Baldinger, der mir geraten hat, mich auf der Bahn zu versuchen“, so der heute 26-Jährige, der mittlerweile seine Radsportkarriere beendet hat und im Finanzsektor arbeitet.

Großer Aufwand

Feiereisen weiß, wie umständlich es ist, sich auf der Bahn zu beweisen. „Während den Wintern, wo ich Rennen auf der Piste bestritten habe, bin ich zweimal pro Woche nach Gent gefahren, um dort im Velodrom zu trainieren. Der Aufwand war schon recht groß“, so Feiereisen. Feiereisen betont aber, dass er dennoch auf die Unterstützung des Verbandes zählen konnte. „Vor allem Bernhard Baldinger hat sich viel für mich eingesetzt. Aber es war mir auch klar, dass der Verband nicht unendlich viele Ressourcen für einen einzelnen Sportler aufbringen könnte, der sich auf der Bahn versucht. Außerdem bin ich der gleiche Jahrgang wie ein gewisser Bob Jungels, so dass es nur logisch war, dass das Hauptaugenmerk auf der Straße lag.“

Dass man es als Einzelkämpfer nicht immer einfach hat, weiß auch Christian Helmig, Technischer Direktor des nationalen Radsportverbandes FSCL. „Ich war zu meiner aktiven Zeit ja in einer ähnlichen Situation und weiß, wie schwierig es ist.“ Helmig hatte sich aufs Mountainbikefahren spezialisiert, auch eine Disziplin, die in Luxemburg nicht gerade von vielen Athleten betrieben wird. Jedenfalls nicht auf Wettkampfniveau.

Begrenzte Mittel

„Am liebsten würden wir natürlich jeden Einzelnen unterstützen, doch unsere Mittel sind begrenzt. Deshalb sind wir sehr glücklich darüber, dass Michel Zangerlé und Jimmy Wagner so tolle Arbeit leisten. Was sie für den Damenradsport machen, ist mehr als beachtlich. Dass sie Claire dazu geraten haben, sich auf der Bahn zu versuchen, war ein sehr guter Schachzug“, so Helmig. Über die Leistung von Claire Faber auf der Bahn ist Helmig allerdings nicht überrascht. „Sie bringt alles mit, was man braucht, um auf der Bahn Erfolg zu haben.“

Im nationalen Verband setzt man sich seit einiger Zeit intensiver mit dem Bahnradsport auseinander. 2023 soll das Velodrom in Mondorf stehen. „Wir wollen bereits im Vorfeld einen genauen Plan haben, wie wir den Bahnradsport dann fördern wollen“, so Helmig, der sich mit seinen Arbeitskollegen bereits einige Velodromen in Deutschland und der Schweiz angesehen hat. „Fest steht, dass unsere aktuellen Strukturen nicht ausreichen, um noch eine weitere Disziplin abzudecken. Natürlich wäre es unser Wunsch, noch einen zusätzlichen Trainer zu verpflichten, der Spezialist für die Bahn ist.“ Mit Heiko Lehmann hat die FSCL jetzt bereits einen Trainer, der sich auch für den Bahnradsport interessiert.

Bereit für 2023

Das Velodrom soll aber nicht nur den Hochleistungssportlern zur Verfügung stehen. „Dafür ist so eine Infrastruktur zu teuer. Auch die breite Öffentlichkeit soll davon profitieren können.“ Das sieht auch Kevin Feiereisen so. „Ich wäre dann einer der Ersten, die nach Mondorf fahren würden. Meine Bahnräder stehen noch im Keller.“ Der Technische Direktor ist jedenfalls optimistisch, dass der Verband 2023 bereit sein wird, um das Velodrom von Beginn an sinnvoll zu nutzen.

Sollte das Projekt im Zeitplan fertiggestellt werden, wäre Claire Faber 25 Jahre alt. „Dann bin ich im besten Alter. Ich werde im nächsten Winter versuchen, mich intensiver auf die Bahn zu konzentrieren. Jetzt habe ich Blut geleckt.“