Belgischer Verein erinnert an die Geschichte – auch an die der Grenzen zu Luxemburg

Belgischer Verein erinnert an die Geschichte – auch an die der Grenzen zu Luxemburg

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Früher hatte der Grenzposten 650 Meter vor der Grenze nach Luxemburg Gewicht. Passkontrollen, zu verzollende Ware, Schmuggelgut. All das wurde von einem Grenzer registriert. Nachdem der Schengen-Raum eingeführt wurde, verlor der Posten mit der Nummer 82 an Bedeutung, wurde gar ignoriert. Der «Cercle de la mémoire Stierwen Ech Sterpenich» kämpft darum, dass die Geschichte nicht vergessen wird. Und nicht nur diese.

Von Pit Beffort (Text und Fotos)

Bis zum Abriss am 25. April 2014 war Grenzposten Nummer 82 der einzige noch komplett original erhaltene in der Gegend. Nachdem er 1937 gebaut wurde, war er Arbeitsplatz der «Chasseurs ardennais». Die Soldaten hatten die Aufgabe, die Grenze zu überwachen. 90 Posten zwischen dem belgischen Lixhe hinter der niederländischen Grenze bis nach Athus gab es einmal. Alain Lambert, Präsident des «Cercle de la mémoire Stierwen Ech Sterpenich asbl», hat eine «historische und sentimentale Bindung» zu dem unscheinbaren Häuschen. Es gehörte einst dem Cousin seiner Mutter. Viele Einwohner Sterpenichs dachten lange, es handele sich um einen Hühnerstall. Fünf Jahre kämpfte Lambert gegen den Abriss, sammelte 1.182 Unterschriften. Die Gemeinde Arlon hat sie bekommen genauso wie der damalige Präsident der «Chambre des députés» Mars di Bartolomeo auf luxemburgischer Seite.

Note der Unsterblichkeit

«Ein wichtiges Element der belgischen Geschichte ist zerstört worden», sagt der Luxemburger, der den überwiegenden Teil seiner Kindheit auf der «anderen» Seite, auf belgischem Territorium, verbracht hat. Er hätte es lieber gesehen, dass das Grenzhäuschen renoviert worden wäre, um ihm neuen Glanz zu verleihen.

EXTRA Die Chroniques

Auf 64 Seiten ist dieses Jahr sehr viel neuer Inhalt vorzufinden, sowohl über Sterpenich als auch über das Geschehen diesseits der Grenze.

Die Chroniken von 2016 und 2017 sowie die Werke «Sentinelles aux frontières de l’Est» und «Un regard du passé sur Sterpenich» sind noch zu haben. Einfach unter einer der folgenden E-Mail-Adressen nachfragen:
ludovic@ludovicturbang.net,
albert.conter@belgacom.net, alambert@pt.lu.

Der «Cercle de la mémoire Stierwen Ech Sterpenich» zählt zurzeit zehn Mitglieder.

Als es verschwand, stand der spätere «Cercle» vor einer wichtigen Entscheidung: Entweder lassen sie die Geschichte nun ruhen oder sie geben der Geschichte Sterpenichs die Note der Unsterblichkeit. Entschieden wurde sich für die zweite Option, am 12. Mai 2015 gründete sich der «Cercle de la mémoire Stierwen Ech Sterpenich». Die zuvor lose Gruppe aus interessierten Bürgern sammelte alle Informationen über die ehemaligen Grenzposten, von denen mancherorts kaum mehr als ein paar Ziegel übrig geblieben sind. Im Januar 2014 wurde das Werk «Sentinelles aux frontières de l’Est» im Musiksaal in Sterpenich vorgestellt.

Das war der Grundstein für die Passion des Vereins: die Geschichte Sterpenichs und der Umgebung. Die seit 2016 regelmäßig ein Mal pro Jahr erscheinenden Chroniken erzählen davon. Themen sind die Etymologie des Namens «Sterpenich» oder die Herkunft der Mundart-Namen alter Häuser. Eine große Hilfe war Jean-Pierre Pastoret (†17.12.2018). Mit seinen sechs Geschwistern wohnte der gebürtige Sterpenicher im Sterpenicher Schloss.

Alain Lambert ist Präsident des „Cercle de la mémoire Stierwen Ech Sterpenich asbl“

2012 veröffentlichte er «Un regard du passé sur Sterpenich» und erzählte auf 145 Seiten über die Geschichte des Dorfes die Legende zur Namensbildung von «Sterpenich»: Ein Diener wird vom Ritter des Schlosses beauftragt, innerhalb eines Tages zu Fuß nach Metz und zurück zu reisen. Der Sklave bekommt bei dieser unmöglich erscheinenden Aufgabe Hilfe von einem Zwerg, der ihn mit seinem Karren chauffiert. Am Abend erzählt der Diener dem überraschten Ritter von seiner Begegnung und sagt voraus, dass derselbe Karren den Herrn am Abend zu seiner letzten Ruhestätte bringt. Daraufhin schreit der Adelige: «Sterbe ich?» Er stirbt tatsächlich noch am gleichen Abend und von seinen letzten Worten lässt sich der Dorfname «Sterpenich» ableiten.

Ein Aufruf

Die Chroniken sind ein lebendiger Prozess. Viele Namen auf den alten Schwarz-Weiß-Fotos sind zwar bekannt, aber die Suche ist noch nicht abgeschlossen. «Wir bitten jeden, der Bekannte oder Familie in Sterpenich hatte und eine Person auf den Fotos erkennt, uns das mitzuteilen, damit wir die fehlenden Namen ergänzen können», sagt Alain Lambert, der selbst als kleiner Junge auf einem Foto abgebildet ist. Die diesjährige Ausgabe der Chronik erzählt die Geschichte der Kindergärtnerin Margot Vandersmissen, die von 1966 bis 2000 im Kindergarten von Sterpenich gearbeitet hat. Sie sollte bestraft werden, weil sie mit den Kindern luxemburgisch sprach. Der Kindergarten, der früher Platz für 80 Kinder hatte, kämpft heute ums Überleben. Die Kinder aus dem Großherzogtum kommen nicht mehr nach Sterpenich zur Vorschule.

Ein Bericht über den Staudamm der Eisch in Steinfort macht das Heft in Luxemburg beliebter als zuvor. «Wir haben uns am Anfang nur auf Sterpenich konzentriert, aber so langsam strecken wir unsere Arme weiter aus», sagt Lambert, «wir denken, das liegt daran, dass ein Artikel über den Staudamm der Eisch enthalten ist.» Das ist nicht das einzige Thema mit luxemburgischem Bezug. Albert Conter, erster Vizepräsident des Vereins, hat sich mit den Suffixen -ing oder -ingen bei luxemburgischen Ortsnamen beschäftigt. Seine Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe nachzulesen.

Der Stoff für die Chroniken wird dem «Cercle» wohl nicht so schnell ausgehen. Lamberts Herzensanliegen sind der alte internationale Bahnhof von Sterpenich und die ehemalige Gendarmerie-Brigade, die am 1. Juli 1977 geschlossen wurde. Das liefert ungewohnte Einsichten in das Dorf, das sonst eher dank Decathlon oder IKEA ein Begriff ist.

marc wollwert
3. April 2019 - 16.50

es tut wirklich gut zu sehen dass es noch leute gibt die sich selbstlos fuer geschichte und kultur einsetzen.wer vergangenheit hat,hat auch zukunft.

Die Kälber die ihre Metzger selber wählen
3. April 2019 - 14.28

Schön war die Zeit, als Grossvater Nachts durch Waldwege schwarzgebrannten Branntwein nach Belgien schmugelte und sturzbesoffen mit dem Chevrolet und einem Koffer voller Schinken nachhause kam. Ist die Welt langweilig geworden. Wähl weiter die moderne Verbotspartei