Zukunft vorbereiten: Ein Schwärmer warnt

Zukunft vorbereiten: Ein Schwärmer warnt

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Von Mario Castegnaro *
In der Geschichte der Menschheit gibt es viele Entwicklungen, wo, falls sie früher erkannt worden wären und vorbeugende Maßnahmen getroffen worden wären, so manche Desaster hätten vermieden werden können. Leider entwickelte sich alles anders. Nachdem allgemein bekannt ist, dass der Mensch durch seine Fehler lernt, müssen wir derzeit feststellen, dass dem nicht so ist.

Nicht nur in der Wirtschaft stehen bei Entscheidungen kurzfristige Überlegungen im Vordergrund. Leider gilt das auch in der Politik, wo die nächsten Wahlen im Vordergrund stehen. Dies führt dazu, dass wir von einem Fettnäpfchen in das nächste treten. Mögliche Korrekturen werden erst vorgenommen, nachdem das sprichwörtliche Kind im Brunnen liegt.

Hier müsste auf allen Stufen der politischen Bildung angesetzt werden.
Damit könnte man den politischen Scharfmachern das Handwerk legen. Indem man die Menschen und besonders die Wähler mit dem Wissen ausstattet, das sie befähigt, ihre längerfristigen Interessen und die ihrer Nachkommen in ihren Entscheidungen zu berücksichtigen.

So z.B. bei unseren deutschen Nachbarn, wo trotz der negativen Erfahrungen der beiden Weltkriege und der Nazis potenzielle Faschisten wieder Oberhand gewinnen.

Ein anderes beeindruckendes Beispiel ist die Klimakatastrophe, auf die wir zusteuern.
Abschreckendes Beispiel ist der Tatbestand, dass ein Mann wie Trump gewählt wurde, der vom Artikelschreiber als potenzieller Faschist eingestuft wird. Ein Werbespezialist stellte fest, dass falls man ihm genug Geld für eine Wahlkampagne zur Verfügung stellen würde, sogar „Mickey Mouse“ Präsident der USA werden könnte.

Zu dem, was vor Jahren über die Klimaveränderungen gesagt wurde: Da wurden die Warner auch als naiv hingestellt. Heute sehen wir die verheerenden Resultate dieser Fehlentwicklung. Man hätte vor einigen Jahrzehnten umsteuern müssen, um das Schlimmste zu verhindern.

Dem Alter des Verfassers dieses Beitrags entsprechend könnte man meinen, dass er, da er die hier beschriebene Zukunft nicht mehr persönlich erleben wird, sich nicht in dem Maße aufregen sollte. Allerdings ist es so, dass man als Gewerkschafter an der Lösung vieler Probleme mitgewirkt hat, die einen nicht persönlich betreffen.

Mit dem Wort Solidarität könnte man das Phänomen umschreiben, welches der Antrieb jener Menschen ist, die sich zusammen mit den anderen Gewerkschaftsmitgliedern für den Fortschritt einsetzen. Dem wäre hinzuzufügen, dass, falls die einleitend genannte Klimakatastrophe nicht drastisch eingedämmt wird, die dann auftretenden Probleme eh so gewaltig sind, dass nur ein Optimist, dessen Hoffnung angeschlagen ist, es wagt, die nachfolgenden Überlegungen zur Diskussion zu stellen.

Digitalisierung, Robotisierung, künstliche Intelligenz, Globalisierung der Wirtschaft usw. werden enorme Auswirkungen auf Letztgenannte haben. Viele Arbeitsplätze werden in Zukunft höhere Anforderungen an die Menschen stellen. Die Zahl der Arbeitsplätze wird stark schrumpfen. Beispiel: selbstfahrende Autos und Lkws ohne Fahrer. Andere Beispiele sind die Berufe im Geschäfts- und Dienstleistungssektor wie Kassierer oder Lagerarbeiter in den großen Geschäften, aber auch Mitarbeiter bei Banken, Versicherungen; Lehrpersonal im gesamten Bildungswesen; viele Spezialisten im Gesundheits- und Pflegesektor, in denen zurzeit schon Ferndiagnosen, ja sogar chirurgische Eingriffe möglich sind, u.a.m.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Mehrzahl der Berufsfahrer keine Arbeit mehr hat. Ein weiteres Beispiel ist die Landwirtschaft. Vor kaum einem Jahrhundert arbeitete ein großer Teil der erwerbstätigen Bevölkerung in diesem Sektor. In der Zwischenzeit hat sich dieser Anteil um ein Mehrfaches reduziert. In Zukunft muss man von einer weiteren Schrumpfung ausgehen. Dies als Folge nicht nur des Klimawandels, sondern ebenfalls durch die weitere Robotisierung und den Einzug der künstlichen Intelligenz auch in diesem Sektor.

Das gilt ebenfalls für die Industrie und den Dienstleistungssektor. Der Bausektor ist ebenfalls betroffen. Schon heute gibt es 3D-Drucker. Diese sind bereits in der Lage, Häuser zu bauen (aber auch andere Gegenstände wie Zahnprothesen, Werkzeuge, Autoteile usw.). Bei diesen Prozessen geht die Zahl der beteiligten Menschen – besonders der weniger qualifizierten – stark zurück.

Auf diese Entwicklung hat Dr. Nicolas Hoffmann (ehemaliger EU-Direktor und Chef der medizinischen Abteilung) in verschiedenen Artikeln im Tageblatt hingewiesen.

Bei der Evolution auf dem Arbeitsmarkt und den Folgen auf die Chancen des Einzelnen, überhaupt einen Arbeitsplatz zu finden, sowie den verheerenden Auswirkungen auf unsere Sozialsysteme müssen verschiedene Maßnahmen wie Verkürzungen der Arbeitszeit, neue Impulse auf den Gebieten Bildung, Erziehung, Berufsausbildung, Umschulung, lebenslanges Lernen und andere Maßnahmen auf den Gebieten des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts u.a. getroffen werden. Dies genügt jedoch nicht.

Die Zahl der Menschen ohne Arbeit wird drastisch zunehmen. Nicht nur weil diese nicht die richtige hochwertige Qualifikation haben, weil sie aufgrund ihrer geistigen und physischen Fähigkeiten nicht dazu in der Lage sind. In der Praxis bedeutet dies, dass diese Menschen einfach auf der Strecke bleiben. In unserem aktuellen System würden diese Menschen, um es krass auszudrücken, zu Bittstellern degradiert.

Als langjähriges Mitglied der freien Gewerkschaftsbewegung, als überzeugter Sozialist bin ich der festen Überzeugung, dass wir eine neue Strategie brauchen, am besten weltweit, aber zumindest in der EU. Derzeit bietet sich für mich die Einführung eines garantierten Mindesteinkommens an.

Natürlich müssen in diesem Zusammenhang Modalitäten in den vorgenannten Gebieten ausgedacht werden. Es sei denn, ein schlauer Kopf könnte eine bessere Lösung vorschlagen.

Abschreckend ist das Beispiel der eingestürzten Brücke in Genua. Die Infrastruktur nicht nur in Italien wurde durch eine zu kurzfristige Politik, die dem kurzfristigen Gewinnstreben der kapitalistischen Privatwirtschaft inklusive der Modelle der öffentlich-privaten Partnerschaftsmöglichkeiten nachgab, geschwächt. Dies musste zu diesem verheerenden Skandal führen. Falls nicht reagiert würde, könnte Jean Asselborn erneut „merde alors!“ sagen. Diesmal wäre allerdings ein breiteres Publikum betroffen.

Eine andere Gefahr besteht im Finanzsektor. Eine erneute Finanz- und Bankenkrise darf entsprechend den Prognosen vieler Wirtschafter nicht ausgeschlossen werden. Dies aufgrund der skrupellosen Praktiken und der Geld- und Raffgier der großen Aktieninhaber und ihrer Manager. Grund hierfür ist die maßlose Politik vieler Unternehmensführer und Spekulanten.

Dies gilt ebenfalls für die Politik der EZB, deren Aktionen vor allem den Reichen auf Kosten der Armen (besonders der Arbeitnehmer, die keine Immobilien besitzen) zugute kommen.
Auf die Schnelle würde ich vorschlagen: z.B. Einführung einer Robotersteuer, einer Digitalisierungssteuer; Kippen der Einkommenssteuerkurve (d.h. die niedrigen Einkommen bezahlen keine oder weniger Steuern, durch die Verschiebung des Steuersatzes auf sehr hohen Einkommen würde es zu einer Milderung der Ungleichheiten zwischen Arm und Reich kommen); Einführung einer Transaktionssteuer und andere.

Arbeitszeitverkürzung gehört neben anderen Verbesserungen im Arbeitsrecht sicher zum Arsenal geeigneter Maßnahmen. Diese nehmen allerdings einen sehr langen Zeitraum in Anspruch.

Mitte der Siebzigerjahre haben die europäischen Arbeitgeberverbände, trotz dringenden Handlungsbedarfs, sogar Verhandlungen über eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit unter 40 Stunden auf eine schwarze Liste gesetzt. Trotz dieses Tabus gelang es dem Artikelschreiber als zuständigem Verhandlungssekretär des OGBL, trotz Stahlkrise die Arbeitszeit vertraglich auf 38,5 Stunden zu reduzieren. Nebenbei sei bemerkt, dass schon Mitte der Siebzigerjahre eine vertragliche Lohn- und Arbeitsplatzgarantie ausgehandelt werden konnte. D.h. dass im Gegensatz zu den anderen Ländern der ehemaligen Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) in unserem Stahlsektor die Restrukturierung ohne einen einzigen Streiktag über die Bühne ging.

Damit soll gesagt werden, dass der OGBL nicht zu den Maschinenstürmern gehört. Allerdings müssen die sozialen Rahmenbedingungen entsprechend der Schwere des Problems angepasst werden. Damit soll den Entscheidungsträgern in der Politik der Wirtschaft und den Gewerkschaften aufgrund des zitierten Beispiels demonstriert werden, dass bei gutem Willen auch schwerwiegende Probleme präventiv einer Lösung zugeführt werden können.

Wie bei der Klimaproblematik kann man das Klima nicht in einem einzigen Land „normalisieren“. Das gilt auch bei dem hier angesprochenen sehr ernsten Problem.
Die fortschrittlichen Kräfte in Luxemburg müssen eine grenzüberschreitende Initiative starten mit dem Ziel, Verbündete in anderen Ländern im größten möglichen Rahmen zu mobilisieren, um ein noch größeres Unheil zu verhindern.

Besonders gefordert sind hier die fortschrittlichen Linksparteien, denen es gelingen könnte, sich als die wahren Vertreter der „arbeitenden Menschen“ zu profilieren und so den europaweiten Abwärtstrend bei Legislativwahlen zu stoppen.

* Ehemaliges Mitglied des geschäftsführenden Vorstands und Leiter der Verhandlungsabteilung des LAV und des OGBL, Ehrenpräsident des Konsumentenschutzes und früherer Präsident des Wirtschafts- und Sozialrats.

roger wohlfart
3. November 2018 - 16.38

Mag sein, dass Sie ein Schwärmer sind, Mario Castagnero. Aber sie sind Auch ein Realist. Sie sehen die Tatsachen und legen sie offen dar. Sie sehen die heutige Welt, so wie sie ist, was aus ihr geworden ist und wohin dieser trend führt. Dass sogar Mickey Mouse in den, in den USA bestehenden Verhältnissen Präsident werden könnte, hat Trumps Wahl verdeutlicht. Und solche traurigen, aber gefährlichen Gestalten tauchen allmählich immer mehr an der Spitze der Staaten weltweit auf. Klima, Umweltkatastrpfen- und probleme, wieder aufkeimender Faschismus, Egoismus, Ausbeutung der Arbeitnehmer, soziale Ungerechtigkeit, Terror, favorisiert vom Waffenhandel, Anwachsen der Armut und und und, sind alles Themen gegen die, die Politik anscheinend machtlos ist. Der Kapitalismus regiert die Welt und bestimmt die Zukunft. Die weltweite Digitalisierung,, vernünftug eingesetzt, ein Segen für die Menschheit , wird ihr schlussendlich zum Verhängnis. Besonders in reicheren Ländern gehört die Solidarität der Vergangenheit an. Dieses Gegeneinander, dieser Egoismus und Angst treiben die Menschheit in den Abgrund. Woran glauben die Menschen eigentlich noch, woran halten sie sich fest? Alle Bedenken und Aufrufe zur Besinnung werden als Unkenrufe verschrien und ihre Autoren als Schwärmer abgetan. Was war ein Martin Luther King anders als ein Schwärmer. He had a dream. Wir wissen wie es ausging. Ein Don Quichote im Kampf gegen die Windmühlen. Anscheinend, weil der Mensch nichts dazulernt, wiederholt sich die Geschichte doch. Eine Sisyphosarbeit dagegen anzukämpfen!