Wenn der Staat zum Mörder wird: Amnesty International legt neuen Bericht zur Todesstrafe vor

Wenn der Staat zum Mörder wird: Amnesty International legt neuen Bericht zur Todesstrafe vor

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Mindestens 690 Menschen sind im vergangenen Jahr durch die öffentliche Hand hingerichtet worden. Das geht aus dem nun vorliegenden Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hervor.

Die gute Nachricht zuerst: 2018 ist die Zahl der Menschen, die durch ihren Staat hingerichtet wurden, auf 690 gefallen – der niedrigste Wert in den letzten zehn Jahren. Auch die Zahl der 2018 gesprochenen Todesurteile ist mit 2.531 leicht rückläufig. Doch die von Amnesty International angeführten Angaben sind mit Vorsicht zu genießen. Die Organisation führt lediglich sicher dokumentierte Fälle an. Die Zahlen des Berichts würden – mit wenigen Ausnahmen – nur Mindestwerte widerspiegeln, heißt es. Angaben aus der Volksrepublik China etwa liegen nicht vor. Dort ist die Verhängung der Todesstrafe ein gut gehütetes Staatsgeheimnis. AI schätzt jedoch die Zahl der allein in diesem Land durchgeführten Hinrichtungen im letzten Jahr auf über tausend. Weltweit wurden in 20 Ländern Hinrichtungen vorgenommen, drei Staaten weniger als im Vorjahr.

Allzu oft sind es die Personen ohne Stimme, die von der Todesstrafe betroffen sind. […] In der ganzen Zeit dort habe ich niemals irgendjemanden angetroffen, der Geld hatte, niemals habe ich einen Wohlhabenden im Todestrakt gesehen.

Ndume Olatushani, ehemaliger Todestrakt-Insasse in Tennessee, USA, freigekommen 2012 (Quelle: UN Web TV, Death penalty: Poverty and the right to legal representation, 25.9.2018)

Dass weniger Hinrichtungen verzeichnet wurden, führt AI u.a. auf den Irak, Iran, Pakistan und Somalia zurück. So wurden im Irak im letzten Jahr 52 Menschen hingerichtet, im Vorjahr waren es noch 125. In Pakistan waren es 14 2018 bzw. 60 im Vorjahr. Im Iran wurden mindestens 253 Menschen hingerichtet, 2017 507. AI erklärt den iranischen Rückgang mit der Änderung der dortigen Antidrogengesetze. Trotz dieser Verbesserungen gehören der Irak und der Iran weiterhin zu den Ländern mit den meisten Hinrichtungen. Iran, Saudi-Arabien (149) und Irak bezeichnet AI sogar als die „Top-Henkerstaaten“ der Region. 454 Menschen wurden hier hingerichtet. Dies entspreche 91 Prozent der gesamten Hinrichtungen der Region.

Zu den sogenannten entwickelten Ländern, in denen nach wie vor die Todesstrafe angewandt wird, gehören die USA, Japan und Singapur. Entgegen dem allgemeinen Trend nahm die Zahl der Hinrichtungen hier zu. Zum zweiten Mal hintereinander ist für die USA mit 25 Hinrichtungen ein leichter Anstieg zu verzeichnen. 2017 waren es 23. Mehr als die Hälfte davon entfielen auf den Bundesstaat Texas. Der Anstieg und die Wiederaufnahme von Hinrichtungen in den USA seien zum Teil auf die Überwindung rechtlicher und sonstiger Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Beschaffung von Substanzen für die Verabreichung der Giftspritze zurückzuführen, so AI. Die USA waren das einzige Land der 35 Mitgliedstaaten zählenden Organisation Amerikanischer Staaten, das Hinrichtungen durchführte.

In Japan und Singapur will AI die jeweils höchste Hinrichtungszahl seit mehr als einem Jahrzehnt festgestellt haben. Das schwarze Schaf in Europa ist Weißrussland. Dort wurden vier Menschen hingerichtet, eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Das letzte Mal, als ein anderes Land in der Region Hinrichtungen durchführte, war im Jahr 2005, vermerkt AI. Andere Nachfolgestaaten der UdSSR wie Kasachstan, die Russische Föderation und Tadschikistan halten unverändert Hinrichtungsmoratorien ein.

Todesurteile in 54 Ländern

Neue Todesurteile wurden in 54 Ländern verhängt. Einen „signifikanten Anstieg bei der Anzahl der neu verhängten Todesurteile“ stellte AI in Ägypten fest: von mindestens 402 im Jahr 2017 auf mindestens 717 im Jahr 2018. Irak habe die Zahl seiner bekannt gewordenen Todesurteile von mindestens 65 im Jahr 2017 auf 271 im Jahr 2018 vervierfacht. In den Europa und insbesondere seinen Finanzzentren eng verbundenen Staaten Kuwait und Vereinigte Arabische Emirate „verdoppelte sich jeweils die Zahl der gefällten Todesurteile. Für Kuwait stieg die Zahl von 15 auf 34 und für die Vereinigten Arabischen Emirate von fünf auf mindestens zehn.“

Recht verschieden sind die Ursachen, warum Menschen weltweit in den Todestrakt ihres Staates gelangen. Meist handelt es sich um Mord, Drogendelikte, Wirtschaftsverbrechen wie Korruption, Blasphemie, Entführungen oder Verrat. Mindestens 98 Hinrichtungen wegen Drogendelikten wurden in China (keine Angaben), im Iran (25), in Singapur (11) und Saudi-Arabien (60) durchgeführt. Insgesamt 226 neue Todesurteile wegen Drogenvergehen wurden in 14 Ländern bekannt, so AI.

Auf Wirtschaftsverbrechen wie Korruption steht insbesondere in China, im Iran und in Vietnam die Höchststrafe. „Blasphemie“ oder „Beleidigung des Propheten des Islams“ wird in Pakistan mit dem Tode bezahlt. Todesurteile ergehen bei Entführung im Irak und Iran, bei Entführung, Folter und Vergewaltigung in Saudi-Arabien.


Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Eric Rings.

AI-Jahresbericht zur Todesstrafe: Staaten sollten nicht töten

Leo
10. April 2019 - 12.06

Den Staat ass öfters en groussen Märder, wann en zum Beispill Waffen liefert oder Kricher féiert.

Den Pingelechen
10. April 2019 - 8.52

Dat misst direkt ofgeschaaft gin mat der Doudesstroof ! Den Staat mecht sech soumat selwer zum Mörder,dat ass alles inhuman an menschenverachtend ! Ech géif nie an Länner réesen wou d'Doudesstroof exerzéiert get.Dudd dass et Amnesty International get,déi sech och staark maachen dofir,dass dat esou Stroofen ofgeschaaft gin an der Vergaangenhéet ungehéieren.Och wann éen zum Mörder gin ass,sou huet den Staat net d'Recht fir éen Strooftäter emzebréngen ! Dat ass grotesk an net toleréierbar,ech sin total géint d'Doudesstroof,egal an welcher Form dat geschitt !