Ein Löffelchen voll Zucker – Auch in Luxemburg gibt es Anhänger und Skeptiker der Homöopathie

Ein Löffelchen voll Zucker – Auch in Luxemburg gibt es Anhänger und Skeptiker der Homöopathie

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Die spanische Regierung hat der Homöopathie den Kampf angesagt. Und in Luxemburg? Da hat die umstrittene Behandlungsmethode loyale und überzeugte Kunden. Das berichtet ein Apotheker.

Lesen Sie zum Thema auch unseren Kommentar «Gefährlicher Hokuspokus in Pillenform».

Eine Apotheke in Luxemburg-Stadt. Vor der Tür ist es trist, kalt und verregnet. Im großen, hell erleuchteten Schaufenster werden Kosmetika beworben. Überall im Verkaufsraum befinden sich Regale. Kunden lassen sich gerade beraten. Über einer der Theken informiert ein Schriftzug darüber, dass hier über Homöopathie und Phytotherapie Auskunft gegeben wird. Wie selbstverständlich. Aber ist es das auch? Ist es richtig, klassische Medikamente und Homöopathie nebeneinander zu verkaufen? Ist es korrekt, Homöopathie und Phytotherapie, also Pflanzenheilkunde, in einem Atemzug zu nennen? Nicht in allen Ländern ist das so selbstverständlich wie in Luxemburg oder in Deutschland.

„Es gibt Menschen, die darauf schwören, und es gibt Menschen, die es für Schwachsinn halten.“ Besser, als es Apotheker Baudouin Schinker tut, kann man die Debatte um Homöopathie gar nicht zusammenfassen. Schinker betreibt eine Apotheke auf Howald. Er verkauft homöopatische Mittel, so wie es viele Apotheken in Luxemburg tun.

Neutraler Apotheker

Sich selbst auf die Seite eines der beiden kontrahierenden Lager schlagen will er allerdings nicht: „Es ist nicht meine Aufgabe, Präparate zu beurteilen. Meine Aufgabe ist es, die Wirkungen und Nebenwirkungen zu erklären“, sagt der Apotheker. Die Kunden, die sich die homöopatischen Mittel kaufen, berichteten ihm von einer wohltuenden Wirkung. Besonders bei Kindern und bei Tieren beobachten diese Menschen positive Effekte auf die Gesundheit.

Homöopathie, so der Apotheker, sei etwas unglaublich Komplexes. Dazu gebe es seriöse Lehrgänge sowie wissenschaftliche Studien. Genauer: „Es gibt wissenschaftliche Studien, die sagen, dass es funktioniert, und es gibt wissenschaftliche Studien, die sagen, dass es nicht funktioniert.“ Medizin, das unterstreicht Schinker, ist nun mal keine exakte Wissenschaft. Je positiver der Patient zu einem Mittel eingestellt ist, umso besser wirke es. Das gelte auch für die klassische Medizin.

Wenig hilft (angeblich) viel

Die Homöopathie setzt auf die Anwendung von Wirkstoffen, die mittels eines besonderen Verfahrens sehr stark verdünnt („potenziert“) werden – so stark verdünnt, dass der Wirkstoff im Endprodukt überhaupt nicht mehr nachweisbar ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt noch ein Molekül des Original-Wirkstoffes darin enthalten ist, ist verschwindend gering.

Bei diesen Ausgangswirkstoffen handelt es sich nicht selten um giftige Substanzen. Schinker erklärt, dass so der Effekt eines Wirkstoffes umgekehrt werden soll: Der Wachmacher Koffein könne dadurch etwa eine beruhigende Wirkung erhalten.

Kritiker halten dies für ausgemachten Schwachsinn. Sie behaupten, dass es sich bei den homöopatischen Kügelchen – den sogenannten Globuli – um reinen Zucker handelt, der nicht die geringste Wirkung hat, die über einen Placebo-Effekt hinausgeht. Unter ihnen befinden sich auch prominente Figuren, die den Selbstversuch gewagt haben, etwa der Zauberkünstler James Randi, der auf der Bühne eine ganze Packung „starker“ homöopatischer Schlafmittel geschluckt hat, oder der Kriminalbiologe Mark Benecke, der versucht hat, sich im deutschen Frühstücksfernsehn mithilfe von homöopatischen Mitteln das Leben zu nehmen, und das Präparat mit stark verdünnten Leichenfliegen runterspülte. Die beiden Skeptiker leben heute noch.

Strenger spanischer Wissenschaftsminister

Ein Gegner der Homöopathie und der alternativen Medizin im Allgemeinen ist auch Pedro Francisco Duque. Er ist Astronaut – und der einzige Spanier, der bislang im Weltraum war. Und er ist der spanische Minister für Wissenschaft. Wenn es um Homöopathie geht, ist Duque formell. Er sagt: „Lo que no esté validado por la ciencia no puede ser un servicio sanitario“ – was nicht von der Wissenschaft bestätigt ist, darf keine Gesundheitsdienstleistung sein.

Und die spanische Regierung ließ solchen Aussagen Taten folgen. Im November 2018 berichtete die spanische Zeitung El País über einen Plan der Regierung, Pseudotherapien aus den Universitäten und Gesundheitszentren zu verbannen. „Die sozialistische Regierung von Pedro Sanchez bereitet eine in der Europäischen Union beispiellose Offensive vor gegen Pseudowissenschaften wie die Homöopathie, die vorgeben, heilsame Wirkungen zu haben, obwohl die Wissenschaft bewiesen hat, dass das nicht stimmt“, schreibt das Blatt.
Ein Argument der Regierung lautet, dass es sich bei den Mitteln schlicht um Verbrauchertäuschung handele. Und: Die Mittel stellten eine Gefahr für die Patienten dar. Wenn El País über Homöopathie berichtet, spricht die Zeitung selbstverständlich von einer Pseudowissenschaft ganz ohne Anführungszeichen.

Debatte wird ebenfalls in Österreich geführt

Auch in Österreich ist die Debatte angekommen. Aufgrund von zahlreichen Beschwerden habe die Medizinische Universität Wien laut Nextdoc das Wahlfach Homöopathie gestrichen. Zeitungen berichteten darüber und die Patientenanwältin Sigrid Pilz sprach sich medienwirksam für ein Verkaufsverbot von nicht wirksamen Arzneien in Apotheken aus, wie der Kurier berichtete.

In Brüssel kamen die spanischen Pläne weniger gut an. Dabei hatte sich die spanische Regierung eigentlich die Unterstützung Brüssels gewünscht und gehofft, Ähnliches in ganz Europa durchsetzen zu können. Am 7. Dezember ermahnte die EU-Kommission Spanien offiziell im Zusammenhang mit der Einschränkung von Importen „homöopathischer Arzneimittel“. Die Kommission schreibt: „Derzeit ist es praktisch unmöglich, homöopathische Arzneimittel, die rechtmäßig in anderen EU-Mitgliedstaaten vermarktet werden, auf dem spanischen Markt in Verkehr zu bringen. Nach Auffassung der Kommission verstößt dies gegen die EU-Vorschriften […].“

Nur ein Placebo-Effekt

Tatsächlich haben Aijing Shang und Kollegen in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet eine Arbeit veröffentlicht, in der sie 110 Versuchsreihen mit homöopatischen Mitteln 110 Versuchsreihen mit konventioneller Medizin entgegengestellt haben. Die Wissenschaftler sind zu dem Schluss gekommen, dass es nur schwache Hinweise darauf gibt, dass Homöopathie wirksam ist, aber starke Hinweise auf die Effizienz von konventioneller Medizin. Sie folgern, dass Homöopathie wohl nur, wie von Wissenschaftlern bereits angenommen, einen Placebo-Effekt besitzt.

Trotzdem schwören viele auf die alternative Behandlungsmethode. Zahlen über den Markt für Homöopathie gibt es beispielsweise für Deutschland. Nach Zahlen des Marktforschungsinstitutes IQVIA steigt der Umsatz, der mit homöopatischen Mitteln erzielt wird, seit Jahren stetig, aber konstant. Im ersten Halbjahr 2018 lag der Umsatz in Deutschland bei mehr als 388 Millionen Euro. Die Absatzmenge stagniert dagegen eher.
In seiner Apotheke stellt Schinker keinen Trend hin zur Homöopathie fest. Vielmehr habe sie eine stabile, loyale Kundschaft. Die Präparate seien zudem sehr billig im Vergleich zu anderen Medikamenten. Seit er seine Apotheke 1996 eröffnet hat, seien die Preise gleich geblieben.

Homöopathie sei auch nicht mit Phytotherapie zu verwechseln. Auch wenn es richtig sei, dass Homöopathie pflanzliche Inhaltsstoffe enthalten kann, so seien diese definitionsgemäß sehr gering dosiert. Anders bei der Phytotherapie. Hier könnten Wirkstoffe durchaus sehr hoch dosiert sein. Schinker sagt aber auch, dass Homöopathie kein Wundermittel ist und keinesfalls für alles eingesetzt werden kann. Krebs könne man nicht mit Homöopathie bekämpfen.

Homöopathie – Gefährlicher Hokuspokus in Pillenform

KTG
13. Januar 2019 - 13.18

Im Prinzip ist es vorsätzliche Irreführung. Ist Irreführung nicht strafbar?

Jacques Zeyen
13. Januar 2019 - 9.40

Die Hahnemannsche Glaubenslehre hat ihre Anhänger wie alle anderen Religionen.Nur sollten die Kosten ,wie es übrigens auch in der Kirche sein sollte,von den Gläubigen übernommen werden und nicht von der Allgemeinheit. Wer alles glaubt,braucht nichts zu wissen. In nomine Globuli,Amen.

J.C.KEMP
12. Januar 2019 - 14.36

Quacksalberei durch und durch. Wenn die Leute wüssten, was hinter manchen lateinischen Namen verschiedener dieser 'Heilmittel' steckt, würden sie sich vor Ekel ... So zB millionenfach verdünnten Nasenschleim gegen Schnupfen und das gleiche aus dem anderen Ende gegen Durchfall.