Die Meeresbiologin und der Fischkopf – Die Luxemburgerin Tammy Schuh studiert in Australien

Die Meeresbiologin und der Fischkopf – Die Luxemburgerin Tammy Schuh studiert in Australien

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Fast jeder will als Kind mal Meeresbiologe werden. Die Luxemburgerin Tammy Schuh wollte das auch. Der Unterschied zu den meisten anderen: Tammy Schuh hat es durchgezogen. In Australien.

Der Fischkopf wird in wenigen Monaten in Bremerhaven per Container angeschifft. Ein paar Tage später wird ihn Tammy Schuh sorgsam auspacken. Er wird einen besonderen Platz bekommen in der neuen alten Heimat der Luxemburgerin, die sich dann mit Stolz diplomierte Meeresbiologin nennen kann. „Droit“ in Straßburg, Germanistik in Freiburg, irgendetwas in Brüssel. Der akademische Weg der meisten Luxemburger scheint vorgezeichnet, sobald sie das erste Mal eine „Septième“ betreten. Man weiß zwar oft noch nicht genau, was es sein wird. Wer aber auf eine der genannten Richtungen wetten würde, hätte recht hohe Gewinnchancen.

Bei Tammy Schuh hätte er danebengelegen. Etwa 7.500 Kilometer danebengelegen. „Es ist wunderschön hier, ich bereue nichts“, sagt die Luxemburgerin im Gespräch mit dem Tageblatt, „aber auf ein paar Sachen sollte man schon aufpassen.“ Sonst könne auch der schönste Traum platzen.

Pirat, Astronaut, Meeresbiologe. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ein Kind bei der Frage, was es denn einmal werden will, wenn es groß ist, eine diese Antworten gibt. Tammy Schuh hätte sogar zwei genannt. „Ich habe als Kind von beidem geträumt, Meeresbiologin und Astronautin.“ Sie sei wohl „immer am Außergewöhnlichen interessiert“ gewesen, lacht die heute 26-Jährige.

Doch damit der Kindheitstraum in Erfüllung gehen konnte, brauchte es ein paar Irrungen. Und einen Katalog. Tammy Schuh wählte in ihrem Gymnasium eine „Artistique“. Architektin wollte sie werden. Ein schöner Beruf, aber nicht der Kindheitstraum. Spaß hat sie in ihrer Sektion keinen gehabt, sagt Tammy Schuh, „aber ich musste es nun einmal beenden“. Die Rettung kam dann in Form einer Broschüre der Studieninformierer vom Cedies.

Wenn es kommt, wie es kommen muss

„Da waren alle nur vorstellbaren Studiengänge aufgeführt“, erinnert sich Tammy Schuh, „und ein ganz kleiner Abschnitt zu Meeresbiologie – da musste ich wieder daran denken, was ich mir als Kind erträumte.“ Nicht dass das Interesse an der Natur einmal erloschen wäre. Tammy Schuh hat sich immer weiter informiert, sie hatte tauchen gelernt, Plastikverschmutzung fand sie immer schlimm. Also kam es, wie es kommen musste. „Zusammen mit meinem Freund war der Entschluss schnell gefasst: Okay, wir machen es!“

Knappe fünf Jahre später, nach einem Bachelor of Science in Swansea, Wales, fehlen Tammy Schuh nur noch drei Examen, dann hat sie auch ihren Master of Science in der Tasche. Von der renommiertesten Universität für Meeresbiologie, die sich finden lässt, der James Cook University im australischen Townsville, im Norden von Queensland. Was erst einmal wie ein Märchen klingt, muss ins rechte Licht gerückt werden. Sagt Tammy Schuh. Tauchen habe nicht auf der Tagesordnung gestanden. Aus diesem Unialltag entspringt aber das Fischskelett, das jetzt schon in Tammy Schuhs Wohnung in Australien einen besonderen Platz hat. „Wir mussten einen Fischkopf verrotten lassen und ihn dann wieder zusammenbauen, deswegen habe ich jetzt dieses Fischskelett hier herumstehen, und bin ganz stolz darauf!“, lacht Tammy Schuh.

Die 26-Jährige hat vor allem gelernt, wie Fische essen, wie ihre Kiefer aufgebaut sind, wie sich Korallen reproduzieren. „Eigentlich alles über alles, was im tropischen Australien zu finden ist.“ Zu ihren eindrucksvollsten Erinnerungen zählt Tammy Schuh ihre Field Trips. Dreimal ist Tammy Schuh mit ihren Mitstudierenden auf eine Insel rausgefahren. Dort konnten sie schnorcheln und tauchen. Dort haben sie Buckelwale gesehen, sind Delfinen begegnet und Schildkröten. Und mussten feststellen, wie rasant die Korallen am weltbekannten Great Barrier Reef absterben.

Wunderschönes – und sehr Beängstigendes

Es sei „beängstigend“, sagt Tammy Schuh, „einfach Wahnsinn“. Auch wenn nur wenige Monate zwischen zwei Tauchgängen lägen, ließen sich dieselben Korallenbänke nicht wiedererkennen. Die Korallenbleiche, eine Folge erhöhter Meerestemperatur, bei der die Korallen die ihnen Farbe gebenden Algen abstoßen, entwickele sich rasant. „Von einem Mal auf das andere ist alles nur noch weiß“, erzählt Tammy Schuh, „alles, was noch zu sehen ist, sind die Skelette der Korallen, und Fische sind kaum mehr da.“

So verwundert es auch nicht, dass der Klimawandel und seine Folgen an der James Cook University im Zentrum aller Studien stehen. Zu deutlich sind die Folgen hier zu sehen. Es reicht, einige hundert Meter hinaus zu schnorcheln. Bald wird Tammy Schuh eine ganz andere Distanz hinter sich lassen und die 7.500 Kilometer nach Luxemburg zurückfliegen. Ihre Taucher- und Fotoausrüstung, ihre ganzes Zeug und ihr Fischskelett kommen mit dem Container nach. Direkt mit sich wird sie ihre Erfahrungen tragen. Und ihr Wissen – das sie nun auch einsetzen will, daheim.

Tammy Schuh wird ihr Arbeitsleben beim „Service national de la jeunesse“ beginnen. In Hollenfels wird sie Schülern, besonders englischsprachigen, die Natur näherbringen, ihnen die Zusammenhänge erläutern. Kurzum, ihr Gelerntes weitergeben. Es gibt zwar auch in Luxemburg Organisationen, die sich mit Meeresbiologie befassen. Doch erst einmal muss etwas Geld verdient werden. Ein Studium in Australien ist teuer (siehe Kasten). Aber wer Tammy Schuh, die immer schon gerne und weit reiste, genau zuhört, für den klingt die Rückkehr nach Luxemburg eher nach einem Zwischenkapitel.

Das sei der kurzfristige Plan, so Tammy Schuh. „Wenn mir Luxemburg auf den Geist geht, werde ich das machen.“ Mit „das“ ist die Meeresbiologie gemeint. Tammy Schuhs gelebter Kindheitstraum. Und sollte der Alltag ihn irgendwann in Vergessenheit geraten lassen – der Fischkopf wird als Erinnerung dienen.


Disziplin ist wichtig, Geld leider auch

Seinen Kindheitstraum zu erfüllen, erfordert viel Willen, vor allem Disziplin – und mitunter auch viel Geld. Tammy Schuh würde niemandem abraten, in Australien zu studieren, doch hält die 26-jährige Luxemburgerin ein paar Ratschläge bereit. Einer ist, sich früh anzumelden. Auch für den Englischtest, den nicht Muttersprachler absolvieren müssen, wollen sie in einem englischsprachigen Land studieren. Tammy Schuh hat ihren damals bereits während ihres „Première“-Jahres gemacht. Darüber hinaus schlägt ein Studium an der James Cook University ins Geld. Jeder Kurs muss einzeln bezahlt werden, was umgerechnet jeweils um die 5.000 Euro kostet. Die Field Trips zu den Tauchgängen müssen extra gezahlt werden. Genau wie das Visum und die Krankenversicherung. Die zwei Jahre, die Tammy Schuh am Ende für ihren Master of Science in Australien verbracht hat, werden sie dann um die 50.000 Euro gekostet haben. Es gibt zwar Studienbeihilfen aus Luxemburg. Eine solche Summe decken diese aber nicht. Bevor man sich also in ein solches Abenteuer stürzt, sollte man die Sicherheit haben, es auch finanziell durchzustehen. Einer Freundin Tammy Schuhs, so erzählt sie, ist genau das geschehen: Die junge Frau musste ihr Studium abbrechen, da es mit dem Geld nicht mehr reichte. Schlussendlich sollte man sich bewusst sein, dass Australien wirklich weit, weit weg ist. Sein Heimweh solle man schon unter Kontrolle haben, sagt Tammy Schuh. Und sonst? Die Luxemburgerin lacht: „Ich würde es wieder tun – es ist wunderschön!“